Spiel mir das Lied vom Glück
zeigte sie mir, worauf sie hinauswollte.
Sie machte unzählige Vorschläge, wie man sich billig ernähren konnte. Alles klang durchaus lecker. Als wir in der Fleischabteilung standen, zählte sie acht verschiedene Möglichkeiten auf, Hühnchen zuzubereiten, und neun Ideen zur Verarbeitung von Hackfleisch.
Sie erklärte mir, was man mit Hühnerknochen und Spargelabschnitt machte, wie wichtig es war, selbst Gemüse und Kräuter anzubauen, wie man mit Einmachen Hunderte von Dollar sparen konnte. Sie verriet mir, mit wem in der Stadt man tauschen konnte, und das führte zu einer Lektion, wie man verschiedene Reinigungsmittel für den Hausgebrauch selbst herstellte.
In der Gemüseabteilung predigte sie mir das oberste Gebot des Sparens: ein eigener Garten. »Man spart ein Vermögen, wenn man sein Gemüse selbst anbaut. Außerdem hat man dadurch die Möglichkeit, es gegen andere Sachen oder Dienstleistungen zu tauschen oder es zu verschenken. Es gibt viele Menschen in der Stadt – Katie zum Beispiel –, die es schwer haben. Wenn man ihnen etwas aus dem Garten mitbringt, kann man ihnen helfen, ohne ihren Stolz zu verletzen.«
Wir verglichen die Preise von Obst und Gemüse mit den Kosten des eigenen Anbaus.
»Und deshalb habe ich Apfel- und Birnbäume, Blaubeerund Himbeersträucher im Garten, deshalb baue ich Zucchini, Kürbisse, Kopfsalat, Möhren, Tomaten, Spinat, Mais, Erbsen, Gurken, Radieschen und Bohnen an.
Weißt du, alle glauben, man bräuchte unheimlich viel Geld zum Leben, aber das stimmt gar nicht. Man muss nur die Kleinigkeiten zu schätzen wissen, die unscheinbaren Geschenke, und man muss lernen, mit weniger auszukommen.«
Ich nickte bestätigend. Hier war eine Hellseherin, die wunderschön war, ihr Geld zusammenhielt und am liebsten auf Schnäppchenjagd ging.
Fast zwei Stunden lang hielten wir uns im Laden auf. Als wir
an der Kasse standen, drehte sich mir der Kopf, Rabattmarken und Angebote verschwammen vor meinen Augen, und mir wurde klar, wie gedankenlos ich mein Leben lang konsumiert hatte. Wahrscheinlich hatte ich beim Einkaufen Unmengen von Geld verschenkt. Millionen, schätzte ich. Hundert Millionen Dollar, mindestens.
Tante Lydia hatte behauptet, Caroline wäre sparsam. Sie hatte ja keine Ahnung.
Wir legten die Ware auf das Laufband. Ich merkte, dass Caroline die Familie vor uns beobachtete. Dann begann sie mit mir zu sprechen, leise, aber doch laut genug, dass die Familie sie hören konnte. Ihr Ton war vorwurfsvoll.
»Wer so teure Cornflakes kauft … Hafergrütze gibt es in großen Packungen … Ha, da haben die doch tatsächlich diese Spaghettisauce genommen … Die Hausmarke ist genauso gut und siebenundachtzig Cent billiger. O nein, guck dir die Kekse an! So was braucht man doch nicht! Die Leute könnten mindestens drei Dollar sparen, wenn sie die Kekse selbst backen würden. Warum geben Eltern ihren Kindern Limonade zu trinken? Die macht die Zähne kaputt. Und sieh mal da! Sie haben die kleine Packung Hackfleisch genommen. Die große ist siebenundneunzig Cent billiger im Pfund … «
Plötzlich, mitten im Satz, verstummte Caroline, und ihr Gesicht erstarrte. Sie heftete die Augen auf eine der Zeitschriften im Regal neben der Kassiererin. Ich folgte ihrem Blick, doch fiel mir nichts auf: Es war das übliche Aufgebot an Hochglanzblättern mit Schauspielern und Showgrößen und ihren immer wiederkehrenden Affären und Problemchen. Auf einer Finanzzeitschrift war ein milliardenschweres Paar abgebildet, das eine Computerfirma gegründet hatte, ein anderes Titelblatt zeigte einen bekannten Sportler.
»Ist alles in Ordnung, Caroline?« Ich berührte ihren Arm, aber sie reagierte nicht, sondern machte einen Schritt nach vorn und nahm sich die Finanzzeitschrift.
Sie blätterte zur Titelgeschichte und las sie, vergaß völlig ihre wertvollen Rabattmarken auf dem Kassenband.
Ich zahlte. Caroline bemerkte es nicht einmal.
»Ma’am«, sagte die Kassiererin, ein gelangweiltes, Kaugummi kauendes Mädchen mit lila Strähnen im Haar. »Wollen Sie die Zeitung kaufen, Ma’am?«
Caroline reagierte nicht, ich stieß sie an. Sie schaute auf. Ihre Augen blickten in weite Ferne. »Willst du die Zeitschrift mitnehmen, Caroline?«
Sie war völlig durcheinander, ihr Auge zuckte wie von Sinnen. »Ja.« Sie zog ihr Portemonnaie hervor. »Wie viel macht das?«
Ich sagte ihr, wir hätten bereits bezahlt. Sie kaufte die Zeitschrift, dann gingen wir. Caroline bestand darauf, mir das Geld für den Einkauf
Weitere Kostenlose Bücher