Spielregeln im Job durchschauen
zu wiederholen.
Zu große Angst vor dem Mammut schadet dem Jagdeifer
Dass es zwischen der Sorge ums Überleben während der Steinzeit und dem Verhalten im modernen Wirtschaftsalltag einen Zusammenhang gibt, vermutet auch Wirtschaftspsychologe Wottawa. Um damals als Jäger zu überleben, sei für die Männer vor der Jagd Planung, Training und Simulation sowie das »Heißreden« zum Angstabbau nötig gewesen. Misserfolge wurden auf äußere Umstände geschoben, damit man bei der nächsten Jagd wieder auf Erfolg hoffen konnte. Das Prahlen diente zur Sicherung der hohen Zielsetzung für die nächste Jagd – Wottawa spricht hier von »High Performance Circle« und »Commitment«. Auch der Schweizer Jungenforscher Allan Guggenbühl sieht Prahlen, Wettbewerb, Kampflust und Coolness nicht nur als Restbestände eines patriarchalischen Männerbildes, sondern auch als Potenziale, zum Beispiel für Selbstmotivation.
Wie ein Mann zu verlieren bedeutet nach wie vor, es nicht als persönliche Niederlage zu werten. Diese Haltung führt bei Männern im Job dazu, Misserfolge weniger eigenem Unvermögen als äußeren Einflüssen zuzuschreiben. Sie verdrängen unangenehme Begebenheiten und betrachten sie als Provokation von außen. Die Reaktion darauf besteht weniger in Angst und Zweifeln, sondern vielmehr in Ärger und Aggression. Männer neigen deshalb eher dazu, Risiken einzugehen, weil sie durch diese Strategie leichter mit Niederlagen umgehen können.
Neues Spiel, neues Glück
Um mehr Verantwortung zu übernehmen, um in der Rangordnung höher zu steigen, testen Männer ständig Grenzen aus, wollen ihren Spielraum erweitern. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Nach einem Misserfolg probieren sie es einfach noch einmal nach dem Motto: »Neues Spiel, neues Glück!« Dieses Prinzip gilt im Fußball genauso wie im Job. Mit dem Gedanken des Spiels eng verknüpft ist die Vorstellung, dabei ein Risiko einzugehen. Wenn man vorher genau wüsste, wie etwas ausgeht, wäre es ja schließlich kein Spiel. Wer spielt, geht immer ein Risiko ein. Man kann gewinnen oder verlieren. Natürlich wird man alles dransetzen, die Spielregeln so gut zu beherrschen, dass man gewinnt. Aber man weiß nie, wie die Karten gemischt sind. Auch bei Spielen wie Schach kommt immer ein Rest Unwägbarkeit hinzu. Und auch da kann man auf Dauer nur besser werden, wenn man bereit ist, gegen bessere Spieler anzutreten (und gegen sie zu verlieren). Oft weiß man vorher nicht, wie gut der Gegner/Mitspieler ist. Die Autorin Linda Austin weist darauf hin, dass bereits kleine Jungen lernen, Niederlagen als Teil eines fairen Spiels hinzunehmen.
Mit Risikofreude in der Rangordnung punkten
Risikoverhalten kann den Status sichern: Es macht etwas her und zieht Aufmerksamkeit auf sich. Bischof-Köhler verweist auf die Verhaltensforschung, nach der Auffälligkeit etwas mit Ranghöhe zu tun hat. Der Grund dieses Effekts liegt darin, dass es für die Rangniedrigeren unerlässlich ist, immer genau informiert zu sein, in welcher Laune das Alphatier gerade ist. Umgekehrt hat das zur Folge, dass wir alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, Beachtung auf sich zu ziehen, unreflektiert als Indiz für Ranghöhe interpretieren.
Die Folgen dieser evolutionsbiologischen Grundsätze spiegeln sich in aktuellen Forschungsergebnissen zu »Führungsmotivation im Geschlechtervergleich« wider. Gwen Elprana, Magdalena Gatzka, Sibylle Stiehl und Jörg Felfe teilten dabei die befragten Männer und Frauen in vier Führungsmotivations-Typen ein. Dabei findet sich die größte Gruppe der Frauen mit 28 Prozent in der Kategorie »Die mit angezogener Handbremse«. Diese Gruppe ist gekennzeichnet durch starkes Streben, aber auch durch starke Vermeidung: »Sie streben vergleichsweise stark nach Einfluss und Leistung, neigen jedoch gleichzeitig stärker zu Vermeidung von Kontrollverlust und Misserfolg, was ein ambivalentes Motivationsmuster ergibt.« Nach Ansicht der Forscher steckt hier besonders viel weibliches Potenzial für Führungspositionen. Wegen der unbegründeten Sorge der Frauen, Führungspositionen schlechter gewachsen zu sein, empfehlen sie, das eigene Motivationsprofil auf konkrete Befürchtungen und Hindernisse hin anzuschauen. Coaching-, Onboarding- und Mentoring-Programme mit weiblichen Vorbildern helfen, solche Hindernisse in den Blick zu nehmen und zu überwinden.
Das Bedürfnis nach Absicherung
Die geringere Risikobereitschaft von Frauen zeigt sich nicht nur darin, dass sie zögernder
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