Spiel des Schicksals
und obendrein konnte ich mich nicht mehr an den Namen von Achmeds Straße erinnern. Dann besann ich mich auf den Schakal, den ich bei mir trug, und mir fiel ein, daß es in dieser Stadt gewisse Leute gab, die vor Mord nicht zurückschrecken würden, um sich in seinen Besitz zu bringen. Die größte Angst, die ich während meines endlosen Umherirrens durch das Muski hatte, war, daß ich mich weiter und weiter vom Zentrum von Kairo entfernte. Doch mit Sicherheit konnte ich es nicht sagen. Ich hatte keine Möglichkeit, über alle Köpfe hinwegzusehen, und selbst wenn ich es gekonnt hätte, bezweifelte ich, daß ich irgendeinen Orientierungspunkt erkannt hätte. Trotzdem behielt ich einen einigermaßen klaren Kopf. Eines stand für mich fest – daß es nämlich weitaus klüger war, in dem Getümmel dieses verrückten Marktes zu bleiben, als zu versuchen, in eine der unzähligen Straßen und Gassen einzubiegen, die davon abzweigten. Hier unter den Tausenden von Einheimischen und Bauern, die sich um mich herum drängten, war ich wenigstens einigermaßen sicher. Wenn ich dagegen allein eine unbekannte Straße hinunterliefe, könnte ich eine leichte Zielscheibe werden.
Ich dachte auch an etwas anderes: Sollte nämlich Achmed Raschid nach mir suchen, so wäre es entlang des Muski-Basars. Auch wenn er kilometerlang und mit Abertausenden von Menschen überfüllt war.
Ein Gedanke drängte sich mir aber vor allen anderen auf und war stärker als die Angst, auf einen von Rossiters Agenten zu stoßen und um meinen Schakal kämpfen zu müssen. Es war der Gedanke daran, daß die Tageszeit allmählich vorrückte und es schon bald dunkel würde. Und dann würden meine Schwierigkeiten erst richtig beginnen.
Dann sah ich die amerikanischen Touristen. Es waren ungefähr zwölf, die sich alle um den Stand eines Silberschmieds herumscharten. Daß es sich um Amerikaner handelte, war an ihrer Kleidung zweifelsfrei zu erkennen, vielleicht aber noch mehr an ihrer lauten Sprechweise und ihren Gebärden, durch die sie mir aufgefallen waren. So strebte ich gegen den Strom vorwärts und kämpfte mich bis zu ihnen durch, in dem festen Glauben, daß sie mir als eine größere Gruppe von Landsleuten Sicherheit bieten würden.
Einige von ihnen waren dabei, um ein paar handgearbeitete Silberstücke zu feilschen, während die anderen die Waren begutachteten und den drei Kunsthandwerkern hinter dem Tisch ihre Bewunderung kundtaten. Drei Ägypter, die wohl Großvater, Vater und Sohn waren, saßen über ihre Arbeit gebeugt da, während eine vierte Person, eine Frau, mit den Touristen die Preise aushandelte. »Zehn ägyptische Pfunde!« stieß ein Amerikaner lautstark hervor.
»Zehn ägyptische Pfunde dafür?« Er hielt eine zierliche Silbertasse in seinen dicken Wurstfingern. Die ägyptische Frau zuckte die Schultern und streckte ratlos die Hände aus.
»Zum Kuckuck, wieviel ist das in richtigem Geld? Edna!« Er fuhr herum und brüllte: »Edna!« in mein Gesicht. Worauf er mit einem verlegenen Grinsen fortfuhr: »Oh, verzeihen Sie. Haben Sie zufällig meine Frau gesehen?«
»Nein.«
»Sicher gibt sie wieder irgendwo Geld aus. Sagen Sie, wissen Sie, wieviel Geld zehn ägyptische Pfunde sind?«
»Nein, leider nicht. Entschuldigen Sie, könnten Sie mir vielleicht sagen…«
»Edna, wo steckst du?« Der Mann war groß und stämmig, hatte fauligen Mundgeruch und einen leichten Südstaatenakzent. Er drehte seinen Kopf nach allen Seiten und sah sich nach seiner Frau um. »Verzeihen Sie, wissen Sie, in welcher Richtung das Nil-Hilton liegt?«
Er schaute auf mich herab. »Das Hilton-Hotel? Na klar, da lang.« Und er wies mit dem Kopf nach links. »Dort wohnen wir. Wo zum Teufel treibt sich bloß meine Frau wieder herum? Sie hat alle Reiseschecks bei sich.«
Die anderen Mitglieder der Reisegruppe hatten sich zum Kauf entschlossen. Sie sprachen nun alle lauter und beanspruchten die Aufmerksamkeit der ägyptischen Verkäuferin. Ich wurde angerempelt, zur Seite gedrängt, und von überallher wurde mir ins Ohr geschrien.
»Könnten Sie sich bitte etwas präziser ausdrücken? Wo genau liegt das Hilton?«
»Hm? Oh, in dieser Richtung.« Diesmal deutete er mit dem Daumen nach links. »Den Weg kann ich Ihnen aber nicht beschreiben. Bin mit einem verdammten Bus hierher gekommen. Die Straßen in diesem Land sind chaotisch. Warum, haben Sie sich verlaufen? Wo ist Ihre Gruppe?«
»Ich gehöre nicht zu einer Gruppe.«
»Dann nehmen Sie doch ein Taxi.« Er sah
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