Spiel mit dem Tod
bitte?“
„Sie und ihr ehemaliger Partner. Als Co-Autoren könnten Sie beide den Titel des Supreme White Rabbit tragen.“
„Das könnte so sein. Allerdings lebt er nicht mehr.“
„Er lebt nicht mehr?“ wiederholte sie. „Wie lange schon?“
Er dachte kurz nach. „Seit ungefähr drei Jahren. Er ist umgekommen, bevor wir hierher zogen. Von einer Klippe an der Monterey-Küste gestürzt.“
Stacy schwieg einen Moment. „Spielen Sie das Spiel, Mr. Noble?“
„Nein. Ich habe schon seit Jahren an keinen solchen Spielen mehr teilgenommen.“
„Darf ich fragen, warum?“
„Hab das Interesse verloren. Bin rausgewachsen. So wie alles, was man exzessiv betreibt, gibt es einem keinen Kick mehr.“
„Also haben Sie sich den Kick woanders geholt.“
Er grinste sie breit an. „So etwas in der Art.“
„Haben Sie Kontakt zu irgendwelchen Spielern hier?“
„Nein.“
„Haben sich einige von denen an Sie gewandt?“
Er zögerte. „Nein.“
„Sie scheinen sich nicht so sicher zu sein.“
„Doch, das ist er“, mischte sich Kay ein und blickte demonstrativ auf ihre Uhr. Stacy sah die aufblitzenden Diamanten. „Tut mir Leid, dass ich das Gespräch jetzt abbrechen muss.“ Sie stand auf. „Aber Leo kommt sonst zu spät zu seinem Treffen.“
„Natürlich.“ Stacy erhob sich ebenfalls und steckte den Notizblock zurück in die Jackentasche.
Sie begleiteten sie zur Tür. Als sie draußen war, drehte sie sich noch einmal um. „Nur noch eine letzte Frage, Mr. Noble. In einigen Artikeln, die ich gelesen habe, wurde behauptet, dass ein Zusammenhang zwischen Fantasy-Spielen und Gewalttätigkeit besteht. Glauben Sie das auch?“
Auf den Gesichtern der beiden erschien ein merkwürdiger Ausdruck. Leonardos Lächeln verschwand zwar nicht, doch wirkte es mit einem Mal gezwungen.
„Nicht die Waffentöten. Menschen, Detective Killian. Sondern die Menschen töten Menschen. Das ist meine Überzeugung.“
Seine Antwort schien lange eingeübt, zweifellos hatte man ihm diese Frage schon sehr oft gestellt. Sie hätte gern gewusst, wann er begonnen hatte, an der Richtigkeit seiner Antwort zu zweifeln.
Stacy bedankte sich und ging zu ihrem Wagen. Als sie davor stand, drehte sie sich um. Die beiden waren bereits wieder im Haus verschwunden. Merkwürdig, fand sie. Irgendwas fand sie an den beiden höchst seltsam.
Sie starrte einen Moment auf die geschlossene Tür, dachte über die eben geführte Unterhaltung nach und überlegte, was sie davon halten sollte.
Sie glaubte nicht, dass die beiden gelogen hatten. Allerdings war sie sicher, dass sie auch nicht mit der vollen Wahrheit herausgerückt waren. Stacy schloss die Autotür auf und setzte sich hinters Steuer. Aber warum?
Das würde sie versuchen herauszufinden.
11. KAPITEL
Donnerstag, 3. März 2005
11:00 Uhr
Spencer beobachtete aus dem hinteren Teil des Newman Religious Centers, wie die Freunde von Cassie Finch und Beth Wagner der Reihe nach die Kirche verließen. Die ökumenische Kapelle auf dem Gelände der UNO sah, wie alle anderen Gebäude hier, schrecklich zweckmäßig aus. Zudem war sie zu klein, um die vielen Leute aufzunehmen, die Cassie und Beth die letzte Ehre erweisen wollten.
Spencer kämpfte gegen die bleierne Müdigkeit an. Er hatte den Fehler begangen, sich am Abend vorher mit ein paar Freunden im Shannon’s zu treffen. Eins hatte zum anderen geführt, und er war erst um zwei Uhr aus der Kneipe gekommen.
Heute zahlte er dafür. Und das nicht zu wenig.
Er zwang sich, einen genaueren Blick auf die Gesichter zu werfen. Stacy Killian, mit starrem Gesichtsausdruck, begleitet von Billie Bellini. Die Mitglieder von Cassies Spielgruppe, alle, mit denen er gesprochen hatte, Beths Freund und Familie. Und Bobby Gautreaux.
Das fand er interessant. Sehr interessant.
Der Junge hatte vor ein paar Ta gen den Coolen gespielt, jetzt bot er ein Bild der Verzweiflung.
Verzweifelt, weil es ihm jetzt an den eigenen Kragen ging, keine Frage.
Die Durchsuchung seines Wagens und der Wohnung hatte keine direkten Hinweise ergeben – bisher. Die Jungs vom Labor arbeiteten sich immer noch durch Hunderte von Fingerabdrücken und Spuren, die sie vom Tatort mitgenommen hatten. Er hatte Gautreaux nicht aufgegeben. Der Knabe war bisher das Beste, was er hatte.
Vom anderen Ende des Raumes fing er den Blick von Mike Benson, seinem Kollegen, auf. Spencer nickte Benson unauffällig zu und stieß sich von der Wand ab. Er folgte den Studenten hinaus in den hellen, kühlen
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