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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Arme vor der Brust. Er stützte sich mit den Armen links und rechts neben meinem Kopf ab.
    »Warum nicht? Warum fühlst du dich nicht schön, Julia?«
    Ich knirschte mit den Zähnen. Das Schuldgefühl stieg in mir auf. »Ich habe sie im Stich gelassen.« Ich presste die Worte heraus. »Ich habe Shawn und Carrie Lynn im Stich gelassen.«
    »Ach, Süße«, seufzte Dean und zog mich an sich.
    »Ich hätte sie … « Das Schluchzen erschütterte meinen Körper. Auf dem dunklen Parkplatz hielt Dean mich einfach fest, rieb mir über den Rücken, drückte mich an sich.
    »Du hast niemanden im Stich gelassen.«
    »Doch. Ich hab die beiden im Stich gelassen. Ich hab das Jugendamt angerufen und die Polizei, aber keiner wollte was unternehmen.« Ich weinte in Deans Schulter. »Ich wusste, was für ein Leben sie zu Hause hatten, ich kenne das Gefühl von Angst, Verlust und Einsamkeit, weil ich es selbst als Kind erlebt habe.« Ich keuchte. Ich wusste nicht, wie ich je wieder in den Spiegel blicken sollte.
    Dean nahm mein Gesicht in die Hände. »Wir haben etwas gemeinsam, Julia. Meine Kindheit war genau so schlimm wie deine.«
    »Was?« Ich löste mich von ihm.
Wie bitte?
    »Ich hatte eine schlimme Kindheit, Julia. Mit fünfzehn bin ich zu Hause abgehauen. Ich muss wohl nur sagen, dass meine Mutter starb, als ich zwei war, und mein Vater die nächsten dreizehn Jahre dafür gesorgt hat, dass es mir so richtig schlecht ging. Er hatte einen Gürtel, den er mir so oft über den Rücken gezogen hat, dass ich es nicht mehr zählen kann. Das kann ich mit meinen Narben beweisen. Wenn du schon mal versucht hättest, mir das Hemd auszuziehen, wüsstest du das.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Er küsste mich.
    »Er hat mich oft im Schrank eingesperrt, Julia, stundenlang, manchmal sogar über Nacht. Deswegen gibt es niemanden, der größere Platzangst hat als ich.«
    Die Vorstellung eines kleinen, mutterlosen Dean in einem dunklen Schrank ließ mich nur noch schlimmer weinen.
    »Wir lebten in Idaho. Wenn ich von der Schule nach Hause kam, musste ich auf unserer Farm arbeiten, bis ich gegen elf ins Bett ging. Im Sommer arbeitete ich sechzehn Stunden am Tag. Nie war das, was ich tat, gut genug. Einmal hat mein Vater eine Flasche nach mir geworfen, davon habe ich die Narbe auf der Stirn. Meine älteste Erinnerung ist, wie er meine Katze durchs Zimmer trat. Die Katze rollte sich zu einem Knäuel zusammen und starb in meinen Armen. Dasselbe machte er mit einem Welpen, den mir ein Nachbar geschenkt hatte.«
    Dean presste die Lippen zusammen. Ich weinte, hielt ihn fest. Ich fühlte mit ihm. Fühlte mit mir. Fühlte mit Shawn und Carrie Lynn. Warum nur waren so viele Menschen brutal zu Kindern, fragte ich mich. Warum? Gleichzeitig fühlte ich mich mit Dean tief in meinem Innern verbunden, es war ein trauriges Verstehen, getragen von geteiltem Schrecken und Elend.
    »Ich weiß, dass du von deinem ehemaligen Verlobten geschlagen worden bist«, sagte er schroff. »Ich weiß, dass du deine Kindheit und diesen Typen überlebt hast. Du hast nicht zugelassen, dass dich jemand zerstört.
    Und trotzdem machst du dir etwas aus anderen Menschen, sorgst dich um sie. Das sehe ich in deinen Augen, wenn du über Katie, Lara, Shawn oder Carrie Lynn sprichst. Lydia und Stash lieben dich. Katie hat zu mir gesagt, du wärst ihre beste Freundin. Lara sagte, sie hätte erst durch dich an ihre Kunst geglaubt, nachdem sie sie dir gezeigt hätte. Shawn und Carrie Lynn lieben dich. Die Schokolade, die du den älteren oder kranken Leuten hier geschenkt hast, ist Legende.«
    Dean lächelte mich an, küsste mich auf den Mund, bis die Leidenschaft in mir so heiß und groß war, dass ich glaubte, sie würde mich überwältigen. Es war Leidenschaft für Dean, gemischt mit einer Prise überwältigender, widerstreitender Gefühle.
    »Ich liebe dich, Julia. Ich weiß, dass du das jetzt nicht hören möchtest, dass du damit jetzt nicht zurechtkommst, aber ich wollte dir sagen, wie du bei mir dran bist.«
    Ich nickte. Es gefiel mir zu wissen, wie ich bei ihm dran war.

19
    Es ist verblüffend, was ein einflussreicher Rechtsanwalt erreichen kann, der gute Beziehungen hat.
    Dean Garrett war einflussreich und hatte gute Beziehungen.
    Das wurde mir erst klar, als wir begannen, um das Sorgerecht für Shawn und Carrie Lynn zu kämpfen. Obwohl Tante Lydia mehrere der Ärzte und Krankenschwestern seit Jahrzehnten aus ihrem Gartenclub kannte und Stash mit zwei Ärzten gut befreundet war,

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