Spiel mit der Liebe
lassen wollen, nach der neuesten Mode, aber ihr Vater hatte vehement widersprochen, und sie hatte ihn sowieso schon viel zu sehr verärgert.
Und in Wahrheit war ihr langes, lockiges Haar, in tiefem, lebhaftem Rot, ihr weiblichstes Attribut, und sie war eitel genug, um die anerkennenden Blicke zu genießen, die ihre widerspenstigen Locken ihr einbrachten.
Pünktlich um acht Uhr verließ sie das Schlafzimmer und ging nach unten. Die anderen hatten sich schon in dem byzantinischen Salon versammelt, einem herrlichen Zimmer, ganz in Schwarz und Gold eingerichtet, mit Bildern vom Himmel, die an die Decke gemalt waren. Sie entdeckte Ariel und Justin, die neben Lord und Lady Oxnard standen, die ganz in der Nähe wohnten. Harcourt unterhielt sich mit einem Mann, den sie als Bradford Constantine kannte, den Marquis von Landen, ein Bekannter ihres Vaters.
Ariel entdeckte sie und lächelte, als Kitt auf sie zukam. »Kassandra, du siehst bezaubernd aus.« Ariel nahm ihre beiden Hände, beugte sich zu ihr und flüsterte in ihr Ohr: »Wer würde schon glauben, dass du der gleiche junge Mann bist, der heute am frühen Morgen in staubiger Reisekleidung hier angekommen ist?«
Kitt lachte. »Niemand, hoffe ich.« Aber Harcourt würde es natürlich wissen. Ihr Blick glitt in seine Richtung, und sie sah, dass er sie beobachtete. Goldbraune Augen musterten sie von
Kopf bis Fuß, und sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. Er dachte an ihre Begegnung, das wusste sie, er erinnerte sich daran, wie sie in Hosen und Stiefeln ausgesehen hatte, und ein Anflug von Zorn stieg in ihr auf.
Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu, dann wandte sie sich zu Ariel, als diese sie am Arm zupfte. »Komm mit mir. Ich habe eine Überraschung für dich.«
Als ihre Freundin sie zu der kleinen Gruppe führte, die sich um den großen, dunkelhaarigen Grafen von Greville versammelt hatte, entdeckte sie einen ihr wohl bekannten Blondschopf, den sie bis jetzt noch gar nicht bemerkt hatte. Als die Frau, der diese blonden Haare gehörten, aufblickte und lächelte, stieß Kitt einen wenig damenhaften Schrei aus und lief auf sie zu.
»Anna!« Lachend ließ sie sich von ihrer Freundin umarmen.
»Cara, ich bin so froh, dich zu sehen.« Anna Falacci, Contessa di Loreto, war acht Jahre älter als Kitt. Sie war eine schlanke Frau, ihr dichtes Haar von einem goldenen Blond war modisch kurz geschnitten, ihre Gesichtszüge so fein, dass sie der Traum eines jeden Malers waren. Doch es war ihr warmes, liebevolles Herz, das sie zu Freundinnen gemacht hatte. »Ich habe dich so vermisst, während du weg warst.«
»Himmel, ich habe dich auch vermisst.« Sie hatten sich im letzten Jahr in Italien kennen gelernt, als Kitts Vater sie für einige Monate zu ihrer Cousine verbannt hatte. Emily Wentworth Wilder und Anna waren Freundinnen, ihre Villen lagen im Süden von Rom nicht weit voneinander entfernt. Dort im Palazzo di Loreto hatte Kitt eine verwandte Seele entdeckt - und hatte festgestellt, dass Anna nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich schön war.
»Wann bist du zurückgekommen?«, fragte Kitt aufgeregt. »Ich habe geglaubt, du seist noch immer in Italien. Deine Urgroßmutter - ist sie ... ?«
»Es ist traurig, meine Nonna ist gestorben. Aber sie hatte ein wundervolles, glückliches Leben gehabt, und ihre Kinder waren bei ihr, um sich von ihr zu verabschieden. Jetzt ist sie bei ihrem Ehemann, den sie mehr als vierzig Jahre lang geliebt hat.«
Kitt lächelte. Anna hatte so eine Art, immer die schönere Seite des Lebens zu sehen. »Ich bin froh, dass du von deinem Besuch zurück bist.«
»Ich auch, cara.« Aber nicht alle wären froh über Annas Rückkehr. Im inneren Kreis der gehobenen Gesellschaft war die Contessa berüchtigt. Die Gerüchte besagten, dass sie in Italien gleichzeitig zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem Geliebten gelebt hatte. Beide Männer waren mittlerweile tot, aber die Gerüchte verstummten nicht. Kitt war eine der wenigen, die die Wahrheit kannten.
Die Glocke zum Essen läutete. »Wie es scheint, hat die Köchin das Essen fertig«, erklärte Ariel fröhlich. »Ich denke, es ist Zeit, ins Speisezimmer zu gehen.« In ihrem Kleid aus weißer Seide, mit ihrem flachsblonden Haar und den blauen Augen sah sie aus wie ein schlanker Engel. Der Kontrast zu Justins dunklem Haar machte die beiden zu einem außergewöhnlichen Paar.
Die Gesellschaft zog sich in ein kleines Speisezimmer zurück, gleich neben dem Salon, das auch in
Weitere Kostenlose Bücher