Spiel mir das Lied vom Glück
Vertreter
hereingekommen waren. Sie wurden uns vorgestellt, ich vergaß ihre Namen sofort. Stattdessen nannte ich die jüngere Frau Miss Heiti-Teiti, weil sie einen eingebildeten Eindruck machte und spindeldürr war. Der Mann hieß bei mir »Mini-Pimmel«, weil er aussah, als hasse er Frauen und die Welt im Allgemeinen. Die dritte im Bunde war Ms. Knuddel.
Am Ende der Besprechung wurde mir klar, dass keiner der Namen besonders zutreffend war.
Dean stellte sich als Tante Lydias und mein Anwalt vor.
Die drei vom Staat zuckten leicht zusammen, als er ihnen in seiner imposanten Größe die Hand schüttelte.
»Mr.Garrett!«, sagte Ms. Knuddel und lächelte Dean zuckersüß an. Offenbar war sie überrascht, ihn hier zu sehen. »Ich habe viele Ihrer Fälle in den Zeitungen verfolgt. Ihr jüngster Prozessgewinn war wirklich eindrucksvoll! Herzlichen Glückwunsch!«
»Danke«, sagte Dean mit ernstem Gesicht. Er hatte die verschränkten Hände auf den Tisch gelegt.
»Ich bewundere Ihre Arbeit unheimlich! Sie ist ungeheuer beeindruckend!«
Die Frau schien an jeden Satz ein Ausrufezeichen zu hängen. Sie gingen mir jetzt schon auf den Geist. Außerdem war sie niedlich. Eine geistsprühende, fröhliche, niedliche Blondine. Augenblicklich fasste ich eine Abneigung gegen sie.
»Danke«, wiederholte Dean und versuchte dann, die Frau abzulenken. »Was das Sorgerecht für Shawn und –«
»Ihr vorletzter Fall«, sprudelte es aus Ms. Knuddel heraus, »der mit den Kläranlagen, die Abwasser in den Fluss leiten, da habe ich Ihr Abschlussplädoyer gelesen. Es war ungeheuer anregend, ein großartiges Zeugnis der Freiheiten, die wir Amerikaner für selbstverständlich halten!«
Meine Abneigung wuchs.
»Sehr freundlich von Ihnen, aber könnten wir jetzt über Shawn und Carrie Lynn –«
»Ich glaube, ich habe gelesen, Ihre Gattin ist ebenfalls Anwältin?«, fragte Ms. Knuddel.
Das Schweigen im Zimmer war ohrenbetäubend. Seine Gattin? Dean war verheiratet? Es kam mir vor, als hätte ich einen Schlag in die Magengrube bekommen.
Verheiratet.
Eine Welle der Verzweiflung und abgrundtiefer Niedergeschlagenheit rollte über mich hinweg. Ich schloss die Augen und spürte, wie das Blut aus meinem Kopf in Richtung meiner Füße strömte. Als ich die Augen wieder aufschlug, sah ich Dean vor mir.
»Nein«, sagte er und schaute mich an. »Ich habe keine Frau.«
Plötzlich war keine Luft mehr da, ich sank in den Stuhl. Keine Frau. Dean war nicht verheiratet. So schnell mich die Verzweiflung in ihren Klauen gehabt hatte, so schnell war sie wieder fort. Ms. Knuddel erging sich schon über einen anderen Fall.
»Ich denke, wir sollten nun zum Thema kommen«, unterbrach Dean sie.
»Wird auch Zeit«, stimmte Stash zu, verschränkte die Arme vor der Brust und sah nun selbst reichlich abschreckend aus. »Mitgliedskarten für den Club der Dean-Garrett-Fans geben wir beim nächsten Mal aus, Ma’am. Sehen Sie, Julia Bennett kennt Shawn und Carrie Lynn jetzt seit Monaten und kümmert sich um die beiden. Sie arbeitet hier in der Bücherei. Sie sorgt dafür, dass die Kinder etwas zu essen bekommen und gut angezogen sind. Die beiden kennen Julia, sie vertrauen ihr und lieben sie.«
Nach Stashs Tadel war Ms. Knuddel errötet, jetzt hatte sie ihn auf dem Kieker.
Als sie den Mund wieder aufmachte, war sie gar nicht mehr niedlich. Mit jedem Wort wurde sie herablassender. »Mr.Stanford, wenn ich nicht irre? Ähm, Sie sind Bauer, nicht wahr?«
Aus ihrem Mund klang es, als sei ein Bauer nicht viel besser, als von der Sozialhilfe zu leben. Kurz lächelte sie. »Unsere Aufgabe als Kinderfürsorger ist der Schutz der Kinder. Nur weil jemand das Kind eines anderen großziehen will, heißt das noch lange nicht, dass wir automatisch das Sorgerecht an ihn vergeben.« Sie lachte, als sei Stash ein dummer, unreifer Junge.
»Ms. Hawthorne«, mischte Dean sich mit tiefer, barscher Stimme ein. »Sie wissen so gut wie ich, dass der Staat die Absicht hat, Kinder in Zeiten wie diesen bei Verwandten und Freunden unterzubringen.«
»Ja, das weiß ich, Dean« – Ms. Knuddel lächelte erneut. Sie beugte sich vor, ihr Busen ruhte auf dem Tisch. O Gott, dachte ich. »Aber die hier Anwesenden sind keine Verwandten, und so wie ich von der Mutter gehört habe, sind sie auch alle keine Freunde von ihr. Ganz im Gegenteil: Die Mutter der Kinder hat uns gesagt, dass sie auf keinen Fall möchte, dass einer von Ihnen das Sorgerecht bekommt.«
Große Bestürzung folgte. Dann
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