Spiel mit der Liebe
gesagt, sie solle dich bei deinen Freunden auf dem Land lassen. Ich sehe, dass sie wieder einmal ihren Willen durchgesetzt hat, wie sie es in letzter Zeit immer öfter tut.«
Kitt wusste nicht, ob sie glücklich darüber sein sollte, dass seine Krankheit nicht so ernst war, wie sie gedacht hatte, oder ob sie sich darüber aufregen sollte, dass er offensichtlich nicht gewollt hatte, dass sie nach Hause kam.
»Ich bin sicher, sie hat sich Sorgen um dich gemacht, Vater. Sie wusste, dass ich ihr helfen würde, dich zu versorgen.«
Er setzte sich noch weiter auf in dem Bett, und seine Nachtmütze rutschte dabei über sein linkes Ohr. »Unsinn. Der Arzt hat gesagt, dass ich in ein paar Tagen wieder auf den Beinen sein werde. Es ist nur eine kleine Sache, nichts, über das man sich Sorgen machen müsste. Aber jetzt, wo du wieder hier bist, ist es vielleicht besser so.«
Er würde in ein paar Tagen wieder auf den Beinen sein? Judith hatte ihr etwas ganz anderes gesagt, aber vielleicht war es ja auch gut, dass ihre Stiefmutter sich solche Sorgen gemacht hatte. Sie blieb noch eine Weile bei ihrem Vater sitzen, überzeugte ihn davon, die Gardinen zu öffnen und ein wenig frische Luft ins Zimmer zu lassen, dann ging sie nach unten in sein Arbeitszimmer, um seine goldgerahmte Brille zu holen und das Buch, in dem er gelesen hatte.
»Gott sei Dank, dass du zu Hause bist. Ich bin schon ganz erschöpft, weil ich so viele Dinge für deinen Vater erledigen musste.« Judith blies sich eine Strähne ihres blonden Haares aus den Augen und sank auf einen Sessel. »Es ist an der Zeit, dass du hier ein wenig Verantwortung übernimmst. Man sollte doch glauben, dass ein Mädchen in deinem Alter bessere Dinge zu tun hat, als umherzulaufen und sich zu vergnügen.«
»Ich habe mich meinen Pflichten in diesem Haushalt nie entzogen. Und was die Tatsache betrifft, dass ich umherlaufe - wie du es ausdrückst -, du bist doch diejenige, die mich hier vertreibt. Wenn du dich erinnerst, war es deine Idee, mich im letzten Jahr nach Italien zu schicken. Bis mein Vater krank wurde, warst du ganz froh, dass ich auf dem Land war.« Sie betrachtete ihre mollige blonde Stiefmutter mit einem Anflug von Misstrauen. »Ich denke, ich verstehe deinen plötzlichen Wunsch nach meiner Rückkehr. Mein Vater ist ans Bett gefesselt, und du bist es leid, für ihn zu sorgen.«
»Dein Vater kann manchmal sehr schwierig sein, wie du sehr gut weißt. Ich bin es leid, stundenlang an seinem Bett zu sitzen und ihn zu unterhalten. Ich brauchte Hilfe, und da du seine Tochter bist, ist es deine Pflicht, mir beizustehen.«
Kitt seufzte nur. Judith war vielleicht älter als sie, doch war sie auf eine Art verwöhnt, wie Kitt es niemals gewesen war. »Ich helfe dir wirklich gern, Judith. Wie du schon sagtest, er ist mein Vater.«
Judith stieß ein unwilliges Geräusch aus, wandte sich um und verließ das Zimmer. Kitt blickte betrübt zur Tür. Ihrem Vater ging es besser, aber er war noch immer krank. Sie konnte ihn unmöglich verlassen.
Sie war zurück in ihrem Käfig.
Clay saß an dem Schreibtisch im Arbeitszimmer seines Stadthauses und schloss die Akte, in der er gelesen hatte. Es ging um eine heruntergekommene Seidenfabrik am Rand der Stadt, die billig zu kaufen war und die man wieder einrichten konnte, um Baumwolle und Wolle zu verarbeiten, was ein wesentlich einträglicheres Geschäft war.
Es war ein großes Projekt, doch mehr und mehr fand Clay die Geschäftswelt faszinierend. Er und Justin arbeiteten gut zusammen, und ihre Geschäfte machten sie zu äußerst reichen Männern. Für den Augenblick jedoch musste er sich um eine persönliche Angelegenheit kümmern.
Er verließ sein Arbeitszimmer, ging durch die Eingangshalle und verließ sein Stadthaus. Er kletterte in den eleganten, hohen Phaeton, der auf der Straße auf ihn wartete, ein flottes Gefährt, mit dem er oft in der Stadt herumfuhr. Jetzt lenkte er es in die Maddox Street, zum Stadthaus von Viscount Stockton, das er in dieser Woche schon mehrmals aufgesucht hatte.
Was als Sorge um Kitts kranken Vater begonnen hatte - der, wie Clay herausgefunden hatten, bereits auf dem Weg der Besserung gewesen war, ehe man Kitt vom Land nach Hause gerufen hatte -, war mittlerweile zu dem Gedanken gereift, ihn um Unterstützung zu bitten in seinem Bemühen, Kitt zu heiraten.
Wie er es angenommen hatte, konnte es Kitt nach einer Woche kaum erwarten, aus dem Haus zu kommen. Mit der Hilfe ihres Vaters - und er war sich
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