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Spiel der Schatten (German Edition)

Spiel der Schatten (German Edition)

Titel: Spiel der Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ihren Bauchläden und Karren stiegen teils strenge, teils verführerische Düfte auf.
    »Worauf hast du Lust?«, fragte Milo. Fast kam es Cyn so vor, als wollte er sie auf andere Gedanken bringen.
    »Ich denke, auf Kuchen«, überlegte sie und kramte in ihrer Tasche. Ein halber Penny war jedoch alles, was sie finden konnte – das würde kaum genügen. Seufzend ging sie zu einem der Kuchenstände, um wenigstens einen sehnsüchtigen Blick auf all die Leckereien, die Muffins und Cookies und süßen Pasteten zu werfen, die sie sich nicht leisten konnte.
    »Na, junge Dame? Was darf es sein?«, erkundigte sich der Verkäufer, ein rundlicher Mann mit gemütlichem Gesicht und Rändern um die Augen. »Meine Kuchen sind die besten hier, garantiert ohne Kalk und Sägemehl.«
    Cyn lächelte unbestimmt. Es war eine stadtbekannte Tatsache, dass manche Bäcker und Kuchenverkäufer das Mehl zu strecken versuchten, indem sie gemahlenen Kalk, Sand oder andere Zutaten hineinmischten. Und Schokolade bestand oft genug nur aus Zucker, Wachs und brauner Farbe.
    Der Verkäufer ließ Cyn die Waren anschauen, die er auf der Fläche seines Karrens ausgebreitet hatte. Einige der kleinen Kuchen waren, allen Beteuerungen zum Trotz, nicht mehr ganz frisch. Vielleicht, dachte Cyn, ließ sich ja etwas machen.
    »Wie viel bekomme ich für einen halben Penny?«, fragte sie ganz direkt.
    Über dem runden Gesicht des Mannes hob sich eine Braue. »Für einen halben Penny? Nicht mal einen Krümel«, erwiderte er hart. »Geh weiter und bettle woanders, hörst du?«
    »Schon gut.« Cyn nickte. »Tut mir leid, Sir. Ich wollte nicht …«
    »Es sei denn, du würdest das Los entscheiden lassen wollen«, schlug der Verkäufer kurzerhand vor, wobei er den Puck auf ihrem Arm mit einem seltsamen Blick bedachte. »Was hältst du davon, wenn wir die Münze werfen? Wenn du gewinnst, darfst du dir für deinen halben Penny einen meiner wunderbaren Kuchen aussuchen.«
    »Und wenn Sie gewinnen?«
    »Dann kriege ich den Ha’pence , und die Sache ist erledigt«, erklärte der Mann. »Also?«
    »Na los!« Cyn war es, als würde Milo ihr verschwörerisch ins Ohr flüstern. »Worauf wartest du?«
    »In Ordnung«, erklärte Cyn sich bereit, worauf der Straßenhändler ein Sixpence-Stück aus der Tasche zog, es in die Luft warf und mit beiden Händen wieder auffing. »Kopf oder Zahl?«, wollte er wissen.
    »Kopf«, sagte Cyn.
    Der Mann hob die Hände nah ans Gesicht und riskierte einen vorsichtigen Blick. »Tut mir leid«, sagte er dann barsch und ließ die Münze wieder in seinem Rock verschwinden. »Du hast verloren.«
    »Das gilt nicht!«, beschwerte sich Cyn. »Sie haben mich die Münze ja noch nicht einmal sehen lassen!«
    »Du kannst dich ja bei der Polizei beschweren. Wem, denkst du, wird man mehr glauben – einem ehrenwerten Händler oder einem verrückten Mädchen mit einer blöden Puppe auf dem Arm?«
    Einen Augenblick lang blieb Cyn vor Empörung der Mund offen stehen. Deswegen also hatte sich der Mann auf den Handel eingelassen – offenbar hielt er Cyn für verrückt und wollte dies schamlos ausnutzen, indem er sie um ihren letzten halben Penny betrog.
    »Ehrenwert?«, schnaubte sie. »Dass ich nicht lache!«
    »Hör zu, Mädchen«, grunzte der andere und senkte den klobigen Schädel wie ein wilder Stier. Dabei stützte er sich auf den Wagen, der unter seinem Gewicht bedenklich ächzte. »Mach kein Theater, in Ordnung? Entweder, du hältst jetzt das Maul und ziehst Leine, oder …«
    »Oder was?«, säuselte es.
    Der Verkäufer starrte verblüfft auf Cyn, deren Lippen sich keinen Deut bewegt hatten. »Hä?«, machte er.
    »Ich habe dich gefragt, was dann passieren wird, du betrügerischer Brocken Fleisch!«, erklang es prompt und zu Cyns eigener Überraschung. Selbst sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es Milo war, der nicht mehr nur allein zu ihr, sondern auch zu dem Kuchenhändler sprach.
    »Was? Wer … wer redet da?«, stieß der Mann hervor. Die dunkel umrandeten Augen weiteten sich.
    »Ich natürlich, die – wie hast du mich gerade genannt? – blöde Puppe!«
    »Nein!« In ehrlichem Entsetzen starrte der Händler auf den Puck, dessen hölzernes Gesicht ihn ungerührt angrinste. »Das ist unmöglich!«
    »So? Glaubst du?«
    »So etwas gibt es nicht.« Der Verkäufer schüttelte das bullige Haupt. »Das ist ein Taschenspielertrick, nichts weiter«, behauptete er, doch der unsichere Seitenblick, mit dem er Cyn bedachte, verriet deutlich, dass

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