Spiel mit dem Feuer
persönlichen Probleme
zehren den größten Teil seiner Energie auf. Er wird erwarten, dass ich ihn an
dem Unternehmen beteilige, aber das werde ich schlicht nicht tun. Zwotens, Ben.
Ich mag ihn weder, noch traue ich ihm, und ich wünschte weiß Gott, Stephanie
hätte ihn nicht geheiratet. Mit Russ wäre sie besser dran gewesen.«
»Stand das zur Diskussion?«, fragte ich
überrascht.
»Ja, es stand einmal zur Diskussion,
aber dann hat Russ plötzlich eine andere geheiratet, und Stephanie hat sich als
Trotzreaktion Ben geschnappt. Aber wie dem auch sei, das Problem mit ihm hat
mit dem Zuckerrohrland zu tun, das wir drunten bei Waimea besitzen.«
Das Zuckerrohrland, wo ich letzte Nacht
vermutlich Zeugin eines Mordes geworden war. Sollte ich Peter davon erzählen?
Bevor ich eine Entscheidung fällen konnte, fuhr er fort: »Ein solches
Unternehmen erfordert einen größeren Firmenkomplex und außerdem Wohnungen für
die Beschäftigten, die besser sind als das, was hier gegenwärtig verfügbar ist.
Das Gelände ist für beide Zwecke perfekt geeignet, aber da werde ich auf
Widerstand von Bens Seite stoßen. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, dort ein
exklusives Urlaubszentrum zu bauen, so wie Poipu Beach. Hat schon Vermessungen
anstellen und Pläne zeichnen lassen. Das Projekt hegt momentan auf Eis, weil
Matt dagegen ist, aber sobald er hört, was ich mit dem Land vorhabe, wird er
schnell auf Bens Linie einschwenken. Bis ich mir überlegt habe, wie ich am
besten mit den beiden umgehe, will ich die Pläne für mich behalten.«
»Das ist vernünftig.«
Eine Welle krachte gegen das Riff, und
Peter zuckte zusammen. Vermutlich dachte er an die Wellen, die seine Mutter
verschlungen hatten — so wie ich an die Wellen dachte, denen der Mann bei der
Zuckermühle zum Opfer gefallen war. Das Dunkel dieser Nacht war erfüllt von
Tragik. Tragik und Absurdität...
»Peter«, sagte ich. »Ich muss Sie etwas
fragen. Gestern Morgen, nach dem Schuss bei der Höhle, da haben Sie etwas oder
jemanden in dem Wäldchen drüben auf der anderen Straßenseite gesehen.«
Er guckte überrascht und trat
unbehaglich von einem Bein aufs andere. »Ich sagte doch schon —«
»Ich weiß, was Sie gesagt haben, aber
wenn ich für Sie arbeiten soll, muss ich die Wahrheit wissen.«
»Ich...« Er seufzte. »Okay, aber das
klingt bestimmt verrückt. Da stand... ich dachte, da stünde mein Vater,
mit einer Zigarette in der Hand. Verstehen Sie jetzt, warum ich’s nicht sagen
wollte?«
Nachdem wir einen Vertrag unterzeichnet
hatten und Peter aufgebrochen war, ging ich zum Schlafzimmer und schaute
hinein. Hy schlief schon, er atmete tief. Auch gut, dachte ich, als ich mich
wieder abwandte. Ich war nicht allzu optimistisch, was seine Reaktion darauf
anging, dass ich die Ermittlungen fortführen würde.
In der Küche goss ich mir ein Glas Wein
ein und nahm es mit auf den Lanai zur Landseite hin, wo das
Brandungsgeräusch gedämpft klang. Ich zündete ein paar Kerzen an, setzte mich
in einen Deckstuhl und trank. Und dachte über das nach, was Peter gesagt hatte.
Ich glaubte nicht, dass er wirklich seinen
Vater unter den Eisenbäumen gesehen hatte. Er hatte die Gestalt nur kurz
gesichtet, ehe ich ihn zu Boden gerissen hatte, und Wahrnehmungen unter
plötzlichem Stress sind notorisch unzuverlässig. Seine Gedanken hatten die
ganze letzte Zeit um Elson Wellbright gekreist; das allein genügte schon, um
eine visuelle Erinnerung zu provozieren. Seine Pläne zur Wiederbelebung der
siechen Wirtschaft hier auf Kauai und seine Befürchtungen in Bezug auf Matthew
und Ben klangen dagegen durchdacht und authentisch. Da er jedoch niemandem
davon erzählt hatte, konnte das nichts mit den Attacken auf das Filmteam zu tun
haben.
Die Kerzen rußten und flackerten. Ich
beobachtete, wie sie verloschen. Dann hob ich den Blick und sah auf die Palis —
schartige Zinnen vor dem sternenfunkelnden Himmel. Dachte daran, wie ich mit
Tanner über sie hinweggeflogen war.
Und das war das Thema, dem ich auswich:
Tanner. Dieser Mann, in seiner Mittlerposition zwischen Vergangenheit und
Gegenwart, faszinierte mich. In seinen Adern floss das Blut der Ureinwohner. In
seinem Bewusstsein lebten die Mythen und Geschichten von Jahrtausenden fort.
Wie konnte jemand so mit der Geschichte seines Volkes verbunden sein? Ich hatte
ein Achtel Shoshonen-Blut, von meiner Urgroßmutter. Ich sah sogar aus wie diese
Mary McCone, aber ich spürte keinerlei emotionale Beziehung zu ihrer
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