Spiel der Teufel
werden würde. Es gibt einfach zu
viel, was mich nicht nur irritiert, sondern auch ziemlich nachdenklich
stimmt.«
»Mich doch auch«, sagte Henning leise. »Ich kann und mag
mir nur nicht vorstellen, dass er vielleicht korrupt gewesen ist.
Dann hätte er eine perfekte Fassade ...«
»Es ist gut, Sören. Wir wissen nichts, absolut nichts. Außerdem
haben wir alle unsere Fassade, du, ich, jeder. Lass uns die Sache
mal kurz durchspielen. Kein Selbstmord, sondern Mord. Warum
bei ihm zu Hause? Warum auf diese Weise? Warum wurde
er nicht erschossen oder erstochen? Wenn es Mord war, dann
ein sehr clever inszenierter. Es gibt Fragen über Fragen und
nicht eine einzige Antwort, nur vage Vermutungen.«
»Es wird vielleicht Fragen über Fragen geben, wenn wir Näheres
aus der Rechtsmedizin und von Ziese wissen. Ich habe aber
jetzt noch keine Lust, Spekulationen anzustellen, bevor wir
nicht absolut sicher sein können, dass es Mord war.«
»Und das mit den Uhren und seinem Notebook?«, warf Santos
ein.
»Woher soll ich das wissen?!«, sagte er unwirsch, den Blick
stur geradeaus auf die Straße gerichtet.
»Bleibt's eigentlich bei dem Essen heute Abend?«, wechselte
Santos schnell das Thema, denn sie wollte ihren Freund und
Kollegen nicht noch mehr reizen.
Henning wandte den Kopf zur Seite, damit sie sein Grinsen
nicht sah. »Klar, aber nur, wenn nichts dazwischenkommt.«
»Es kommt was dazwischen. Wenn wir uns was vornehmen,
kommt immer was dazwischen.«
»Sei doch nicht so pessimistisch. Außerdem, wenn's heute nicht
klappt, dann eben morgen oder übermorgen.«
»Morgen und übermorgen hab ich schon was vor.«
»Aha, und was?«
»Mein Freund kommt mich besuchen, und wir wollen einen
schönen Abend verbringen. Oder auch zwei«, sagte sie, ohne
Henning dabei anzusehen, doch aus dem Augenwinkel registrierte
er, wie sie schmunzelte.
»Oh, das ist natürlich was völlig anderes. Da will ich nicht
stören.«
Sie legte ihre Hand auf seine und sagte: »Wir nehmen uns einfach
nichts vor, bis der Fall gelöst ist, egal, wie lange es auch
dauert. Gerd wurde umgebracht, das sagt mir mein Bauch,
mein Instinkt oder was immer es ist. Du weißt, ich bin alles
andere als ein Esoterikfreak oder glaube an allen möglichen
übernatürlichen Humbug, aber das mit den Uhren hat mir
doch mächtig zu denken gegeben. Als wollte er Nina damit
etwas mitteilen oder nur ein Zeichen senden. Ist schon ziemlich
seltsam.«
»Mir geht das auch nicht aus dem Kopf. Ich hab ja schon viel
erlebt, aber so was noch nicht.«
»Es gibt eben Dinge zwischen Himmel und Erde ...«
»Mein Gott, jetzt komm mir nicht mit solchen Sprüchen! Sorry,
war nicht so gemeint, aber ich krieg das einfach nicht auf die
Reihe. Tut mir leid, wenn ich schlecht drauf bin, ist nicht gegen
dich gerichtet. Lass uns kurz mit Volker reden und danach mit
Ziese. Ich will alles über die letzten Stunden oder auch Tage
von Gerd wissen. Und sollte auch nur die geringste Ungereimtheit
auftauchen, ich schwöre dir, ich werde so lange nicht ruhen,
bis wir die Sache aufgeklärt haben.«
»Ich weiß«, entgegnete Santos ruhig. »Ich kenn dich schließlich
schon eine Weile.«
DIENSTAG, 17.10 UHR
Sie fuhren auf den Parkplatz vor dem Präsidium, stiegen aus,
Henning nahm das Notebook vom Rücksitz, und dann gingen
sie nach oben. Volker Harms schien sie bereits ungeduldig zu
erwarten. Harms war ein ruhiger Mensch, seit knapp zehn Jahren
Kommissariatsleiter, seit knapp zehn Jahren hatte er keinen
Außendienst mehr gemacht. Er wollte es so, er organisierte,
dirigierte, koordinierte, ansonsten ließ er seinen Beamten so
viel Freiraum wie möglich, allen voran Henning und Santos.
Auch wenn er meist nachsichtig mit seinen Mitarbeitern umging,
selbst wenn sie Alleingänge starteten, ohne ihn vorher
einzuweihen, so kam es doch hin und wieder vor, dass ihm der
Kragen platzte und er auch mal losbrüllte, besonders wenn
wichtige Entscheidungen ohne vorherige Absprache mit ihm
gefällt wurden. Henning und Santos wussten aber sehr genau,
wie weit sie gehen durften, ohne ihn zu sehr zu reizen, denn
mit einem gereizten oder gar wütenden Volker Harms war
nicht zu spaßen. Er hielt ihnen den Rücken frei, wo er nur
konnte, dafür erwartete er, stets über den Stand der Ermittlungen
auf dem Laufenden gehalten zu werden. Wer dem nicht
nachkam, musste sich darauf gefasst machen, von Harms kräftig
zusammengestaucht zu werden. Und vor vier
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