Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
Verlangen überwältigt zu werden. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, ihren Körper zu berühren! Er fand es erstaunlich, wie sehr ihn die äußeren Zeichen ihrer Schwangerschaft anzogen und erregten. Durch Sex wollte er ihr versichern, was er für sie empfand und für das Kind, das aus diesen Gefühlen entsprungen war. Dann hatte er sich für seine Lust geschämt und sich daran erinnert, dass Lucy sich nicht wie er auf das Baby freute.
Jetzt im Krankenhaus verzehrte er sich bei der Beschreibung seines Sohns fast vor Liebe für ihn. Gleichzeitig plagte ihn unsagbare Angst, weil das Baby so winzig und zerbrechlich war. Tränen schnürten ihm die Kehle zu und brannten in seinen Augen, doch er wusste, dass er vorLucy nicht weinen durfte. Er wandte sich ab und sah deshalb nicht ihre Hand, die sie ihm entgegenstreckte. Lucy suchte nach Worten, um ihn zu bitten, ihr noch mehr über ihr Baby zu erzählen.
Von innen her zerfraß sie die Leere. Ein ihr bislang unbekanntes Gefühl überwältigte sie. Sie wollte ihr Kind hier bei sich in den Armen halten, an ihrer Brust spüren, und dieses Gefühl zog sich wie ein brennender Schmerz durch sie hindurch.
Schließlich, Stunden, nachdem Giles gegangen war, ließen sie sie doch ihren Sohn sehen. Die Ärzte fürchteten, sie würde sonst versuchen, aus eigener Kraft in die Säuglingsstation zu gelangen.
Die Krankenschwester, die sie im Rollstuhl schob, bereitete sie auf den Anblick vor.
„Er ist sehr klein“, sagte sie ihr leise. „Und sehr schwach, fürchte ich.“
Lucy hörte gar nicht hin. „Mein Baby. Mein Sohn.“ Sie verkrampfte sich vor Angst und Liebe.
Der kleine Raum war so mit Apparaten gefüllt, dass die fünf kleinen Brutkästen zwischen den vielen Bildschirmen und Geräten kaum auffielen.
Die diensthabende Schwester stand stirnrunzelnd auf, als Lucy hereingebracht wurde, doch Lucy beachtete sie nicht. Sie konzentrierte sich nur auf das winzige Baby im Brutkasten, das Einzige im ganzen Raum. Ihren Sohn. Ohne es zu bemerken, stand sie auf und verließ zitternd den Rollstuhl, wobei sie nicht auf den Protest der Schwester achtete und auch nicht auf ihre eigene körperliche Schwäche. Sie ging zu dem Brutkasten.
Das Baby lag auf dem Rücken und hatte den Kopf auf die Seite gedreht. Es hatte die Augen geöffnet. Sie erzitterte, als sie die ganzen Schläuche sah, an die er angeschlossen war. Wie sehr sein kleiner Körper kämpfen musste, um Luft zu bekommen! Von Kopf bis Fuß war er kaum länger als eine Männerhand, und seine Glieder waren so zierlich, dass Lucy vor Sorge fast umkam.
Der Drang, in den Brutkasten zu greifen und ihren Sohn herauszunehmen, war so stark, dass sie ihm kaum widerstehen konnte. Ihr Körper bebte vor verzweifelter Fürsorge. Die Stärke dieser Empfindung war mehr, als sie jemals für möglich gehalten hätte. Alles andere in ihrem Leben kam ihr mit einem Mal nebensächlich vor, als sie ihr Baby ansah, und ihr Sohn den Blick erwiderte. Der Gedanke, dass sie ihn um alles in der Welt berühren und im Arm halten wollte, und das Wissen, dass sie damit sein Leben gefährden würde, verdrängte alles andere aus ihrem Verstand.
Während sie ihn beobachtete, betete sie für sein Überleben und wusste, dass sie alles opfern würde, sogar ihr eigenes Leben, um ihn zu retten. In dieser Liebe vergaß sie vollkommen, dass sie noch vor Kurzem weder ihn noch sonst irgendein Kind hatte bekommen wollen. Reglos stand sie da und sah ihn wortlos flehend an.
Er musste einfach überleben. Die Schuld lag doch allein bei ihr. Er durfte nicht dafür bestraft werden, dass sie ihn nicht gewollt hatte.
Doch Lucys Flehen wurde nicht erhört. Ihr Baby war zu früh geboren worden, und sein kleiner Körper war noch nicht für ein Leben außerhalb ihres Bauchs vorbereitet gewesen.
Schon bevor sie kamen, wusste Lucy, dass er gestorben war. Sie hatte sich jede Minute in seiner Nähe erkämpfen müssen und ihn bewacht. Sie hatte sich nicht einmal getraut, ihn aus den Augen zu lassen, und ihn still und entschlossen mit ihrer Liebe und Kraft zu unterstützen versucht, als könne sie ihn dazu zwingen zu überleben. Aber schließlich hatte das Personal sich über ihren Widerstand hinweggesetzt und sie wieder zurück in ihr Zimmer gebracht. Sie habe immerhin sehr viel Blut verloren, riefen sie ihr in Erinnerung, und sie war noch weit davon entfernt, wieder bei Kräften zu sein.
Als Giles kam, weinte sie und bettelte ihn an, dafür zu sorgen, dass sie bei Nicholas bleiben
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