Spiel der Herzen
zurückkehren.
»Sie kommt«, sagte Helga mit unterdrückter Stimme und fuhr in normaler Lautstärke fort: »Wann sehen wir dich, Schatz?«
»In wenigen Minuten«, entgegnete Frank, der entschlossen war, alles liegen und stehen zu lassen im Büro, um sich den beiden Frauen in seinem Haus anzuschließen und ihrem Gespräch beizuwohnen. »Ich diktiere nur noch rasch einen Brief zu Ende.«
Doch dann unterließ er auch dies und sagte zu Sabine Melchior, seiner Sekretärin, die ein heimliches Anrecht auf ihn zu haben glaubte: »Den Rest erledigen wir morgen.«
Mit der einen Hand führte er die Kaffeetasse, die immer auf seinem Schreibtisch stand, zum Mund, um sie zu leeren; mit der anderen griff er zu seiner Aktentasche, die ihn stets – egal, ob leer oder voll – auf seinen Wegen zwischen Büro und Wohnung begleitete. Dann erhob er sich rasch, nickte der Sekretärin einen Abschiedsgruß zu und entschwand. In seiner Hast machte er einen folgenschweren Fehler. Und zwar vergaß er, die mittlere Schublade seines Schreibtisches abzusperren, was er sonst immer und grundsätzlich zu tun pflegte, weil er in ihr neben Dienstlichem auch Privatsachen aufbewahrte – z.B. die Briefe von Thekla Bendow. Und gerade in dieser Richtung hatte Sabine Melchior schon längere Zeit etwas in der Nase.
Die Gelegenheit für sie war also nun da, der Sache auf den Grund zu gehen. Ohne zu zögern, unterzog sie die Schublade einer genauen Untersuchung, fand Theklas Briefe und las sie Zeile für Zeile. Die Gefühle, die in ihr wachgerufen wurden, die Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen, bildeten einen großen Wirrwarr. Eines aber war ihr klar: daß sie etwas entdeckt hatte, aus dem sie Nutzen ziehen konnte – welchen, darüber wollte sie noch ihre Überlegungen anstellen. Nur nichts überstürzen, sagte sie sich.
Ahnungslos über das, was sich im Büro zusammenbraute, strebte Frank Petar mit langen Schritten seiner Behausung zu. Wie wichtig wäre es doch von ihm gewesen, mehr Umsicht im Büro walten zu lassen.
Gerti begrüßte ihn völlig unbefangen. Ihm die Hand schüttelnd, lächelnd, sagte sie: »Ich hoffe, Sie sind nicht entsetzt, mich zu sehen.«
Frank machte sich ihren Stil zu eigen, indem er mit dem gleichen Charme antwortete: »Es gibt schlimmere Anblicke.«
Helga ließ den beiden nicht viel Zeit. Sie hatte in der Küche schon Kaffeewasser aufgesetzt und gab bekannt, daß es gleich soweit sei.
»Was denn?« fragte Frank.
»Daß es Kaffee gibt«, erwiderte sie.
»Aber für mich keinen, bitte.«
»Warum keinen?«
»Weil ich soeben im Büro einen getrunken habe.«
»Das tut doch nichts. Oder hat ihn dir die Melchior wieder so stark gemacht?«
»Wie immer.«
»Das soll sie nicht«, schimpfte Helga ein bißchen. »Ich muß mal wieder mit ihr sprechen.«
»Laß sie nur«, sagte Frank. »Sie meint es gut. Sekretärinnen wie sie sind heute rar, man darf sie nicht vor den Kopf stoßen.«
Gerti mischte sich ein. »Das scheint ja eine Perle zu sein.«
»Ist sie auch«, sagte Frank aus Überzeugung.
Es sollten aber Tage und Wochen kommen, in denen Sabine Melchior alles andere war als eine ›Perle‹. Niemand – außer sie selbst – bekam dies allerdings zu wissen.
Das Gespräch wandte sich der Party, die vor der Tür stand, zu. Gerti fragte, wie viele eingeladen seien.
»Nicht viele«, erwiderte Helga. »Zusammen mit dir fünf Leute – zwei Paare und du. Insgesamt werden wir also sieben Personen sein.«
»Einen von denen kennen Sie schon«, sagte Frank zu Gerti.
»Wen?«
»Werner Ebert.«
»Der Ladykiller?« lachte Gerti.
»Ja.«
»Dann muß ich mich ja vorsehen.«
»Die Gefahr für Sie vermindert sich dadurch, daß er in Begleitung seiner Freundin erscheint.«
»Sie ist ein sehr nettes, sympathisches Mädchen«, ließ sich mit einem gewissen Nachdruck Helga vernehmen.
»Gesehen hast du sie ja auch schon – die Boutiquebesitzerin.«
»Immer noch die?« mokierte sich Gerti. »Schadet das nicht seiner Reputation? Ich denke, der wechselt ständig?«
»Mit dieser dauert's länger«, sagte Helga. »Und das gefällt mir.«
Sie hoffte, sich deutlich genug ausgedrückt zu haben, unterlag jedoch darin, wie sich herausstellen sollte, einem großen Irrtum.
Als weitere Gäste waren noch eingeladen ein junges Ehepaar – er Kinderarzt, sie Kinderärztin, mit gemeinsamer Praxis – und ein zweites Paar, dem es für sein Zusammenleben sowohl am Segen des Altars als auch des Standesamts fehlte. Er hieß Faber, war
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