Spielen: Roman (German Edition)
großen Kai und den dahinterliegenden Hügeln hinauf, wo keiner von uns je zuvor gewesen war, wir gingen in den Wald unter der Brücke, wo das riesige Betonfundament stand.
Eines Samstags gingen wir zu der geheimen Müllhalde. Die beiden waren genauso begeistert, wie wir es gewesen waren, und Geir und ich schleppten vier Stühle und einen Tisch, eine Lampe und eine Kommode in den Wald, wo wir sie wie in einem Zimmer gruppierten, und es war fantastisch, denn wir waren im Wald, im Sonnenlicht, gleichwohl jedoch in einem Zimmer, und wir waren dort zusammen mit Solveig und Anne Lisbet.
Die Schwingung bei ihrem Anblick verschwand nie, sie war so schön, dass es wehtat. Ihre dicke, hellblaue Steppjacke mit dem glatten Stoff. Die weiße Mütze. Der Wollsaum am Schaft ihrer Stiefel. Ihr Gesicht, wenn sie uns aus irgendeinem Grund grimmig ansah. Ihr Lächeln, so strahlend wie tausend Millionen Diamanten.
Als der erste Schnee fiel, streiften wir auf der Suche nach geeigneten Plätzen umher, von denen wir springen und herunterrutschen oder an denen wir Schneehöhlen graben konnten. Ihre warme, rote Wange dabei, der milde, aber unverwechselbare Geruch von Schnee, der sich je nach Temperatur veränderte, uns unabhängig davon aber überall umgab; all die vorhandenen Möglichkeiten. Einmal hing der Nebel dicht zwischen den Bäumen, Schnee wirbelte durch die Luft, und wir hatten unsere Regenkleider an, die auf dem Schnee ohne jede Reibung blieben, so dass wir auf ihm rutschen konnten wie Robben. Wir kletterten auf die Kuppe der Geröllhalde, ich legte mich hin, Anne Lisbet setzte sich rittlings auf meinen Rücken, Solveig auf Geirs, und dann glitten wir auf dem Bauch die ganze lange Strecke bis zu ihrem Fuß hinunter. Es war der beste Tag, den ich jemals erlebt hatte. Immer wieder rutschten wir. Das Gefühl ihrer Beine, die sich um meinen Rücken schlossen, die Art, in der sie sich an meinen Schultern festhielt, die spitzen Schreie, die sie ausstieß, wenn wir schneller wurden, das fantastische Gewirr, wenn wir unten ankamen und umkippten, so dass Arme und Beine sich ineinander verhedderten, während der Nebel reglos zwischen den nassen, dunkelgrauen Fichten hing und der nieselnde Schnee wie eine dünne Schicht auf der Haut unserer Gesichter lag.
In jenem Winter entdeckten wir viele neue Orte für uns, so etwa den Laubwald unterhalb der Straße, der sich rund um die ganze Siedlung und bis hinter die Fina-Tankstelle erstreckte, zwei Orte, die in unserem Bewusstsein bis dahin vollkommen getrennt gelegen hatten, plötzlich jedoch verbunden waren. Der alte Kiesweg, der dort hinunterführte und dem wir das letzte Stück gefolgt waren, wenn wir zur Fina wollten, hatte auch einen oberen Teil, und dort wohnten Kinder, die wir nie zuvor gesehen hatten. Auch sie besaßen einen Fußballplatz im Wald, der zwar klein war, aber richtige Tore hatte. Oder die Straße unterhalb von Anne Lisbets und Solveigs Zuhause, an der die höchstgelegenen Häuser nur einen Katzensprung von ihren entfernt standen. Dag Magne, der in unsere Klasse ging, stellte sich als ein Nachbar Solveigs heraus. Dass ihre Häuser einander so nahe lagen, war verblüffend, denn sie gehörten zwei verschiedenen Welten an, und zwischen ihnen befand sich ein Streifen Wald. Wahrscheinlich täuschte einen der Wald. Er war an dieser Stelle nicht mehr als zwanzig oder dreißig Meter breit, verkörperte jedoch etwas so Andersartiges als die Häuser, dass die gefühlte Entfernung zwischen ihnen mehrere hundert Meter betrug. So verhielt es sich in der ganzen Siedlung, und nicht nur dort, auch an der Müllhalde war es so, denn wenn man auf der Straße von Færvik kam und nicht rechts in die Straße bog, die nach Hove führte, sondern geradeaus fuhr, was kaum jemand tat, war man plötzlich dort. Bog man am Ende der langen flachen Strecke in östliche Richtung rechts zur Schule ab, waren es gerade einmal zweihundert Meter, bis die Müllhalde in all ihrer Pracht zwischen den Bäumen lag. Gegenden, die früher isolierte Orte, fast ihre eigenen Welten gewesen waren, erhielten plötzlich eine Verbindung. Wie viele wussten, dass der kleine Waldsee gleich neben dem See Gjerstadvannet lag? Gjerstadvannet, der See, zu dem man von Sandum aus gehen konnte, das auf der anderen Seite der Insel lag! Oder zu dem man auf einer Stichstraße zu jener Straße gelangte, die zu unserer Schule führte!
Eine andere Überraschung war, dass Frau Hjellen, unsere Putzfrau, mit ihrem Mann in dem Haus neben Anne
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