Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
Ahnung, wie viel Arbeit es kostete, das Haus und den ganzen Besitz so tadellos in Ordnung zu halten, wie er es verlangte.
Davina wusste, dass er sie nicht liebte. Er hatte einen Sohn haben wollen, und in gewisser Weise hatte sie sich immer die Schuld daran gegeben, dass sie nicht dieser Sohn war. Fast hatte sie auch ein schlechtes Gewissen, weil ihre Mutter gestorben war. So als hätte ihre Mutter die Verachtung des Vaters damit bestätigt, der Frauen als das schwache und zweitklassige Geschlecht ansah. Manchmal kam es ihr vor, als müsse sie beweisen, dass ihr Geschlecht ein Recht zu leben hatte. Doch das waren nur unterbewusste Gefühle und Stimmungen.
Sie war in jenen Jahren tatsächlich sehr einsam gewesen, und dann hatte sie Gregory getroffen. Er war groß und gut aussehend und hatte mit seinem Charme das Ideal von Mann verkörpert, von dem sie so lange geträumt hatte.
Ein kurzes Klopfen an der Bürotür riss sie jetzt aus ihren Gedanken. Sie benutzte nicht Gregorys ausladendes und luxuriöses Büro. Das brachte sie irgendwie nicht fertig. Der Gegensatz zum übrigen Gebäude hatte sie nicht nur schockiert, ihr war regelrecht schlecht geworden.
Zu Zeiten ihres Vaters schon waren die Gebäude sehr karg gewesen, aber sie waren tadellos gehalten und regelmäßig gestrichen worden. Gregory hatte sie davon abgebracht, in die Firma zu kommen. Und so war sie in keiner Weise auf den Schock vorbereitet gewesen, als sie entdeckte, unter welchen Arbeitsbedingungen die Angestellten dort arbeiten mussten.
Und sie war daran genauso schuldig wie Gregory. Sie hatte es sich leicht gemacht, sich dem Willen von Gregory gefügt, um nicht mit ihm streiten zu müssen.
Sie fühlte sich verantwortlich, auch wenn Giles sie zu beruhigen versuchte und ihr sagte, dass sie sich keine Schuld geben dürfe.
Giles! Sicher stand er jetzt draußen vor dem Büro, das aus einem kleinen fensterlosen Rechteck am Ende des Firmengeländes bestand. Es war nur mit einem Tisch, einem Stuhl und einem Telefon möbliert. Mehr brauchte Davina nicht. In einem Unternehmen am Rand des Ruins war kein Platz für ein teuer eingerichtetes Büro, für Faxgeräte und Computer, die sowieso wegen des Mangels an Aufträgen nicht benötigt wurden. Unwissend hatte sie sich beim ersten Besuch in der Firma bei Giles nach dem Faxgerät in Gregorys Büro erkundigt. Giles hatte nur verlegen zur Seite gesehen und erklärt, dass Gregory es für seine Geldmarktgeschäfte benötigt hatte.
Da hatte sie zum ersten Mal von der Spielleidenschaft ihres Mannes auf den Geldmärkten der Welt erfahren.
Sie rief Giles, er möge hereinkommen, und lächelte ihm herzlich entgegen, als er eintrat. Obwohl er über einsachtzig war, wirkte er kleiner, weil er immer leicht gebückt ging. Sein dichtes dunkelblondes Haar fiel ihm in die Stirn, und er schob es ständig zurück. Noch mit vierzig hatte er trotz seiner ernsthaften, ruhigen Art etwas Jungenhaftes an sich. Giles besaß eine harmlose Freundlichkeit, die Davina sehr anziehend fand.
Sie war nicht sicher, wann sie zum ersten Mal bemerkt hatte, dass Giles sich zu ihr hingezogen fühlte. Bei der Weihnachtsfeier im letzten Jahr hatte er mit ihr getanzt, und als sie später in der Küche Gläser in den Geschirrspüler räumte, war er ihr gefolgt, um ihr zu helfen. Er hatte sie geküsst, bevor er und Lucy gingen. Es war nur eine kurze Umarmung gewesen, doch sie hatte das Verlangen darin gespürt, auch wenn sie sich später selbst eingeredet hatte, dass sie sich das alles nur eingebildet haben musste.
Sie hatte Giles gemocht, und natürlich hatte sein Interesse ihr geschmeichelt, aber sie war mit Gregory und Giles mit Lucy verheiratet gewesen.
Doch jetzt war Gregory tot.
„Giles, komm her und setz dich.“ Sie klopfte auf den freien Stuhl und lächelte Giles an.
Er wirkte erschöpft, und Davina fühlte sich dafür verantwortlich. Als Personalleiter war er nicht darauf vorbereitet, die ganze Firma zu leiten, aber außer ihm gab es niemand anderen. Gregory hatte es immer abgelehnt, die Kontrolle über das Unternehmen mit irgendjemandem zu teilen, und jetzt wusste Davina auch den Grund dafür. Niemand hatte wissen sollen, wie groß die Verluste der Firma waren.
Der Verkaufsleiter, der Leiter des Rechnungswesens und der leitende Chemiker waren direkt Gregory unterstellt gewesen und hatten keinerlei eigene Entscheidungsgewalt besessen. Der Chemiker hatte bereits gekündigt und Davina verbittert erklärt, dass es für ihn keinen Grund
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