Spiel mit der Liebe
ständig?«
»Was denn, Euer Ladyschaft?«
»Genau das. Warum nennen Sie mich Euer Ladyschaft?«
»Weil Sie das sind. Oje. Der Brief hat Sie sicher nicht mehr erreicht, ehe Sie abgereist sind. Oje.« Er reckte sich zu seiner vollen Größe. »Es ist meine traurige Pflicht, Sie davon zu unterrichten, dass der sechste Herzog von Rathmore nach einem Jagdunfall gestorben ist. Ihr Ehemann ist der neue Herzog von Rathmore.«
In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken. Ihre Brust wurde plötzlich ganz eng. »Der Herzog ist tot?« Sie hatte Clays Vater sehr gemocht. Er hatte sie immer wieder unterstützt, wenn alle anderen sie verdammt hatten.
»Es tut mir schrecklich Leid, Euer Ladyschaft.«
Kitt schüttelte den Kopf, sie konnte diese Neuigkeit kaum glauben. »Das verstehe ich nicht. Selbst wenn Rathmore tot ist, so ist doch Richard der Erbe und nicht Clay.«
»Ich fürchte, ich kenne die Gründe dafür auch nicht. Aber ich bin sicher, Ihr Ehemann wird sie Ihnen erklären.«
Sie schluckte. Clay war ein Herzog - und nicht nur irgendein Herzog - sondern Rathmore. Das Vermögen, das zum Herzogtum Rathmore gehörte, machte ihn zu einem der reichsten Männer in England.
Der kleine Hoffnungsschimmer in ihrer Brust verschwand. Wenn sie geglaubt hatte, einen Kampf vor sich zu haben, dann konnte Clay mit der Macht und dem Reichtum, über die er jetzt verfügte, alles haben, was er wollte. Wie konnte sie ihn da zurückgewinnen?
Kitt leckte sich über ihre trockenen Lippen und versuchte, ihrer Stimme einen lässigen Klang zu geben. »Wo ist er?«
»Ich fürchte, er ist heute Abend ausgegangen. Ich glaube, er ist auf der Soiree von Lord Whitelawn.«
Kitt nickte. Sie würde warten müssen, bis er nach Hause kam, ehe sie mit ihm reden konnte. Ein Teil von ihr war enttäuscht, ein anderer Teil erleichtert. Sie brauchte ihm nicht gegenüberzutreten. Noch nicht.
Auf der anderen Seite, wie würde sie es ertragen können, noch einen Augenblick länger zu warten?
Sie ging nach oben, um sich umzuziehen, und stellte fest, dass Tibby bereits beim Auspacken war.
»Er ist ein Herzog«, meinte Tibby voller Verwunderung.
»Neuigkeiten verbreiten sich schnell.«
»Er ist auf der Soiree von Lord Whitelawn.«
»Das habe ich gehört.«
»Ich denke, Sie sollten zu ihm gehen, Mylady - ich meine, Euer Ladyschaft.«
Sie warf Tibby einen schnellen Blick zu. Es fiel ihr schwer, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie jetzt eine Herzogin war.
»Es ist schon spät, und ich bin müde. Ich kann ihm ganz unmöglich heute Abend gegenübertreten.« Aber der Gedanke ließ sie nicht mehr los. Es war verrückt. Sie war erschöpft bis auf die Knochen, und nach beinahe drei Wochen auf dem Meer sah sie absolut entsetzlich aus. Dennoch - vielleicht kam er erst in der Morgendämmerung nach Hause, und sie war so weit gereist, hatte ihn so sehr vermisst. Und es bestand überhaupt keine Möglichkeit, dass sie schlafen konnte, ehe sie ihn nicht gesehen hatte.
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht hingehen wollen?«, drängte Tibby, die ihre Gedanken nur zu deutlich gelesen hatte.
Kitt holte unsicher Luft. »Was sollte ich denn anziehen? Ich habe doch gar nichts ...«
Ehe sie noch zu Ende gesprochen hatte, war Tibby schon zu dem Schrank auf der anderen Seite des Schlafzimmers gelaufen. Ein paar Minuten später kam sie mit einer ganzen Anzahl Kleider zurück, die Kitt nicht mitgenommen hatte, als sie abgereist war. Eines davon hob sich von den anderen ab, ein smaragdgrünes Seidenkleid, auf dem goldene Perlen glitzerten, ein unglaublich schönes Kleid, das Clay für sie ausgesucht hatte. Vielleicht war das der Grund dafür, dass sie es nicht mitgenommen hatte.
»Ich brauche ein Bad«, meinte sie. »Und ich hätte gern eine Tasse Tee.« Ein Glas Brandy wäre wahrscheinlich besser, aber das wagte sie nicht. Sie brauchte einen klaren Verstand, wenn sie mit Clay sprach.
Als ihre Kutsche schließlich vor der Tür wartete und sie bereit war für die Soiree bei den Whitelawns, war es schon später Abend. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie zornig Clay sein würde, wenn er sie sah. Sie hatte schreckliche Angst vor der Szene, die er vielleicht machen würde, aber die Chancen standen gut, dass er einen Skandal genauso wenig wollte wie sie selbst.
Was auch immer geschah, in einem Raum voller Menschen würde er sie wahrscheinlich nicht vollkommen missachten.
Der Herbst hatte begonnen, die Landschaft zu verändern. Das Wetter war kühl, ein feuchter Wind blies vom
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