Spiel mit dem Tod (German Edition)
wenige Zentimeter an ihn herangekommen. Beinahe hätte ich ihn zurückziehen können.»
«Wollten Sie das überhaupt?»
Nadine starrte Denise Grieder an.
«Ganz langsam, Schätzchen. Keine Unterstellungen, wenn ich bitten darf. Natürlich wollte ich ihn am Sprung hindern. Ob er springt oder nicht war in diesem Augenblick gar nicht so wichtig. Wir hatten in jedem Fall eine super Story. Eine Sensation. Wobei …»
«Ja?»
«Mit der DVD in der Tasche ist es jetzt natürlich besser, dass er gesprungen ist. Fürs Geschäft meine ich.»
«Das ist so was von geschmacklos, Frau Grieder!»
Nadine war ganz blass im Gesicht.
«Nur die Realität, Frau Kupfer. Nur die Realität. Mit der ersten Aufzeichnung und den hoffentlich noch nachfolgenden DVDs sind wir dick im Geschäft.»
«Was sagte Hans Rost zu Ihnen?», wollte Ferrari wissen.
«Nicht viel. Er habe genug gelitten und seine Familie auch, wegen ihm. Es sei alles geordnet, er könne guten Gewissens in eine bessere Welt eingehen. Irgendwelchen pathetischen Mist, Schwachsinn eines kranken Hirns!»
«Und dann ist er hinuntergesprungen.»
«Er schwafelte noch etwas wie ‹Ich fliege jetzt auf Engelsflügeln in eine bessere Zukunft›. Und bevor ich ihn zu fassen kriegte, schwupps, da flog er auch schon los.»
Ferrari war ab so viel Gefühlskälte und Menschenverachtung sprachlos. Grieder schlug mit der rechten Faust auf den Tisch.
«Dabei fehlten zum Schluss nur einige Zentimeter. Wahrscheinlich hätte mich der Trottel noch mit in den Abgrund gezogen. Stellen Sie sich vor?!»
«Wäre kein grosser Verlust gewesen!», murmelte Nadine.
«Vielen Dank für Ihr Mitgefühl, Frau Kupfer. Mein Gehör funktioniert tadellos.»
«Sie und Stalder, ihr zwei seid die zynischsten Menschen, die mir je begegnet sind.»
Nadine blickte angewidert zu Ferrari.
«Dann sind Ihnen noch nicht allzu viele Menschen begegnet, Schätzchen. Wir sind nur Durchschnitt. Vielleicht auf unsere Art sogar ehrlicher als ihr ach so guten Menschen.» Für einen Augenblick liess sie ihre Maske fallen und fuhr fort: «Was seid ihr nur alle für heuchlerische Bastarde! Das Leben ist ein Dschungel. Friss oder du wirst gefressen. So einfach. Ich fresse lieber, als aufgefressen zu werden. Und wenn ein Irrer wie Rost vom Dach springen will, weil er es einfach nicht mehr schafft, dann soll er es tun. Die Welt hat einen Psycho weniger. Gut so. Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich und frei in seinem Handeln. Ich masse mir nicht an, Gott zu spielen. Rost ist nun in einer besseren Welt. Zumindest glaubte er daran. Was mich betrifft, ich habe mein Möglichstes getan und nutze meine Chance. Das ist absolut legitim. Stalder und ich werden einen Hit landen. Ich werde bald, sehr bald berühmt sein und die Medienwelt wird zu meinen Füssen liegen. Grosse Aufträge werden folgen, nicht mehr Kleinkram wie Nachbarsstreitigkeiten am Maschendrahtzaun und weiss Gott was sonst noch. Nein, wir sind einen Schritt weiter. Sozusagen mit einem Sprung …»
Der Kommissär hatte genug gehört. Definitiv. Das war mehr, als der gute Geschmack zuliess. In ziemlich aufgewühltem Zustand betrat er mit Nadine den Lift.
«Tschüss, Partnerchen! Bis bald!», hörte er eine Stimme flöten. Bin ich denn total von der Rolle? Verfolgt mich jetzt schon die Stimme von Denise Grieder? Ferrari rieb sich den Nacken. Dann sah er den Lautsprecher, aus der die verführerische Schlange zu ihm gesprochen hatte.
«Dummes, arrogantes Miststück!»
Nadine musste ihrem Ärger und ihrer Empörung Luft machen.
«Dumm ist sie nicht, Nadine.»
«Und du lässt dich von ihr einlullen. Nur, weil sie schöne Kurven und ein hübsches Gesicht hat. Ihr Männer seid doch alle gleich.»
«Der Cognac war ausgezeichnet!»
Ferrari kicherte auf den Stockzähnen.
«Schöner Polizist!»
«Willst du mir auf offener Strasse eine Szene machen oder können wir die Emotionen mal für einen kurzen Augenblick zur Seite legen?»
«Bitte, ganz wie der Herr Kommissär wünschen.»
«Weshalb regst du dich eigentlich so auf?»
«Weil ich diese dreiste Schnepfe nicht ertrage. Sie ist überheblich und hat vor nichts Respekt. Eine Leichenfledderin.»
«Da stimme ich dir zu. Und was sagst du zur Videoaufnahme?»
«Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte und keine Kenntnis der Vorgeschichte hätte, würde ich es nicht glauben. Nie und nimmer. Dann würde ich vermuten, dass die Grieder die Aufnahme gefälscht hat, um einen Hit zu landen.»
«Das glaubst
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