Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel der Schatten (German Edition)

Spiel der Schatten (German Edition)

Titel: Spiel der Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
die zu Krallen wurden, und glaubte zu spüren, wie etwas nach ihr griff. Etwas, das kalt war und dunkel und entsetzlich …
    Dann verlor sie das Bewusstsein.

14
    LATERNA MAGICA
    Als Cyn wieder erwachte, wusste sie nicht, wo sie sich befand. Schummriges Halbdunkel umgab sie, modrige Luft stieg ihr in die Nase. Dazu pochten ihre Schläfen, und sie konnte das Blut in ihrem Kopf rauschen hören.
    Was war geschehen?
    Verschwommene Erinnerungen tauchten vor ihr auf, Eindrücke und Bilder, wie sie nur einem Albtraum entstammen konnten. Stimmen in ihrem Kopf, bedrohliche Schatten, die mit grässlichen Klauen nach ihr griffen …
    Dann die erschreckende Erkenntnis.
    Es war kein Traum gewesen!
    All das war wirklich passiert!
    Jäh wurde Cyn hellwach. Wie von einer Natter gebissen, schoss sie von dem schäbigen Stuhl hoch, auf dem sie erwacht war – einem altertümlich wirkenden Gebilde, dessen Goldfarbe an vielen Stellen abgeblättert war und dessen verwaschener Bezug aus billigem Theatersamt nach Feuchte und Moder roch.
    Ein Bühnenrequisit , schoss es Cyn durch ihren schmerzenden Kopf. Verblüfft schaute sie sich in der nur spärlich beleuchteten Kammer um. Zu allen Seiten stapelten sich Kisten bis unter die Decke, dazwischen lagen ramponierte Möbelstücke und allerlei seltsame Gegenstände: antike Amphoren, ein Hirschgeweih, eine Säule aus Gips, ein Bilderrahmen, ein lederner Sattel, ein Ruder, ein vielarmiger Kerzenleuchter, ein Paar Soldatenstiefel, eine Leiter, ein Tigerfell und eine Ritterrüstung – all das und noch ungleich mehr zeichnete sich im Halbdunkel ab und führte Cyn zu dem Schluss, dass sie sich in einer Requisitenkammer befand, die dem modrigen Geruch nach zu urteilen unter dem Caligorium liegen musste, im Keller des Theaters.
    Ihr Blick fiel auf die metallene, von Rost überzogene Tür, in die eine schmale Öffnung eingelassen war. Das spärliche Licht, das durch diese Öffnung in die Kammer drang, war die einzige Beleuchtung. Cyn eilte zu der Tür und drückte die rostige Klinge.
    Sie war verschlossen.
    In ihrer Not drückte Cyn die Klinke noch ein zweites und ein drittes Mal, aber mehr als ein metallisches Krächzen war ihr nicht zu entlocken. Fieberhaft schaute Cyn sich nach einem anderen Ausweg um, aber es gab keinen.
    »Hilfe!«, sagte Cyn halblaut und erschrak fast über den brüchigen, kraftlosen Klang ihrer Stimme. Dann noch einmal, lauter diesmal: »Hilfe! Helfen Sie mir, bitte!«
    Verzweifelt schlug sie mit den flachen Händen gegen das Metall, das unter dumpfem Donner erbebte, jedoch unbarmherzig verschlossen blieb. Cyn drosch weiter dagegen, bis ihre Handflächen schmerzten und ihr Tränen in die Augen schossen, dann gab sie auf und sank resigniert an der Tür hinunter.
    Dabei fiel ihr Blick auf etwas, das unweit von ihr auf dem Boden lag, achtlos hingeworfen und mit verrenkten Gliedern.
    Der Puck.
    Froh darüber, in ihrer Gefangenschaft ein vertrautes Gesicht zu erblicken, kroch sie zu der Puppe und hob sie auf. Der Puck sah ein wenig mitgenommen aus – die rote Farbe war von seinen Wangen abgeblättert, das wollene Haar stand wirr und zerzaust. Dennoch schloss sie ihn in die Arme wie einen lange vermissten Freund, suchte Trost in seiner Nähe, auch wenn er nur eine leblose Puppe war.
    »Rührend«, sagte jemand. »Wirklich rührend.«
    Cyn zuckte zusammen. Die Stimme von Milo wieder in ihrem Kopf zu haben, war ein wenig so, als würde sie einen Albtraum zum zweiten Mal erleben. Da sich Träume ihrer Erfahrung nach nicht wiederholten, war es ein weiterer Beleg dafür, dass all diese Dinge wirklich geschehen waren.
    Sie ließ den Puck liegen, rappelte sich auf die Beine und wischte energisch die Tränen weg. Sie wollte nicht, dass er sie so sah – auch wenn ihr klar war, dass es dafür schon zu spät war. Der Gedanke, dass er sie offenbar schon die ganze Zeit über beobachtet hatte, ärgerte und beängstigte sie gleichermaßen.
    »Die ganze Zeit über«, bestätigte er und brachte damit in Erinnerung, dass er in ihre Gedanken einzudringen vermochte. »Etwas über vier Stunden – so lange bist du ohnmächtig gewesen. Das alles war wohl etwas zu viel für dich.«
    »Was wollt ihr von mir?«, fragte Cyn. Die Augen zu Schlitzen verengt, suchte sie das Halbdunkel mit Blicken zu durchdringen. Im rückwärtigen Teil der Kammer, jenseits des schmutzigen Lichtscheins, schien sich etwas zu regen. »Warum haltet ihr mich hier gefangen?«
    »Du bist seltsam«, stellte Milo fest, ohne auf ihre

Weitere Kostenlose Bücher