Spiel der Magier
stand ein Gebäude von der gleichen fremdartigen Pyramidenform, wie sie die Gebäude in der verlassenen Stadt Prolgu gezeigt hatten. Das Haus war von einem Säulenring umgeben. Hier und dort waren aus weißem Stein Bänke geschnitten. Glühende Kristallkugeln hingen an langen Ketten von der Höhlendecke und verbreiteten ein zwar schwaches, doch merklich helleres Licht, als es sonst hier unten herrschte. Ein Damm aus weißem Marmor führte zu der Insel, und an seinem anderen Ende stand ein sehr alter Mann, der sie über das stille Wasser hinweg beobachtete.
»Yadho, Belgarath«, rief der alte Mann. »Groja UL.«
»Gorim«, antwortete Belgarath mit einer förmlichen Verbeugung. »Yadho, groja UL.« Er ging über den marmornen Damm voraus zu der Insel, ergriff herzlich die Hand des alten Mannes und begrüßte ihn in der Sprache der Ulgoner.
Der Gorim vom Ulgo schien sehr alt zu sein. Er hatte langes weißes Haar und einen ebensolchen Bart. Sein Gewand war schneeweiß. Er strömte eine Art heiliger Gelassenheit aus, und Garion spürte sofort – ohne recht zu wissen wieso –, daß er sich einem heiligen Mann näherte, vielleicht dem heiligsten auf der Welt.
Der Gorim streckte Tante Pol liebevoll die Arme entgegen, und während sie den rituellen Gruß austauschten, umarmte sie ihn zärtlich. »Yadho, groja UL.«
»Unsere Begleiter sprechen deine Sprache nicht, alter Freund«, wandte sich Belgarath an den Gorim. »Würde es dich kränken, wenn wir die Sprache der Außenwelt benutzten?«
»Ganz und gar nicht, Belgarath«, antwortete der Gorim. »UL sagt uns, daß es für die Menschen wichtig ist, einander zu verstehen. Kommt alle herein. Ich habe Speisen und Getränke für euch bereiten lassen.«
Als der alte Mann sie nacheinander betrachtete, stellte Garion fest, daß seine Augen, im Gegensatz zu denen der anderen Ulgoner, von tiefblauer, fast violetter Farbe waren. Dann drehte sich der Gorim um und ging über einen Pfad voraus zu dem pyramidenförmigen Gebäude.
»Ist das Kind schon geboren?« fragte Belgarath den Gorim, während sie durch die schwere, steinerne Tür gingen.
Der Gorim seufzte. »Nein, Belgarath, noch nicht, und ich bin sehr müde. Wir hoffen bei jeder Geburt. Aber nach ein paar Tagen werden die Augen des Kindes immer dunkel. Es scheint so, als sei UL noch nicht mit mir fertig.«
»Gib die Hoffnung nicht auf, Gorim«, tröstete Belgarath seinen alten Freund. »Das Kind wird kommen – wenn UL es will.«
»So heißt es.« Wieder seufzte der Gorim. »Aber die Stämme werden unruhig, und es gibt Zwistigkeiten – und Schlimmeres in einigen Ebenen. Die Eiferer werden kühner in ihren Verleumdungen, seltsame Abweichungen und Kulte sind entstanden. Ulgo braucht einen neuen Gorim. Ich lebe schon dreihundert Jahre über meine Zeit.«
»UL hat noch Pläne mit dir«, antwortete Belgarath. »Seine Wege sind nicht die unseren, Gorim, und für ihn hat die Zeit eine andere Bedeutung.«
Der Raum, den sie nun betraten, war quadratisch, wies aber nichtsdestoweniger die leicht nach innen geneigten Wände auf, die für die Architektur der Ulgoner typisch waren. Ein steinerner Tisch mit niedrigen umlaufenden Bänken erhob sich in der Mitte. Auf ihm standen mehrere Schalen mit Früchten. Einige schlanke Flaschen und runde Kristallbecher waren dazwischen verteilt. »Man hat mir berichtet, daß der Winter dieses Jahr früh Einzug in unsere Berge gehalten hat«, sagte der Gorim. »Die Getränke werden euch wärmen.«
»Es ist kalt draußen«, gab Belgarath ihm recht.
Sie ließen sich auf den Bänken nieder und begannen zu essen. Die Früchte waren kräftig im Geschmack und fremdartig, und die klare Flüssigkeit in den Flaschen war feurig und verströmte ein warmes Glühen im Magen.
»Verzeiht uns unsere Sitten, die euch fremd erscheinen mögen«, bat der Gorim, als er merkte, daß vor allem Barak und Hettar dem Mahl aus Früchten ohne rechte Begeisterung zusprachen. »Unser Volk hält streng auf Zeremonien. Wir beginnen unsere Mahlzeiten mit Früchten in Erinnerung an die Jahre, die wir auf Wanderschaft auf der Suche nach UL verbracht haben. Das Fleisch wird zur rechten Zeit gebracht werden.«
»Wo zieht ihr hier in den Höhlen diese Früchte heran. Heiliger?« fragte Silk höflich.
»Unsere Sammler verlassen die Höhlen des Nachts«, antwortete der Gorim. »Sie behaupten, die Früchte und das Getreide, das sie uns bringen, würden wild in den Bergen wachsen, aber ich glaube, sie haben schon vor langer Zeit mit
Weitere Kostenlose Bücher