Spiel mit dem Feuer
kurzen Momenten der Hektik und ewigem Warten besteht. Die ganze
Aufbauerei, all die vielen Änderungen in letzter Minute. Dieses Team hat in der
Zeit, die es jetzt hier ist, mehr Kaffee getrunken als die ganze
Inselbevölkerung im letzten Monat.«
Die Minuten schleppten sich dahin. Sue,
Glenna und Jan waren immer noch am Reden. Dann ging Glenna zu den Markierungen
auf dem Felsboden hinüber und winkte Sue zu sich. Mit übertriebener
Körpersprache wanderte Glenna in Richtung Höhle. Sue ahmte sie nach. Am
Höhleneingang blieben sie beide stehen, als ob sie sich nicht recht
hineintrauten — .
Ein pfeifendes Geräusch.
Sue Kamuela fuhr herum. Als ihr
Felssplitter vom Rand des Höhleneingangs um die Ohren spritzten, hörte ich den
Schuß krachen.
Ich packte Peter, zog ihn hinter das
Mäuerchen in Deckung und rief gleichzeitig allen zu, sich hinzuwerfen. Doch die
Leute blieben erstarrt stehen oder rannten panisch weg. Kamuela kauerte jetzt
am Boden und hielt sich mit einer Hand das Gesicht. Blut quoll zwischen ihren
Fingern hindurch. Glenna stand neben ihr, reglos wie eine Statue.
»Runter, Glenna!«, schrie ich.
Sie schrak zusammen und ging neben Sue
auf die Knie. Einer der Polizisten eilte zu ihnen und rief über sein Funkgerät
Verstärkung. Der andere suchte mit gezückter Pistole die Zuschauerschar nach
dem Schützen ab. Ich schob mich vorsichtig hinter dem Mäuerchen hervor, um mehr
sehen zu können. Niemand, außer dem Polizisten, hatte irgendeine Art von Waffe.
Peter kauerte neben mir, mit fahlem
Gesicht und schiefer Brille. »Sehen Sie irgendwen?«, fragte ich.
Keine Antwort. Er atmete stockend und
starrte in die Ferne. Ich folgte seinem Blick zu einem Eisenholzwäldchen am
Südende des öffentlichen Strands, jenseits der Straße.
»Sie haben jemanden gesehen.«
Er schüttelte den Kopf, wie um etwas zu
verscheuchen. Dann stand er auf und streckte mir die Hand hin. »Wie denn?«,
fragte er. »Ich hatte doch gar keine Gelegenheit.«
Ich ließ mich von ihm hochziehen und
musterte dann den Eisenholzhain. Er war dicht genug, um einem Schützen Deckung
zu bieten, und allemal innerhalb der Reichweite eines Hochleistungsgewehrs.
Wer’s glaubt, dachte ich.
Kurz darauf kam Verstärkung vom
Polizeiposten in Hanalei. Die Polizisten sicherten das Terrain und begannen es
abzusuchen. Ich ging zu Sue und Glenna hinüber. Sue Kamuela blutete heftig aus
einer Platzwunde auf der Wange, die genäht werden musste und vielleicht auch
der Kunst eines plastischen Chirurgen bedurfte. Gerade war ein Krankenwagen
gekommen, und Glenna erklärte, sie werde Sue ins Wilcox Memorial Hospital in
Lihue begleiten. Ich sagte, ich würde so bald wie möglich mit dem Datsun nachkommen.
Als ich Peter fand, sprach er gerade
mit einem kleinen Mann mit Halbglatze und einem extravagant emporgezwirbelten
Schnurrbart, den er mir als Detective Wendell Yamashita vorstellte. Der Beamte
befragte mich, was ich gesehen hatte, wandte sich dann wieder Peter zu und
sagte: »Okay, Brah, eine verirrte Kugel, würdst du sagen?«
Peter zuckte die Achseln. »Haufenweise
Jäger auf der Insel, haufenweise Waffen.« Er hatte seine sonst so kultivierte
Sprechweise so verändert, dass sie die Rhythmen des Pidgin reflektierte, jener
speziellen Sprache, derer sich Einheimische aller Schichten und Rassen in der
Kommunikation untereinander häufig bedienten. »Haufenweise Mokes«, setzte er hinzu und zeigte auf den öffentlichen Strand.
Ich runzelte die Stirn.
»Raubeinige Typen«, erklärte er mir.
»Unfall, Wen, weiter nichts. Trotzdem, wir machen besser Schluss für heut.
Okay, wenn ich die Crew gehen lass?«
»Okay, aber halt sie zur Verfügung.«
Yamashita wandte sich ab und winkte einem seiner uniformierten Männer.
Ich sagte leise: »Wer hat diese Theorie
von der verirrten Kugel aufgebracht? Sie oder er?«
Peter guckte unschuldig auf mich herab.
»Ist doch so gut wie jede andere.«
»Von den sonstigen Problemen, die das
Team hatte, haben Sie ihm vermutlich nichts erzählt.«
Er packte mich am Arm und bugsierte
mich zu dem Pick-up mit dem mobilen Generator. »Hören Sie, Sharon, Wen ist ein
guter Polizist. Wenn das hier irgendwas anderes war als ein Unfall, wird er’s
rauskriegen.«
»Es sei denn, er schluckt Ihre Theorie
und ermittelt höchstens noch halbherzig weiter. Darauf hoffen Sie doch, oder?«
Er zögerte, die Lippen aufeinander
gepresst.
»Ist da irgendwas, was Sie mir nicht
sagen?«, fragte ich.
»Okay, ich werd’s Ihnen
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