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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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adorn.
    The first in loftiness of thought surpassed;
    The next in majesty; in both the last.
    The force of Nature could no farther go:
    To make a third she joynd the former two.«
    Die Stimme machte eine kurze Pause. »Wer ist dieser Mann, um den es in diesem Gedicht geht? Du hast zwanzig Sekunden Zeit. Ich bleibe dran und werde zählen. Eins .«
    Emily rannte zu ihrem Platz, kritzelte einige der Sätze, die sich in ihrem Gedächtnis verhakt hatten, auf ein Blatt Papier und öffnete ihren Laptop, auf dessen Bildschirmschoner noch immer die Luftballons tanzten.
    » Zwei. Drei. Vier.«
    Sie musste den Anfang des Gedichts bei Google eingeben.
    Sofort! Vielleicht würde sie dann herausbekommen, um wen es in dem Gedicht ging.
    Sie hackte ihr Passwort in die Tastatur.
    Falsches Passwort.
    Noch einmal. Wieder falsch. Das konnte nicht sein!
    » Fünf. Sechs. Sieben. «
    Jemand war an ihrem Laptop gewesen und hatte ihr Passwort geändert! Sie tastete mit zitternden Fingern nach ihrem iPhone.
    Vielleicht konnte sie damit ins Internet. Oder nein, das ging auch nicht, Telefonieren und im Internet surfen funktionierte mit dieser älteren Version noch nicht.
    » Acht, neun.«
    Mit dem Handy am Ohr rannte sie ins zweite Stockwerk, wo die Computerterminals standen.
    »Zehn. Elf. Zwölf.«
    Alle Terminals waren besetzt.
    Emily blieb beim nächsten stehen. Sie scherte sich nicht darum, höflich zu fragen. »Ich muss da jetzt dran. Sofort!«
    Der Junge am Rechner drehte sich um. »Hey, hast du sie nicht mehr alle?«
    »Dreizehn, vierzehn, fünfzehn.«
    »Jetzt!«, sagte sie und drängte den Jungen einfach weg. Der fluchte, war aber offenbar zu verblüfft, um sich zu wehren. »Sechzehn, siebzehn, achtzehn.«
    Ein Klick auf Google. Der Zettel! Wo war der Zettel?
    Okay, okay, jetzt einfach den Satz eingeben. Emily, konzentrier dich: Three poets in three distant … Weiter wusste sie nicht.
    Sie sah zu, wie Google die Suchergebnisse ausspuckte. »Neunzehn, zwanzig … Du hast versagt! Unser Freund stirbt … jetzt!« Die Verbindung endete.
    »Nein!«, schrie sie, und alle drehten sich zu ihr um.
    Dann sah sie den Wikipedia-Eintrag. Es war ein Artikel über ein Stück und dessen Dichter.
    Der Name des Stückes.
    Paradise Lost .
    Der Name des Dichters.
    John Milton .
    Das las sie noch.
    Unser Freund stirbt jetzt.
    Dann rannte sie auf die Toilette und übergab sich.

17
    E mily schaute aus dem Zugfenster und blickte auf die Häuser und Höfe, die vier Meter unter ihr vorbeizogen.
    Etwa fünf Minuten, nachdem der unheimliche Anrufer aufgelegt hatte und sie kreidebleich aus der Toilette getaumelt war, hatte sie eine dritte SMS bekommen. An die Nachricht war wieder ein Foto angehängt. Es zeigte denselben Mann vor dem Bild mit der Sternennacht. Wieder mit dem Knebel, den Fesseln und den Kabeln. Doch diesmal hing sein Kopf seltsam zur Seite, seine Glieder waren irgendwie ineinander gekrampft, und ein langer Speichelfaden hing aus seinem Mund. Seine Augen waren wie die eines Toten. Und das war er wahrscheinlich auch. Tot.
    Er war tot, weil sie nicht schnell genug gewesen war.
    Und im Hintergrund hing das Bild von van Gogh.
    Die Nachricht der SMS war unmissverständlich.
    PECH GEHABT. DAS WÄRE NICHT PASSIERT, WENN DU DIE ANTWORT GEWUSST HÄTTEST. UND DAS ALLES WÄRE NICHT PASSIERT, WENN DU MIR NICHT MEIN LEBEN GESTOHLEN HÄTTEST. WENN DU NICHT GENAU SO WIE ER STERBEN WILLST, FAHR DURCH DIE DOCKLANDS NACH GREENWICH. ALLEIN. NIMM DIE DLR. SOFORT.
    Es war zwanzig vor vier gewesen. Erst um vier wollte ihre Mum bei der Bibliothek sein, doch Emily hatte trotzdem vorsichtshalber den Hinterausgang genommen. Sie wusste, es war genau das Falsche. So verhielten sich die Opfer immer in Hollywoodfilmen – sie befolgten wie Lämmer, die auf die Schlachtbank geführt wurden, alle Anweisungen, ohne daran zu denken, die Polizei zu rufen, sich Hilfe zu holen. Emily hatte das immer total unrealistisch gefunden.
    Bis heute.
    Bis sie selbst in die Situation gekommen war. Und ihr mit erschreckender Deutlichkeit klar wurde, dass der Anrufer es ernst meinte.
    Sie hatte gar keine andere Wahl. Denn mit wem auch immer sie es zu tun hatte – er oder sie verstand keinen Spaß, so viel hatte er bereits klargemacht.
    Sie war also durch den Hinterausgang aus der Bibliothek geschlüpft und hatte wie selbstverständlich ein Taxi genommen. Sie dachte gar nicht groß darüber nach. Ihr Gehirn schien jene wundersame Fähigkeit an den Tag zu legen, die Menschen auf einmal haben,

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