Spiel des Schicksals
sich über die Köpfe hinweg um. »Wenn Sie eines finden können.«
»Ich habe auch schon daran gedacht«, schrie ich. »Aber hier gibt es keine. Wissen Sie denn keinen direkten Weg zurück zum Hilton?«
»Warum rufen Sie nicht einfach das Hilton an? Vielleicht schicken Sie jemanden, der Sie hier abholt.« Dann wandte er sich von mir ab und reckte seinen Hals wieder über die Silbergegenstände.»Nun, ich wohne ja selbst nicht im Hilton. Ich denke nicht, daß sie…«
Ein wenig verärgert drehte er sich wieder zu mir um. »Wo wohnen Sie dann?«
»Bei… bei Freunden.«
»Dann rufen Sie die doch an. Oder geben Sie einem Taxifahrer ihre Adresse. Wo zum Teufel ist Edna nur?« Er stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte sich erneut suchend um. »Da ist sie ja!« brüllte er über die Menge hinweg. »He, Edna! Hier bin ich!« Als er seinen Arm hob, um zu winken, wehte mir Schweißgeruch ins Gesicht. »Sie hat mich nicht gesehen.« Er warf wieder einen Blick auf mich und sagte: »Wenn Sie mich bitte entschuldigen«, und schickte sich an, davonzugehen.
Ich zögerte einen Augenblick und beobachtete, wie sogar ein Mann mit einem so breiten Rücken in der Menge zu verschwinden drohte. Da rief ich spontan: »Warten Sie einen Moment, bitte!« Er blieb stehen und drehte sich um. Sein Lächeln war ungeduldig. »Meinen Sie, ich könnte mit Ihnen und Ihrer Frau ins Hilton zurückkehren? Wäre Ihnen das recht?«
Er hob seine breiten Schultern. »Wüßte nicht, was ich dagegen haben sollte.«
Ich war sofort erleichtert. Ich wußte, daß ich, wenn ich erst einmal am Hilton wäre, schon irgendwie zu Achmeds Wohnung zurückfinden würde. »Wann fährt Ihr Bus ab?«
»Ach, zum Teufel mit dem Bus, ich habe keine Lust, so lange zu warten. Dieser Ort verursacht mir Kopfschmerzen. Ich besorge uns ein Taxi, sobald ich Edna von den Läden hier wegbekomme. Wir setzen Sie auch gerne bei Ihren Freunden ab. Wo sagten Sie doch gleich, daß sie wohnen?«
»Ich… ich erinnere mich nicht. Ich meine an den Straßennamen. Ich wüßte es, wenn ich es sehe.«
Gerade da stieß mich jemand an, so daß ich gegen diesen Hünen von einem Touristen geworfen wurde. Er packte meinen Arm und hielt ihn fest. »Achtung, kleines Fräulein. Sie sind dieser Menge nicht gewachsen. Wir Amerikaner müssen zusammenhalten. Kommen Sie, lassen Sie uns meine Frau holen und machen, daß wir hier herauskommen.« Er reihte sich wieder in den Menschenstrom ein und begann, mich hinter sich her zu ziehen, wobei er knurrte: »Zehn Pfund für diesen minderwertigen Schrott!«
Mein Landsmann zerrte mich mit einem eisernen Griff weg. Ein Frösteln überkam mich. Ich weiß nicht, wodurch es verursacht wurde oder warum ich jetzt plötzlich wieder Angst haben sollte. Doch als wir uns durch die Traube amerikanischer Touristen einen Weg bahnten, ließ mich eine unheilvolle Vorahnung erschauern und einen raschen Blick über meine Schulter werfen.
Der beleibte Mann mit der dicken Brille stand unmittelbar hinter mir.
Wenn mein Retter mich nicht so fest in seiner Gewalt gehabt hätte, wäre ich vielleicht gefallen, denn meine Beine gaben plötzlich nach. Ich strauchelte ein wenig und lehnte mich unwillkürlich gegen seinen massigen Körper. Im Bruchteil einer Sekunde gelang es mir, mich wieder zu fassen und Ruhe zu bewahren.
Ich hatte keine Ahnung, wie der Mann mit den dicken Brillengläsern mich ausfindig gemacht hatte, und es war mir auch egal. Der einzige Gedanke, der mir durch den Kopf ging, war die Frage, ob er mich erkannt hatte. Mit dem Sonnenhut und der dunklen Brille war ich möglicherweise nur schwer zu identifizieren. Aber nein, da machte ich mir wohl falsche Hoffnungen. Wenn man bedachte, über wie viele Quadratkilometer Kairo sich erstreckte und wie viele Millionen von Menschen in dieser Stadt lebten, wäre es ein zu großer Zufall, daß der dicke Mann ausgerechnet in diesem Augenblick hinter mir stehen sollte. Ja, er wußte ganz genau, daß ich es war. Mit plötzlichem Ungestüm drängte ich mich nach vorne und klammerte mich an meinen Begleiter. »Wo ist Ihre Frau?« rief ich außer mir. »Gleich da drüben, sehen Sie sie? Wieder dabei, mein Geld hinauszuwerfen.«
Ich schaute mich um. »Können wir uns bitte beeilen?« Sein Griff um meinen Arm wurde fester, bis es fast weh tat. »Keine Sorge, kleines Fräulein«, meinte er ruhig.
Was genau als nächstes geschah, ist mir schleierhaft, denn mehrere unerwartete Dinge ereigneten sich auf einmal und zu schnell. Auf
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