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Spieltage

Spieltage

Titel: Spieltage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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war nur der ausführende Mann im Tagesgeschäft. Er musste etwa versuchen, neue Geldquellen zu erschließen, wo doch sowieso 85 Prozent des Geldes aus dem Eintrittskartenverkauf, den Spielertransfers und, nicht zu verachten, den Mitgliederbeiträgen flossen. ARD und ZDF zahlten 3,5 Millionen Mark für die Übertragungsrechte der Bundesliga in der Saison 1979/80. Für jeden Verein blieben knapp 200000 Mark. Das reichte für das Gehalt und die Prämien eines einzigen überdurchschnittlichen Spielers.
    Moderator Harry Valérien begleitete Breitners Worte mit einem hartnäckigen Nicken. Er trug unter dem weit geöffneten Hemdkragen ein Seidenhalstuch. Die Koteletten der Siebziger waren verschwunden, die Haare gestutzt. Heinz Höher verzichtete sogar auf die Blondierung. Ein dezentes Grau schimmerte durch sein Haar.
    »Sie waren sieben Jahre Trainer beim VfL Bochum, jetzt in Duisburg«, sagte Valérien und gestikulierte heftig mit der Hand, »wie hat sich da die Szenerie in der Bundesliga verändert, was ist da härter geworden?«
    »Wenn man die Lebenshaltungskosten nimmt, da gibt es Aufruhr, wenn die mal um acht Prozent im Jahr steigen. Aber der Druck in der Bundesliga ist in diesen acht Jahren jedes Jahr nicht um acht oder zehn, sondern um 25 oder 30 Prozent gestiegen.«
    »Tatsächlich! Möchten Sie das ein bisschen erklären?«
    »Die Zuschauer werden immer ungeduldiger, die Medien berichten immer mehr, Sensationen werden geschaffen, und den Druck spüren wir, die Spieler, die Trainer.«
    Valérien bedankte sich für die offenen Einblicke und gab ab zum nächsten Spiel, Bremen gegen Frankfurt, wo die wichtigsten Szenen, also auch die entscheidenden Fehler, aus zwei verschiedenen Kameraperspektiven und in der Wiederholung in Zeitlupe gezeigt wurden.
    In der Winterpause richtete der MSV sein Trainingslager in Berlin aus. Dort war der Winter zwar tendenziell noch schlimmer als in Duisburg, aber die Reise ließ sich mit einem Start beim Hallenturnier in der Deutschlandhalle verbinden; es ließ sich Geld einspielen, Geld sparen. Abends in Berlin zog Heinz Höher ein bisschen um das Hotel und, warum nicht, schaute noch kurz in eine Bar auf zwei Bier und einen Klaren. Nach einer Weile sah er zwei Gäste hereinkommen, die kannte er doch. Kurt Jara und Hans-Dieter Mirnegg.
    Na, so ein Zufall.
    Jetzt, kommt, dann trinken wir halt einen zusammen.
    Es war nach ein Uhr, als Heinz Höher sagte, er gehe jetzt, und er würde ihnen raten, dasselbe zu tun. Morgen früh sei Training.
    Ach! Kommen Sie doch mit, Trainer, lassen Sie uns doch gemeinsam weiterziehen.
    In Westberlin gab es doch die ganz heißen Läden, die mussten sie noch ausprobieren. Westberlin, umzingelt von der Mauer, war wild, Westberlin hielt die Eingeschlossenheit nur durch Feiern aus, Westberlin wartete heute Nacht auf sie.
    Auf Wiedersehen, meine Herren. Ihr seid alt genug, zu tun und zu lassen, was ihr wollt. Aber morgen früh ist Training.
    Morgen früh war erst einmal Frühstück. Die Plätze von Kurt Jara und Hans-Dieter Mirnegg blieben leer. Das darf nicht wahr sein, durchfuhr es Bernard Dietz, den Mannschaftskapitän: Ist ja in Ordnung, dass sie mal einen draufmachen, aber wie konnten sie so blöd sein, nicht zum Frühstück zu erscheinen? Sie zwingen den Trainer geradezu, sie zu bestrafen.
    Heinz Höher saß mit Manager Heinz Neuhaus am Tisch, ein Trainer saß nicht mit seinen Spielern beim Essen. Kauf sofort zwei Flugtickets nach Hause, sagte Höher zu Neuhaus.
    Jetzt lass uns doch erst einmal in Ruhe beraten, Heinz, wir haben gerade erst den Krach vom Uerdingen-Spiel überstanden, wir wollen nicht gleich wieder mit Maximalstrafen die nächste Eskalation provozieren.
    Kauf zwei Flugtickets, habe ich gesagt. Jara und Mirnegg fliegen heute noch nach Hause.
    Jetzt beruhig dich erst einmal!
    Heinz Höher war nicht mehr wütend. Er war beleidigt. Wenn Neuhaus nicht machen wollte, was er sagte, dann wollte er auch nicht mehr, und zwar gar nicht mehr. Zum Training an diesem Tag, morgens wie abends, erschien der Trainer nicht. Bernard Dietz musste es leiten.
    Heinz Höher sprach erst wieder nachts im Bett, mit seinem phantastischen Freund Winzlinger.
    Sieh an, sieh an, du erträgst wohl nicht, wenn andere sich herausnehmen, was du dir als Spieler selbst öfter erlaubt hast.
    Natürlich bin ich auch mal um die Häuser gezogen. Ich weiß noch, wie wir mit der Westdeutschen Auswahl in Berlin spielten. Da kam ich erst zum Frühstück aus der Nacht zurück ins Hotel.

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