Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
unglaubliche Frau. Sie wuchs im Luxus auf, weiß genau, welche Gabel sie bei einem Galadiner benutzen muss, und kennt jede einflussreiche Persönlichkeit in der Welt der Hochfinanz. Sie kann selbst mit dem Präsidenten plaudern, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Das hat sie sogar schon getan, aber sie verlässt auch den Raum, wenn es sein muss. Eine der ersten Regeln, die sie uns beigebracht hat, lautete: Wenn du dich in einer Menschenmenge bewegst oder auf gesellschaftlichem Parkett, musst du geheimnisvoll und interessant wirken.«
Dahlia lachte. »Ich würde wirklich geheimnisvoll und interessant wirken, wenn ich das Weiße Haus in Flammen aufgehen ließe. Irgendwie glaube ich nicht, dass ich mich auf gesellschaftliches Parkett begeben sollte.«
Er grinste sie an. »Stell dir vor, eine Horde Geheimdienstagenten jagt den Flammenteufel, und du sitzt mit dem Präsidenten beim Essen und machst ein unschuldiges Gesicht.«
»Besser nicht, Kaden.« Sie schaute hinaus in die Nacht. Dichte Gewitterwolken bauschten sich am Himmel. Der Wind fegte durch die Straßen und schüttelte Bäume und Büsche. »Sieh dir das an! Wann hat sich diese Gewitterfront angeschlichen? Ich habe mir den Wetterbericht angesehen, und da war nur von möglichen Gewittern die Rede. Ich glaube, diese Wetterfrösche werden es nie lernen. Glaubst du, dass heute Nacht noch etwas schiefgehen kann?«
Kaden drehte sich zu Nicolas um, der hinter Dahlia auftauchte und nickte. »Allerdings. Ich würde sagen, dass hier einiges schieflaufen könnte.«
Dahlia wusste, dass Nicolas wegen der seltsamen Reaktion ihres Körpers hier war, weil dieser zum Leben erwachte. Weil die Energie sich auflöste. Weil Kaden innerlich so ruhig blieb. Sie drehte sich absichtlich nicht zu ihm um, sondern starrte weiterhin hinaus in die Nacht. »Du hast doch nichts Dummes gemacht, oder?«
»Nein, aber das hätte ich gern getan«, erwiderte er aufrichtig. »Tut mir leid, ich habe durch meine Worte die Situation nicht gerade entschärft, nicht wahr?«
»Nein, aber im Grunde war ich froh, dass du das gesagt hast.«
Nicolas schlang seine Arme um ihre Schultern. »Das Wetter sieht ein wenig ungemütlich aus. Vielleicht sollten wir warten, bis das Gewitter abgezogen ist.«
»Nein, so ein Sturm könnte für uns eher von Vorteil sein. Außerdem will ich die Sache endlich hinter mich bringen.«
»Einverstanden. Dann machen wir uns fertig. Bist du bereit?«
»So bereit wie nie zuvor.«
19
DAHLIA ATMETE TIEF die kühle Nachtluft ein. Im Schutz der Dunkelheit fühlte sie sich immer sicher. Ihr Körper vibrierte bereits, das Adrenalin pumpte durch ihre Adern, und ihr Gehirn arbeitete auf Höchsttouren. Sie liebte die Nacht, liebte es, ihre ungewöhnlichen Talente einzusetzen. Das hatte ihr immer geholfen, hatte ihre körperlichen Schmerzen auf ein erträgliches Maß reduziert. Sie konnte die Gehsteige entlangspazieren und die Auslagen betrachten und so tun, als ginge sie mit Freundinnen einkaufen. Im Dunkel der Nacht konnte sie beinahe eine ganz normale junge Frau sein.
Jetzt stand sie hoch über der Stadt auf einem Hausdach und schoss ein Stahlkabel auf das Dach des gegenüberliegenden Lombard-Gebäudes, um es dort einzuhaken. Sie zog ein paar Mal an dem Kabel, um sicherzugehen, dass es fest verankert war, und befestigte es. Unterdessen beobachtete sie aufmerksam das Gebäude, um ein Gefühl für den Rhythmus und die Bewegungen in den einzelnen Büros und auf dem Dach zu entwickeln.
Im Erdgeschoss patrouillierte ein Wachmann mit einem Hund. Oberhalb des dritten Stockwerks war das Gebäude dunkel. Es wirkte verlassen und einladend, aber ihre Sinne sagten ihr, dass dem nicht so war. Der Tresorraum befand sich im Zentrum des Gebäudes. Nicht im Keller, wie man vielleicht annehmen konnte, sondern inmitten der
Büros, wo alle Forscher und Wissenschaftler leichten Zugang hatten. Das Gebäude war gebaut wie ein Bienenstock, mit dem Tresorraum als Dreh- und Angelpunkt aller Aktivitäten. Es war ein riesiger Raum, ausgestattet mit Überwachungskameras, Iris- und Fingerabdruck-Scannern und nur mittels spezieller Zugangscodes zu betreten. Sie hatte zwei Männer dabei beobachtet, wie sie Schlüssel in die Schlösser steckten und gleichzeitig umdrehten, um in den Tresorraum zu gelangen. Dort wurden alle Unterlagen und Prototypen eingeschlossen, wenn die Forscher abends nach Hause gingen. Ein perfekter Ort, um gestohlene Daten zu verstecken. Wer würde schon den Unterschied zu den
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