Spiel Satz Tod - Kriminalroman
zu meinem Wagen gehen, da sprang Laura Esperanza hinter der Tür des Theatersaals hervor wie der Teufel aus der Kiste. Als sie mich erblickte, lief sie herbei und packte mich beim Arm. »O Gott, bin ich froh, dass du hier bist. Das musst du sehen!« Sie zerrte mich in Richtung Theater.
»Was ist denn? Ich muss nach Hause«, protestierte ich, denn ich konnte nur an die Uhr und den Schlüssel denken.
»Nein, das musst du nicht. Zuerst musst du dir das anschauen. Glaub mir, du wirst es mir danken.«
Erst zögerte ich, aber dann ließ ich sie achselzuckend gewähren. Mit der Hand bedeutete sie mir, mich still zu verhalten. Als wir drinnen waren, schloss sie die Tür, so leise sie konnte. Sie lugte um die Ecke und hieß mich, ihr zu folgen. Ich hielt mich dicht hinter ihr, denn ich konnte gut über sie hinwegschauen.
Wie beim letzten Mal standen wir an der Rückwand des Zuschauerraumes. Heute war die Bühne von einem halben Dutzend starker Scheinwerfer beleuchtet und strahlte wie ein Juwelierladen. Den prächtigen Elefanten hatte man in die Mitte gerollt, und seine wuchtigen Edelsteine aus Glas funkelten, als wären sie echt. McKenzie Mills, das blonde Haar prächtig hergerichtet, stand darauf und sang, dass es mir durch und durch ging. Ihre volle, warme Stimme füllte den Saal. Es war kaum zu glauben, dass sie von einer so schlanken, zarten Person kam. Jetzt wunderte es mich nicht mehr, dass Nancy nachgegeben und McKenzie erlaubt hatte, weiter Tennis zu spielen, statt sie ganz zu verlieren.
Nun kam Roland Wildings Auftritt. Er schritt die Stufen zum Rücken des Elefanten hinauf. So sehr er mir zuwider war, ich musste zugeben, dass er im Smoking umwerfend aussah. Sein Haar strahlte noch goldener als das von McKenzie, er hatte breite Schultern und ein markantes, ausdrucksvolles Gesicht. Er ähnelte dem Hauptdarsteller aus einem alten Film.
Nun stand er neben dem Ohr des Elefanten und stimmte in McKenzies Song ein.
Einen Moment lang begriff ich nicht, was da vorging. Dann musste ich mir den Mund zuhalten, um nicht laut loszulachen. Roland sang mit näselnder, schriller Stimme fastebenso hoch wie McKenzie. Was aber schlimmer war: Er traf die Töne nicht genau. Nicht ständig, aber immer wieder lag er knapp daneben. Hätte er vollkommen falsch gesungen, es wäre leichter zu ertragen gewesen, aber so klang das Ganze, wie wenn man mit dem Fingernagel auf einer Wandtafel kratzt.
»Stopp!«, rief Nancy.
Roland verstummte, die Lippen wütend zusammengepresst. McKenzie ließ die Arme sinken und schaute ängstlich drein.
Nancy stand von ihrem Sitz in der ersten Reihe auf, von wo sie das Geschehen verfolgt hatte. Sie trug wieder eine ihrer vielen geblümten Roben, diese in grellem Pink und mit einem Muster, das an Hawaii erinnerte, denn der Saum war üppig mit Palmen geschmückt. Schwer trampelte sie die Treppe zur Bühne hinauf, eindeutig geräuschvoller als nötig. Das sollte wohl Unmut und Verachtung ausdrücken. Die in den Kulissen gruppenweise auf das Stichwort für ihren Auftritt wartenden Schüler wichen zurück, um ihr Platz zu machen.
Sie ging zu dem Elefanten hin und sagte leise etwas zu Roland. Der aber erwiderte laut und aufgebracht: »Sie hat zu früh eingesetzt! Das hat mich rausgebracht!« Unter seinen goldenen Wimpern warf er McKenzie einen feindseligen Blick zu.
Die zuckte zusammen und schaute weg, aber man konnte deutlich erkennen, dass sie solche ungerechten Vorwürfe schon öfter gehört haben musste. Und da Nancy sich nie eine Gelegenheit entgehen ließ, Schüler öffentlich zusammenzustauchen, war klar, dass es diesmal auf keinen Fall an McKenzie lag.
Nancy und Roland redeten noch ein paar Minuten miteinander, dann verließ Nancy die Bühne und begab sich wieder zu ihrem Platz. Die Probe ging weiter, eine Verbesserung war jedoch nicht zu erkennen.
Nach einigen Minuten schlichen Laura und ich uns wieder hinaus. Auf dem Gang schüttete sich Laura aus vor Lachen.
»Das war so gut«, sagte sie schließlich und rang nach Luft. »Schade, dass du nicht eher gekommen bist. Er singt grottenschlecht, aber du müsstest ihn erst mal spielen sehen! Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in New York auch nur eine Woche auf der Bühne stand, was für Geschichten er hier auch erzählen mag.«
Ich musste grinsen. »Aber jetzt kommt das Beste: Weißt du, warum die Premiere unbedingt in dieser Woche stattfinden muss? Weil Michael Dupré hier ist.«
»Wer?«
»Na, der Filmregisseur. Der die Filmcrew auf unserem
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