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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Schwester sagen hörte: »Die Herzfrequenz steigt. Sie ist bei 170 … 180 … 190 … 200 … «
    Zwei Ärzte liefen nach draußen und kehrten mit einer dieser gewaltigen Maschinen mit Elektroschockern zurück, die man den Leuten immer auf die Brust drückt, wenn sie einen Herzinfarkt bekommen. Vier weitere Personen eilten ins Zimmer, alle schauten auf die Apparate, riefen sich etwas zu, betasteten meine Brust, mein Gesicht.
    »Sie ist ganz kalt und feucht … Herzfrequenz bei 200 … Blutdruck normal … «
    Und dann konnte ich plötzlich wieder atmen. Die Luft strömte zurück in die Lunge, mein Körper wurde schlaff, meine Beine hörten auf zu zittern, meine Hände begannen zu schwitzen.
    Als ich mich entspannte, wurden auch die Gesichter der Ärzte und Schwestern ruhiger.
    Schließlich beugte sich ein junger Arzt mit Hornbrille über mich: »Seit wann haben Sie diese Panikanfälle, Miss Bennett?«
     
    Panikanfälle. Das war es also. Als ich später am Abend Letterman im Fernsehen guckte, musste ich lachen. Und konnte nicht mehr aufhören.
    Panikattacken.
    Die Ärzte und Schwestern hatten mir erklärt, um was es sich dabei handelte. Jedes Symptom, das sie erwähnten, hatte ich selbst erlebt: Herzrasen, schwitzende Hände, Zittern, das Gefühl, verrückt zu werden, Atemnot.
    Bei manchen Menschen schienen Panikattacken genetisch bedingt zu sein. Manche Frauen konnten sie zurückführen auf ihre Mutter, ihre Großmutter und Urgroßmutter, die vielleicht über »nervöse Zustände« klagte, bei denen sie sich hinlegen musste. Bei anderen wurden Panikattacken durch einen Mitralklappenprolaps, durch Hormone oder durch die Wechseljahre ausgelöst. Bei wieder anderen, mich eingeschlossen, waren sie Folge des Lebens.
    Eines gestressten, durchgeknallten, verkorksten, unglücklichen Lebens. Auf diese Art sagte mein Körper: Mir reicht’s.
    Aber, sagten die Ärzte lächelnd und tätschelten mir die Hand, das könne man loswerden.
    Eine Krankenschwester wischte mir die Tränen von den Wangen.
    »Ich habe also keine furchtbare Krankheit? Keinen Krebs? Ich muss nicht sterben?«
    »Nein, nein, nein«, beruhigte mich eine andere Schwester, eine Schwarze mit den weißesten Zähnen, die ich je gesehen hatte. »Abgesehen von den Verletzungen, die Ihnen Ihr Exfreund zugefügt hat, sind Sie topfit.«
    Topfit.
    Ich brauchte Ruhe, sagten sie mir, und Frieden, vielleicht ein kleines Beruhigungsmittel. Ich nickte. Gerne etwas mehr Beruhigungsmittel. Bringt mir einen ganzen Lastwagen voll, schrie mein Hirn. Eine große Ladung!
    Dennoch war ich plötzlich von einer großen Last befreit. Nicht einmal das gebrochene Schienbein konnte meine Freude schmälern. Jetzt wusste ich, wodurch meine Panikattacken ausgelöst worden waren: durch Robert.
    Und der saß jetzt im Knast, aber in Oregon. Sein reicher Papa würde ihn hier nicht loskaufen können.
    Ich war frei.

26
    Ich war zwar von Robert erlöst, musste mich aber mit einem wütenden Mann der anderen Sorte auseinandersetzen.
    Direkt nach meiner Einlieferung ins Krankenhaus hatte Caroline Dean in Portland angerufen. Er war sofort gekommen. Er war so schnell in der Klinik, dass ich mir Sorgen machte, wie schnell er gefahren sein musste. Mit rauer Stimme machte ich einen müden Scherz darüber, aber er sagte, ein Freund hätte ihn rübergeflogen.
    Ich nickte und schloss das Auge, das nicht geschwollen war. Ich wollte nicht, dass Dean mich so sah, dass er an dem hässlichen Teil meines Lebens teilhatte. Ich wollte nicht, dass ich ihm leidtat. Und auf keinen Fall wollte ich, dass er sauer auf mich war, weil ich ihm in unseren zahllosen Gesprächen nicht offen von Roberts unablässiger Belästigung erzählt hatte.
    Ich wollte, dass unsere Beziehung einfach nur gut war. Gut und ehrlich. Dean konnte natürlich einwerfen, dass eine Beziehung nur dann gut war, wenn beide Parteien ehrlich waren. Da würde ich ihm recht geben müssen.
    Er war lieb und zärtlich, nahm mich in den Arm und drückte die Wange an meine. Unsere Tränen liefen ineinander.
    Das hielt zwei Tage so. Doch am dritten Tag hatte Dean Garrett mir etwas zu sagen. Ich lag im Krankenbett, das Bein hochgestellt, die Narbe verbunden, eine Manschette um den Hals, und er ging vor dem Bett auf und ab und sah so, ja, so zum Anbeißen aus, dass ich ihn am liebsten verschlungen hätte. Ich flehte zum Himmel, dass er nicht böse war.
    Ein durchs Zimmer schreitender starker, geschmeidiger, eindrucksvoller Dean Garrett, der sich vor innerer

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