Spiel mit dem Tod
Tag.
Tony war während der Andacht draußen vor dem Eingang postiert gewesen. Polizeifotografen hatten sich mit Teleobjektiven aufgestellt, um die Gesichter der Trauernden aufzunehmen, Dokumente, die ihnen später vielleicht einige Hinweise geben könnten.
Spencer ließ den Blick über die Gruppe schweifen. Falls es doch nicht Gautreaux gewesen war, hatte sich der Killer unter die Leute gemischt? Sah er sich alles an? Verbarg er seine Aufregung, während er Cassies Tod noch einmal durchlebte? Oder amüsierte er sich? Lachte er sie alle aus, gratulierte er sich zu seiner Durchtriebenheit?
Er konnte nichts entdecken. Nicht das Geringste. Niemand in der Trauergemeinde verhielt sich besonders auffällig. Keiner machte den Eindruck, als gehörte er dort nicht hin. Frust machte sich in ihm breit. Ein Gefühl von totaler Unzulänglichkeit. Unfähigkeit.
Verdammt, er wollte diese Verantwortung nicht tragen. Er hatte das Gefühl zu ersticken.
Stacy löste sich aus der Gruppe ihrer Freunde und kam auf ihn zu. Er nickte zur Begrüßung. „Guten Morgen, Expolizistin Killian.“
„Heben Sie sich Ihren Charme für jemand anders auf, Malone. Auf mich ist er verschwendet.“
„Tatsächlich, Ms. Killian? Hier nennt man so was gutes Benehmen.“
„In Texas nennen wir so was Schwachsinn. Ich weiß, warum Sie hier sind, Detective. Ich weiß, wonach Sie suchen. Irgendjemand Auffälliges?“
„Nein. Aber ich kannte bisher nicht alle Freunde von ihr. Ist Ihnen jemand ins Auge gefallen?“
„Nein.“ Sie seufzte frustriert. „Außer Gautreaux.“
Er folgte ihrem Blick. Der junge Mann stand außerhalb der Gruppe von Freunden. Der Mann neben ihm war sein Anwalt, wie Spencer wusste. Auf Spencer wirkte es so, als müsste der Junge sich alle Mühe geben, um traurig auszusehen.
„Ist das sein Anwalt, der neben ihm steht?“ fragte sie.
„Ja.“
„Ich dachte, die kleine Ratte wäre im Gefängnis.“
„Wir haben nicht genug Beweise, um ihn zu verhaften. Aber wir arbeiten dran.“
„Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“
„Ja. Wir warten immer noch auf die Berichte aus dem Labor.“
Sie hatte sich mehr erhofft, vielleicht die Tatwaffe oder irgendein anderer untrüglicher Hin weis. Sie blickte zu Gautreaux hinüber, dann wieder zu Spencer. Er sah, dass sie wütend war. „Er trauert nicht“, sagte sie. „Er tut so, als wäre er völlig fertig, aber das ist er nicht. Das macht mich sauer.“
Er legte ihr die Hand auf den Arm. „Wir werden nicht aufgeben, Stacy, das verspreche ich Ihnen.“
„Glauben Sie wirklich, das würde mich beruhigen?“ Sie sah weg, dann wandte sie sich ihm wieder zu. „Wissen Sie, was ich den Hinterbliebenen und Freunden der Opfer immer erzählt habe? Dass ich nicht aufgeben würde. Das habe ich versprochen. Aber das war Blödsinn. Denn es gab immer noch einen anderen Fall, ein anderes Opfer.“
Sie beugte sich zu ihm, ihre Augen glänzten von ungeweinten Tränen. „Diesmal werde ich wirklich nicht aufgeben“, erklärte sie ihm mit belegter Stimme.
Dann drehte sie sich um und ging. Er konnte nicht anders, er sah ihr bewundernd nach. Sie war hart im Nehmen, daran bestand kein Zweifel. Ein bisschen zu entschlossen. Aggressiv. Auf eine Art anmaßend, wie es wenige Frauen waren, hier sowieso.
Und scharfsinnig. Das musste er ihr zugestehen.
Spencer kniff die Augen leicht zusammen. Vielleicht auch scharfsinniger, als gut für sie war.
Tony kam zu ihm herübergeschlendert. Er folgte Spencers Blick. „Hast du was von der stacheligen Ms. Killian bekommen?“
„Außer Kopfschmerzen? Nein.“ Er blickte seinen Partner erwartungsvoll an. „Wie sieht es bei dir aus? Irgendjemand aufgefallen?“
„Nichts da. Aber das bedeutet nicht, dass der Mistkerl nicht hier war.“
Spencer nickte und wandte sich wieder zu Stacy um. Sie stand neben Cassies Mutter und Schwester. Sie hielt die Hand der älteren Frau und lehnte sich vertraulich zu ihr vor. Sie sagte etwas zu ihr, ihr Gesichtsausdruck wirkte fast wütend.
Er drehte sich wieder zu seinem Kollegen um. „Wir sollten Stacy Killian im Auge behalten.“
„Meinst du, dass sie uns etwas vorenthält?“
Das glaubte er nicht. Aber er war überzeugt, dass sie in der Lage und entschlossen genug war, Informationen zu bekommen, die sie benötigten. Und das könnte Aufmerksamkeit erregen. Bei den falschen Leuten. „Ich glaube, sie ist gerissener, als gut für sie ist.“
„Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Sie könnte vielleicht sogar den
Weitere Kostenlose Bücher