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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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zitterten so stark, dass sie eine mit der anderen umklammern musste.
    Dr. Johnson legte ihr die Hand auf die Stirn.
    »Ruhig, Emily, ganz ruhig.« Johnson strich ihr übers Haar. »Ihnen kann nichts passieren. Sie sind hier in Sicherheit.«
    Die Hypnose hatte funktioniert. Aber nicht so, wie sie es gewollt hatte. Sie hatte ihn gesehen. Mit ihren Eltern. Sie wusste, dass damals irgendetwas gewesen war, damals vor langen Jahren, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Das etwas passiert war, was so schlimm gewesen war, dass ihr Bewusstsein diese Erinnerung mit einem gnädigen Grabtuch des Vergessens zugedeckt hatte. Sie hatte immer noch keine Ahnung, was es war, doch sie hatte den Schrecken aufblitzen sehen. Hatte mehr gesehen, als sie wollte.
    Jetzt war sie hellwach. Ihr ganzer Körper zitterte, und ihre Augen waren voller Tränen.
    »Es war mein Geburtstag«, sagte sie, und noch mehr Tränen stiegen in ihr auf. »Es war der Tag, an dem ich zurückgekommen bin. Denn vorher haben sie mich … «
    Sie schluckte die Tränen herunter.
    Johnson blickte sie aufmerksam an.
    »Vorher haben sie mich weggebracht«

34
    E mily und Ryan saßen in Emilys Zimmer im Wohnheim. Mittlerweile war es Nacht geworden, und Ryan hatte die Kerzen angezündet, die auf Emilys Fensterbrett standen. Ein warmes orangefarbenes Licht breitete sich im Zimmer aus. Sie hatten über die Hypnose gesprochen, über die seltsamen Menschen, die Emily im Auto gesehen hatte. Über das Bild ihrer Eltern auf der Schwelle ihres Hauses, ihre Eltern, die auf diesem Erinnerungsbild waren, das Emilys Gehirn gespeichert und das die Hypnose wieder freigesetzt hatte.
    »Was ist mit deinen Eltern, Emily?«, fragte Ryan behutsam. »Hast du noch immer nicht mit ihnen gesprochen?«
    Emily schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bringe es einfach nicht fertig. Meine Mutter macht mich wahnsinnig mit ihren ständigen Anrufen. Ich schulde ihnen eine Antwort, warum ich so plötzlich verschwunden bin, aber eigentlich – «
    »Eigentlich sind sie es, die dir eine Antwort schulden?«
    Sie nickte. Ryan verstand sie immer sofort.
    »Ich werde sie morgen anrufen«, nahm Emily sich vor. »Du hast schon recht, ich muss mit meinen Eltern reinen Tisch machen. Und vor allen Dingen muss ich wissen, was sie vor mir verheimlichen.«
    Ryan sah sie prüfend an. »Aber hast du nicht morgen Geburtstag? Willst du dir das wirklich an diesem Tag antun?«
    »Übermorgen«, verbesserte sie automatisch, ehe ihr etwas einfiel. »Sag mal, woher weißt du eigentlich, wann ich Geburtstag habe?«
    Er lächelte sie an. »Ganz einfach. Ich hab Julia gefragt«, erwiderte er. »Und jetzt möchte ich von dir wissen, was du dir wünschst.«
    Emily musterte ihn und spürte einen bitteren Geschmack in der Kehle. Was sie sich wünschte? An ihrem Geburtstag? Dass er nicht existierte. Denn sie hasste diesen Tag, hatte ihn schon immer gehasst. Und wenn sie sich heute ein Geschenk hätte aussuchen können, dann hätte sie sich gewünscht, zusammen mit Ryan weit wegzufahren und kein Wort mehr über Geburtstage zu verlieren.
    Während alles um sie herum zusammenbrach, Julia zu ihrem Jonathan floh, ihre Eltern sie anlogen, war er der Fels in der Brandung. War er für sie da, ohne Wenn und Aber, und das, obwohl er sie doch erst vor Kurzem kennengelernt hatte.
    »Was ich mir wünsche?«, überlegte sie. »Dass dieser Augenblick bleibt. Wir beide hier in meinem Zimmer. Dass nichts mehr passiert. Dass alles einfach stillsteht.«
    Sie fühlte Ryans Arme um sich und lehnte sich dankbar gegen ihn.
    »Weißt du, im Moment habe ich das Gefühl, dass ich nicht wirklich lebe«, sagte sie. »Mir kommt es so vor, als hätte ein anderer mein Leben übernommen. Er bestimmt, was ich tue, was ich denke, wo ich als Nächstes hin muss.«
    »Nein, Emily«, widersprach Ryan. »Du bist du. Und niemand sonst. Und das kann dir niemand nehmen. Du bist einzigartig.«
    »Bin ich das?«, fragte Emily.
    »Für mich bist du das«, sagte Ryan.
    Emily drehte sich abrupt zu ihm. »Warum tust du das, Ryan? Warum bist du immer für mich da, egal, was passiert? Nicht mal meine beste Freundin hält es mit jemanden aus, der ständig von einem Irren verfolgt wird.«
    Ryan überlegte, als suche er nach einer besonders intelligenten Antwort. »Manchmal schafft man gewisse Dinge zu zwei halt besser als allein.«
    Sie blickte ihn lange an.
    »Und wenn das alles vorbei ist? Willst du dann immer noch für mich da sein?« Es war eine rhetorische Frage, und es wäre

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