Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
sein konnte.
Die Fehde wegen Mikes Tante Sara Jean hatte den Bankrott der Firma zur Folge gehabt. Fortan war jeder der drei Brüder getrennte Wege gegangen und hatte sich seinen Lebensunterhalt als Handwerker verdient. Edward hatte als Klempner gearbeitet, bis ihn die Leute wegen seiner Marotten nicht mehr in ihre Häuser lassen wollten.
Zum Glück hatte Mike zu diesem Zeitpunkt bereits ein eigenes Gehalt, sodass er jeden Monat Geld auf das Konto seines Vaters überweisen konnte. In stillem Einvernehmen sprachen sie nie darüber, doch Mike wusste, dass sein Vater damit das Nötigste wie Essen oder Kleidung kaufte. Falls er auch seine Ausgaben für diverse Voodoo-Utensilien oder ähnlichen Quatsch davon bestritt, wollte Mike lieber nichts davon wissen.
»Steig ein, ich fahr dich zum Haus zurück«, forderte er seinen Vater auf und vermied es tunlichst, Amber anzusehen, weil er sich ihre entsetzte Miene lebhaft vorstellen konnte.
Aus unerfindlichen Gründen war es ihm nicht egal, was sie von seinem Vater hielt, obwohl er nicht so recht wusste, weshalb und es eigentlich auch vorzog, jetzt nicht darüber nachzudenken.
Edward öffnete die hintere Wagentüre und tat wie ihm geheißen.
»Er ist also operiert, wie?«, fragte Amber.
»Wer ist das denn?«, fragte Edward, zu Mike gewandt.
»Ich bin Amber. Beißt er?«, fragte sie.
Mike zuckte mit den Achseln. »Das letzte Mal, als ich hier war, hat er es nicht getan, aber da hatte er auch noch kein Stinktier.«
Amber prustete los, und das fröhliche Lachen, mit dem sie ihn schon in Las Vegas verzaubert hatte, tat erneut seine Wirkung. »Ich meine doch das Stinktier, nicht deinen Vater. Beißt Stinky Pete?«
Mike warf einen Blick in den Rückspiegel, wohl wissend, dass sein Vater nicht mit Amber reden würde. »Dad, beißt das Vieh?«
»Nein.«
Zu Mikes grenzenloser Verwunderung drehte sich Amber zu Edward um und fragte: »Darf ich ihn mal halten?« Sie musste den Verstand verloren haben.
Jede halbwegs normale Frau hätte spätestens jetzt schreiend Reißaus genommen; jedes rational denkende menschliche Wesen hätte darauf bestanden, auf der Stelle wieder nach Boston zurückzufahren.
Doch Amber streckte die Arme aus, um seinem Vater das Stinktier abzunehmen.
Edward ließ es geschehen.
Und dann geschah das Unvorstellbare. Edward lud sie ein, mit ins Haus zu kommen.
Seit Mikes Mutter ausgezogen war, hatte sich an dem alten, im Ostküstenstil erbauten Haus nicht viel geändert – von dem wachsenden Chaos in seinem Inneren einmal abgesehen, aber daran war Mike gewöhnt.
Amber entschuldigte sich kurz, um für kleine Mädchen zu gehen, und Mike nutzte diese Gelegenheit und kam gleich auf den Grund seines Besuchs zu sprechen. »Dad, Derek hat mich angerufen und mich gebeten, mit dir zu reden. Er weiß deine Fürsorge genauso zu schätzen wie Gabrielle, aber die beiden wären dir trotzdem dankbar, wenn du« – wie sollte er es möglichst diplomatisch formulieren? – »es künftig unterlassen würdest, ihr Haus mit Puppen und Tierkadavern zu dekorieren und Zauberpulver auf ihre Türschwelle zu streuen.«
»Irgendjemand muss doch schließlich die bösen Geister vertreiben. Sie fordern das Schicksal heraus. Und, wer ist sie?« Edward deutete mit dem Daumen auf die Tür, durch die Amber verschwunden war.
Mike versuchte gar nicht erst so zu tun, als hätte er nicht verstanden. »Sie heißt Amber Rose. Wir kennen uns aus Las Vegas.«
»Ich dachte, was in Vegas passiert, bleibt in Vegas?« Das war das erste Mal, dass sein Vater einen Witz gerissen hatte, seit … nun, es war so lange her, dass sich Mike gar nicht mehr daran erinnern konnte. »Und du hast sie trotzdem mit nach Hause genommen?« Edward musterte ihn argwöhnisch.
Mike wurde klar, dass er seinem Vater die Wahrheit nicht verschweigen konnte. Außerdem, wem konnte es sein Vater schon groß weitererzählen? »Wir haben geheiratet«, brummelte er.
»Geheiratet?«, schrie Edward. »Bist du wahnsinnig? Der Fluch wird über dich hereinbrechen. Es sei denn … Du liebst sie doch nicht etwa, oder?«
Mike schüttelte den Kopf. »Ich kenne sie doch überhaupt nicht.«
»Gott sei Dank, es gibt also noch Hoffnung für dich.« Edward ruderte mit den Armen und stürzte zu einem Küchenschrank, aus dem er ein Glas mit rotem Ziegelpulver zum Vorschein brachte.
»Lass mich bloß mit diesem Zeug in Frieden«,
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