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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hilfe anbieten?«
    Er trat auf die beiden Frauen zu, entzog Lucy ohne Umschweife Valeries Hand und zog das Mädchen zu sich. »Nun, Lady Valerie, wenn Sie das Tanzen üben möchten, so tun Sie das besser mit jemandem, der den männlichen Part kennt - ohne Sie kränken zu wollen, Miss Drysdale.« Und zu seiner Großmutter gewandt fügte er hinzu: »Sie können bei diesem Lied bleiben.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, machte er vor Valerie eine korrekte Verbeugung und stellte sich in Position für die erste Figur.
    Lucy starrte ihn ungläubig an, dann drehte sie sich erwartungsvoll nach Lady Westcott um. Sicherlich würde sie dieser Frechheit ein schnelles Ende bereiten.
    Doch die Gräfinwitwe verfolgte ihre eigenen Pläne.
    Das ließ sich deutlich an dem Glanz ihrer Augen ablesen.
    »Du bist heute abend so fröhlich, Ivan. Ich glaube nicht, daß ich dich jemals so umgänglich gesehen habe.«
    Doch Ivan reagierte nicht auf ihre Schmeichelei.
    »Wie sollte ich in meinem eigenen Heim nicht umgänglich sein, wo ich doch von der reizenden kleinen Familie umgeben bin, die mir verblieben ist?«
    Lucy hörte aus seiner Stimme einen leisen Sarkasmus heraus, und wider besseres Wissen empfand sie ein wenig Mitleid mit ihm. Sein ganzes Leben hatte er ohne eine Familie zugebracht. Obwohl ihre eigene Familie ihr gelegentlich auf die Nerven ging, wußte sie, daß sie geliebt wurde und daß alle das Beste für sie wollten. Ivan hatte einen solchen Luxus nie genossen.
    Trotzdem war das keine Entschuldigung für sein rücksichtsloses Benehmen. Und vor allem war es keine Recht-fertigung dafür, ein schüchternes junges Mädchen zu erschrecken. Und daß Valerie erschrocken war, war deutlich zu sehen. Ihre blauen Augen waren weit aufgerissen, ihr sonst so rosiges Gesicht war bleich. Wie angewurzelt stand sie da.
    »Wenn Sie nicht spielen wollen«, bemerkte Ivan zu seiner Großmutter, »so tut es vielleicht Miss Drysdale.« Er heftete seine saphirglänzenden Augen erwartungsvoll auf Lucy, und wieder lagen ihre Nerven bloß, so als würde sein männlicher Wille versuchen, und zwar mit Erfolg, ihren eigenen Willen niederzuringen.
    Sie blickte zum Piano hinüber, und nun, da sie nicht mehr von Ivans Augen gebannt wurde, fing ihr Verstand wieder zu arbeiten an, »Ja, ich glaube, ich werde spielen«, stimmte sie zu, während sich in ihren Gedanken ein Plan entwickelte. »Kennen Sie den Galopp?« Herausfordernd blickte sie ihn an. »Den haben wir bisher noch nicht geübt.«
    »Selbstverständlich.«
    Er hatte die Herausforderung angenommen.
    Lucy setzte sich an das schöne Mahagoni-Instrument und ließ ihre Finger leicht über die Tasten gleiten, um das Zittern ihrer Hände zu überwinden. Sie fühlte Lady Westcotts Blick auf sich ruhen und spürte auf unerklärliche Weise, daß diese bisher sehr zufrieden mit ihr war.
    Doch wenn Lady Westcott glaubte, daß Lucy die unwissende Komplizin bei einer Liebesgeschichte zwischen dem Grafen und Lady Valerie spielen würde, so sollte sie sich geirrt haben.
    Für Lucy war es klar, daß Valerie diesem Galopp nicht gewachsen sein würde. Die angeborene Schüchternheit des Mädchens und Ivans Gabe, auch die selbstbewußteste junge Frau - Lucy nahm sich da nicht aus - zu verunsichern, waren eine Garantie dafür, daß dieser Tanz ein Fiasko werden würde. Noch dazu nahm Lucy sich vor, die Melodie ein wenig zu schnell zu spielen.
    »Vorwärts, Mädchen«, wies Lady Westcott ihr Patenkind an, »stell dich vor Ivan und nimm seine Hand.«
    Valerie warf Lucy eine flehenden Blick zu. Diese zögerte einen Augenblick lang. Valerie wirkte wie ein Kaninchen, das zwischen zwei Schlangen geraten war, so versteinert vor - Furcht war sie. Am liebsten wäre Lucy zu ihrer Rettung hinzugeeilt. Doch um vor den Plänen ihrer Patentante gerettet zu werden, würde Valerie noch ein wenig aushaken müssen.
    Lucy begann zu spielen.
    Schon nach den ersten Schritten war klar, daß Valerie nicht mit der Musik Schritt halten konnte. Ivan war wirklich ein guter Tänzer, und man mußte eingestehen, daß er die Schritte für das Mädchen so leicht wie möglich machte.
    Trotzdem stieg Valerie ihm während der zweiten Strophe heftig auf die Zehen, um sich ihm gleich darauf mit hochrotem Kopf und Tränen in den Augen zu entwinden.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie, »sehr leid ...«
    Sofort hörte Lucy auf zu spielen und erhob sich. »Nein, es ist meine Schuld.«
    »Nein, es liegt an mir. Ich bin so ungeschickt.«
    Lucy tat das Mädchen

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