Spiel mir das Lied vom Glück
Collegeausbildung eingerichtet. Ich rechnete mit rund zweitausend Dollar. Es waren schließlich keine guten Zeiten, und die Kinder waren nicht besonders vielen Menschen bekannt.
Am Ende der zweiten Woche waren 121 000 Dollar für Shawn und Carrie Lynn hereingekommen. Man erzählte sich von zwei hohen anonymen Spenden, aber viele Bürger der Stadt hatten auch kleinere Summen gespendet.
Nicht mit einer ganzen Armee hätte ich Ms. Cutter vom Krankenhaus fernhalten können. Sie kam jeden Tag zweimal. Sie brachte Bücher mit, Sachbücher und Klassiker natürlich, aus denen sie den Kindern vorlas. Einmal kam ich herein, als sie Shakespeare proklamierte, obwohl die beiden schliefen. »Kinder lernen im Schlaf, davon bin ich überzeugt«, sagte sie mit spitzer, schmerzerfüllter Stimme.
Als es den beiden ein wenig besser ging, brachte sie ihnen Häkeln bei. Sie übte mit ihnen Malen nach Zahlen. Handarbeitete mit ihnen.
Und immer wenn Ms. Cutter ging, nahm sie die Kinderhände in die ihren. Am ersten Tag von Shawn und Carrie Lynns Krankenhausaufenthalt versuchte sie, ihre Tränen zu verbergen, aber es gelang ihr nur, bis sie das Zimmer verließ. Auf dem Flur sackte sie in sich zusammen, am ganzen Körper bebend. Sie musste im Krankenhaus behandelt werden und über Nacht bleiben, weil ihr Herz so schnell schlug, dass man befürchtete, sie bekomme einen Infarkt.
Ms. Cutter nahm sich wegen ihrer Gesundheitsprobleme den Rest der Woche frei, besuchte die Kinder aber dennoch zweimal täglich.
Am sechsten Tag schaffte sie es durch den halben Korridor, ohne zu schluchzen und nach Luft zu schnappen. Stash, Dave, Tante Lydia, Roxy Bell von der Bibliothek, ich oder einer der Ärzte achteten immer darauf, neben ihr zu gehen und sie aufzufangen, bevor sie hinfiel. Als es ihr besser ging, begab ich mich zusammen mit ihr zum Beten in die Kapelle. Dort knieten wir vor einer Marienstatue und weinten uns die Augen aus.
Dean Garrett kam aus Portland und las den Kindern vor. Er brachte Puzzles und Spiele mit. Er übte mit Shawn lesen und
las Carrie Lynn vor, dann löste ich ihn ab. Die Kinder schliefen in unseren Armen ein.
Am Ende der Woche beschloss ich, fast ohnmächtig vor Erschöpfung, zu Hause zu übernachten. Ich wusste, wie gut die Schwestern die Kinder nachts versorgten. Ich hatte sie alle kennengelernt, es waren die Reinkarnationen von Nora, Marci und Gabrielle, den Schwestern, die mich als Kind gepflegt hatten.
»Ich lade dich zum Essen ein«, sagte Dean.
»Ich glaube, ich bin zu müde zum Essen.«
»Du musst essen, mein Schatz«, beharrte er und legte den Arm um mich, als wir vom Krankenhaus in die kühle Nacht gingen. »Du wirst noch krank, wenn du nichts isst. Du achtest nicht auf dich. Du hast abgenommen, Julia.«
Ich lachte. »Na, das macht nichts.« Die Wassermelonen vor meiner Brust sahen immer noch riesig aus, aber meine Hose saß wirklich lockerer. Hipp, hipp, hurra, dachte ich trübsinnig. So ergeht es einem, wenn man über zwei unschuldige Kinder wacht, die fast zu Tode geschlagen wurden.
»Doch«, sagte Dean leise. »Das macht wohl was. Ich mag dich so, wie du bist.« Wir standen auf dem Parkplatz. Er sah mich an. Hell leuchteten die Sterne über uns.
»Du magst mich dick?« Ich war müde, ich konnte mich kaum noch bewegen, musste aber trotzdem grinsen. Ich konnte nicht anders. Wenn ich mit Dean zusammen war, musste ich immer lächeln. Und wenn ich nicht mit dem Mund lächelte, weil Dean mich immer noch nervös machte, absolut nervös, so lächelte doch mein Herz.
»Ich mag dich so, wie du bist, Julia Bennett, genau so wie du bist.«
»Und wie ist das?«
»Wunderschön.«
Ich lachte. »Du bist ein Segen für die Frauen, Dean Garrett. Ich habe seit einer Woche kaum geschlafen. Ich bin nicht
geschminkt, ich sehe aus wie der Tod. Ich hatte kaum Zeit, mir die Haare zu bürsten, und merke gerade, dass ich dieses T-Shirt schon seit drei Tagen anhabe. Ich habe das Gefühl, als würden meine Zähne Moos ansetzen. Und unter den Armen rieche ich so stark, dass ich einen Bullen betäuben könnte, wenn ich den Arm hebe.«
Dean Garrett sah auf mich hinab, und seine Mundwinkel zogen sich nach oben. »Zufällig mag ich Bullen. Und Moos auch, Julia. Keine Sorge. Mir ist es piepegal, ob dein Haar gebürstet ist oder ob du einen Monat lang dasselbe T-Shirt anhast. Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe.«
»Ich fühle mich aber nicht schön.« Ich lehnte mich gegen seinen Pick-up und verschränkte die
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