Spiel mit dem Tod (German Edition)
Verheiratet, eine Tochter. Und dies ist die erste Aufnahme. Äh … die erste Aufnahme, die ich jemals von mir gemacht habe. Weitere werden folgen. Ich habe mich heute entschieden, Selbstmord zu begehen. Aber ich muss noch verschiedene Dinge regeln. Deshalb wird es ein Selbstmord auf Raten. Da ich kein Tagebuch schreiben will, werde ich Schritt für Schritt meine Gedanken hier vor laufender Digitalkamera aufzeichnen. Damit im Nachhinein niemand auf die Idee kommt, dass diese Aufnahmen gestellt sind, zeige ich Ihnen die heutige ‹Basler Zeitung›. Es ist jetzt der 20. April 2006. Mein Plan sieht vor, dass ich mich in rund einem Jahr, am 25. Mai 2007, vom Dach meines Arbeitsortes stürzen werde. Bis zu diesem Zeitpunkt werde ich alle meine Schritte aufzeichnen. Der 25. Mai hat für mich eine besondere Bedeutung. An diesem Tag lernte ich meine Frau Christina kennen. Und an diesem Tag werde ich unserer Beziehung ein Ende setzen. Es gibt viele Gründe für meine Entscheidung. In meinen nächsten Aufzeichnungen werde ich diese mitteilen. Ich befinde mich jetzt auf dem letzten Stück meines Lebenswegs und ich hoffe, dass ich nicht davon abkomme. Es muss sein.»
Rost wurde von einem heftigen Weinkrampf geschüttelt, der einige Minuten dauerte.
«Es muss sein. Ich halte es nicht mehr aus. Dieses schreckliche Leben soll endlich ein Ende haben. Das war meine erste Aufnahme»
, schluchzte er zum Abschluss.
Ferrari schenkte sich zitternd einen weiteren Cognac ein. Denise Grieder nahm ihm die Flasche sanft aus der Hand und goss nach.
«Das … so etwas habe ich noch nie gesehen!»
«Eine unglaubliche Geschichte und eine absolute Sensation! Er erzählt den Ablauf seines Selbstmordes. Ein dokumentierter Selbstmord auf Raten nach einem genauen Zeitplan. Das ist einmalig in der Geschichte des Fernsehens!»
«Hören Sie augenblicklich damit auf!», zischte Nadine.
«Aufhören? Im Gegenteil, jetzt beginnt es erst. Der Zufall liess uns im richtigen Augenblick beim Zollgebäude auftauchen. Wir und sonst niemand filmten den Sprung in den Tod. Und jetzt schickt uns ein Unbekannter die Bekenntnisse des Selbstmörders zu. Das ist wie ein Sechser im Lotto!»
«Ist sonst noch etwas auf dem Band drauf?», fragte der Kommissär.
«Nein, absolut nichts. Sie können es gerne mitnehmen. Wir haben mehrere Kopien gezogen. Ich bestehe sogar darauf, dass Sie es mitnehmen und untersuchen.»
«Weshalb?»
«Damit Sie die Echtheit bestätigen können. Wir sind ab sofort Partner.»
Der Kommissär machte ein langes Gesicht und zog die Augenbrauen in die Höhe.
«Ah ja? Eine höchst unheilige Allianz, wie mir scheint.»
«Komm schon, Ferrari. Machen Sie mir nichts vor. Sie suchen nach der Wahrheit. Innerlich sind Sie überzeugt, dass Rost umgebracht wurde.»
«Wieso glauben Sie das?»
«Sonst würden Sie nicht Tage damit vergeuden, all seine Bekannten abzuklappern. Sie riechen einen Mord. Und Sie haben eine verdammt gute Spürnase.»
«Und wenn es so wäre?»
«Dann sollten Sie Ihrem Instinkt folgen. Ich meinerseits bin davon überzeugt, dass der Kerl, ein Spinner, ein Weichei, vom Dach gesprungen ist, weil er nicht mehr mit dem Leben fertig wurde. Also meine Selbstmordtheorie gegen Ihre Mordtheorie!»
«Was soll das? Wieso sind Sie so versessen darauf, mit uns einen Deal zu machen?»
«Simpel einfach! Wer garantiert mir, dass ich an die nächsten DVDs rankomme? Finden Sie die Person, welche die restlichen Aufnahmen hortet. Wir unterstützen Sie, so gut wir können. Im Gegenzug garantieren Sie mir, dass ich lückenlos an das gesamte Filmmaterial rankomme.»
«Und wenn wir damit nicht einverstanden sind?»
«Dann war dies der erste und letzte Streich. Sollten wir weitere DVDs erhalten, tja, da kann ich Ihnen allerdings nicht garantieren, dass ich Sie immer sofort informiere. Ich bin ja so vergesslich.»
Sie klimperte mit den Augen und grinste frech.
«Zeigen Sie mir einmal die Verpackung, in der Sie die DVD erhalten haben.»
Sie kramte im Papierkorb.
«Hier ist das gute Stück.»
Der Versandkarton trug den Stempel der Poststelle Basel 2. Er gab den Schuber Nadine. Sie strich die Briefmarke glatt und schaute sie genauer an.
«Die DVD wurde praktisch vom Haus gegenüber aufgegeben.»
«Und was bedeutet das?», fragte Denise Grieder.
«Es könnte dafür sprechen, dass einer seiner Kollegen die DVD aufgegeben hat. Es kann aber auch irgendjemand gewesen sein.»
«Eigentlich pervers!»
«Eine komische Bemerkung aus Ihrem Mund. Sie
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