Spiel mit der Liebe
einen Titel zu bekommen.«
»Aber das schadet nie. Eine Frau braucht Sicherheit. Die kann Rathmore dir geben und noch vieles mehr.«
Judith sah sich in dem Salon um, sie schien ein wenig überrascht von der geschmackvollen, eleganten Einrichtung. »Wann wirst du in den Herzogsitz umziehen?«, wollte sie wissen.
»Darüber haben wir noch nicht gesprochen.« In der Tat war ihr der Gedanke nie gekommen. Sie war zufrieden, in dem Stadthaus zu leben. Sie brauchte kein Herrenhaus. Ihr Magen hob sich plötzlich. Was sollte sie tun, wenn Clay nun nach Rathmore Hall zog und sie im Stadthaus allein ließ? In den Adelskreisen lebten viele Männer und Frauen getrennt.
Judith seufzte ein wenig. »Ich könnte mir vorstellen, dass du sofort umziehen möchtest. Terrance und ich waren im letzten Jahr zu einem Ball im Hause des Herzogs eingeladen. Der Palast ist herrlich.«
Ihr Vater winkte ungeduldig ab. »Ja, ja, ich bin sicher, sie werden schon bald umziehen«, meinte er, offensichtlich zufrieden mit sich selbst, weil er sie zu dieser Heirat gezwungen hatte.
In diesem Augenblick klopfte Henderson an die Tür. Er betrat das Zimmer mit einem schweren silbernen Tablett, das er auf den Hepplewhite-Tisch vor dem Sofa stellte. Sobald er wie-der gegangen war, griff Kitt nach der Kanne und goss den Tee in die goldverzierten Porzellantassen und versuchte, sich nicht zu schuldig zu fühlen, weil sie wünschte, der Besuch würde bald wieder gehen.
Als sie ein Stück Zucker in die Tasse ihres Vaters gab und dann umzurühren begann, kam ihr ein eigenartiger Gedanke, ein Gedanke, über den sie schon ein paar Mal nachgedacht hatte, als sie in Italien war, und dann immer wieder seit ihrer Rückkehr nach London.
»Ich habe mich gefragt, Vater ... in der Nacht, in der ich mit Clay von Anna nach Hause kam ... woher hast du gewusst, dass ich draußen im Garten war? Dein Schlafzimmer liegt doch im vorderen Teil des Hauses. Das ist ein ganzes Stück entfernt, und wir haben nicht sehr viel Lärm gemacht.«
Er grinste, und kleine Fältchen bildeten sich in seinen Augenwinkeln. »Ich habe mich schon gefragt, wie lange du wohl brauchen würdest, um es herauszufinden. Aber ich wusste, dass du mich früher oder später danach fragen würdest. Du bist vielleicht ein wenig durchgedreht wie deine Mutter, aber du warst schon immer ein kluges kleines Mädchen.«
»Und was bedeutet das ...?«
»Das bedeutet, dass es kein Zufall war. An diesem Nachmittag war Clayton bei mir. Er hat mir gesagt, was er vorhatte -dass er glaubte, du würdest dich aus dem Haus schleichen, um den Kosaken zu sehen, selbst wenn ich es dir verbieten würde. Wenn er dich nach Hause bringen würde, meinte er - wenn ihr beide allein wärt, ohne eine Anstandsdame -, dann wäre dein Ruf befleckt, und ihr beide würdet gezwungen sein, zu heiraten. Er hat mich um meine Hilfe gebeten und um meine Zustimmung. Ich war von Herzen einverstanden.«
Er grinste noch breiter als zuvor. »Du bist mit einem Herzog verheiratet, mein Mädchen, und das alles verdankst du mir.«
Einen Augenblick lang saß Kitt nur da, benommen. Ein Dutzend verschiedener Gefühle stiegen in ihr auf - Zorn auf Clay, weil er sie hintergangen hatte, ein Gefühl des Betruges, weil ihr Vater zu einem solch extremen Mittel gegriffen hatte, nur um sie loszuwerden, Wut, dass sich alle gegen sie verschworen hatten. Doch schon im nächsten Augenblick wurden diese Gefühle ausgelöscht durch eine erstaunliche Tatsache:
Wenn Clay sie nicht ihres Geldes wegen geheiratet hatte und nicht, weil er dazu gezwungen gewesen war, dann musste er sie gewollt haben.
Er hatte nie einen Hehl aus seinem Verlangen nach ihr gemacht. Aber das Verlangen nach einer Frau wäre für einen Mann wie Clay nicht genug. Vielleicht hatte er sie schon damals auf eine gewisse Art geliebt.
Hoffnung blühte in ihr auf, mit einer überraschenden Heftigkeit. Und Schuldgefühl und schreckliche, erdrückende Angst.
Wenn er sie geliebt hatte, dann hatte sie ihn noch viel schlimmer verletzt, als sie sich das vorgestellt hatte. Lieber Gott, wie würde sie ihn je davon überzeugen können, ihr zu verzeihen.
»Kassandra ...? Geht es dir gut?« Judiths blaue Augen betrachteten sie besorgt.
Kitt nickte und bemühte sich, Luft zu holen. »Ich ... es geht mir gut.« Sie nippte an ihrem Tee und bemühte sich, die Tasse in ihren zitternden Händen zu halten. »Es war nur die Überraschung, das ist alles.« Es gelang ihr sogar, ihren Vater anzulächeln. »Du bist sehr
Weitere Kostenlose Bücher