Spieltage
persönlich überraschte ihn mit dem ersten automatischen Schachcomputer mit Greifarm und legte noch ein Buch dazu: »Das Sexleben nach 50.« Darin befanden sich nur leere Seiten.
Von all diesen Leuten ließ sich nun nur noch der Gerd blicken.
Gerd Schmelzer wurde heimlich für Heinz Höher, was für andere Trainer professionelle Berater waren. Er versuchte, ihn in der Bundesliga unterzubringen. Im Sommer 1991 war bei Borussia Dortmund der Trainerposten vakant. Borussias Manager Michael Meier hatte einen Kandidaten aus der Schweiz, doch Präsident Gerd Niebaum betrachtete den Schweizer mit einem Rest Skepsis. Der Schweizer war zwar eigentlich ein Deutscher, der in der Schweiz arbeitete, aber so genau nahm man es nicht. Heinz Höher reiste nach Dortmund. Auf der Autofahrt ließ er sich von seinem Sohn Thomas alle Daten über Borussias Spieler aus dem kicker- Sonderheft vorlesen. Er redete einen ganzen Arbeitstag lang mit Niebaum und Meier.
Es ist zwischen dir und dem Schweizer, sagte ihm Schmelzer am nächsten Tag. Es wurde der Deutsche aus der Schweiz, Ottmar Hitzfeld.
Heinz Höher wurde der, der immer beinahe den Zuschlag erhielt. Alemannia Aachen rief ihn an, und prompt begann der amtierende Trainer Norbert Wagner zu gewinnen; Alemannia brauchte keinen neuen Trainer mehr. Bayer Uerdingen meldete sich, und postwendend erreichte der aktuelle Trainer Timo Konietzka einen Sieg und zwei Unentschieden mit seiner abstiegsgefährdeten Elf; Uerdingen wollte Konietzka lieber noch etwas Zeit gewähren.
Wollen wir nach dem Spiel mal telefonieren, sagte Mönchengladbachs Präsident Karl-Heinz Drygalsky vor dem Bundesligaspiel seiner Borussia in Nürnberg auf der Tribüne zu Heinz Höher. Mönchengladbach stand nach 16 Spieltagen auf einem Abstiegsplatz, die Zeitungen fragten, ob sich Trainer Bernd Krauss noch eine Niederlage erlauben könne.
Sie rufen mich sowieso nicht an, entgegnete Heinz Höher Drygalsky.
Wie meinen Sie das?
Werden Sie schon sehen, sagte Heinz Höher.
Borussia Mönchengladbach gewann in Nürnberg überraschend 1:0.
Ja, jetzt müssen wir erst mal schauen, sagte Präsident Drygalsky zu Heinz Höher.
Sehen Sie, das meinte ich: Sie rufen mich sowieso nicht an, weil die Mannschaften immer zu gewinnen anfangen, wenn ich irgendwo als Trainer im Gespräch bin.
Da war es schon Dezember 1992. Heinz Höher war seit nahezu zwei Jahren raus aus dem Bundesligafußball. Er beschloss, sich als Schriftsteller zu versuchen.
Er las sich noch einmal die Geschichten vom Jungen Tommo durch, die er in Griechenland für Thomas geschrieben hatte. Daraus entwickelte er ein Kinderbuch. Tommo, der Junge ohne Eltern, der mit den Tieren von Ulmenhof reden kann, fährt mit ihnen zu Hunde-Europameisterschaft nach Sylt. Nach 158 Seiten schrieb Heinz Höher die letzten Sätze: »Bewundernd schaut der Collie Timmi auf den Kater Heini. Der ist nun mächtig stolz, denn ein Lob von dem blauschwarzen Collie ist für Heini das Größte im Leben.« Zu spüren, dass man Freunde hat, in der Nähe der Freunde zu sein, war wichtiger als zu gewinnen, lautete die Botschaft des Buchs. Das, fand er, sollten Kinder wirklich lernen, aber konnte er von sich dasselbe sagen: dass ihm Freunde wichtiger waren als Siege?
Da das Buch einmal geschrieben war, musste es auch publiziert werden. Er hatte das Schreiben genossen, er würde zustimmen, dass das wahre Glück beim Schreiben im Moment lag, wenn die Sätze vor ihm auf dem Papier lebendig wurden, dennoch wollte er das Buch doch auch in den Händen halten. Wohl nicht so innig wie Peter Handke, der an seinen neuen Werken schnüffelte und sie streichelte, aber der Gedanke, ein Buch, ein echtes Buch, geschaffen zu haben, hing doch daran, es zwischen zwei Deckeln zu sehen, es anfassen zu können. Heinz Höher kannte jemanden, der ihm bei der Verlagssuche sicher helfen konnte: Franz Beckenbauer. Der Kaiser hatte Kontakte zu Gott und der Welt, und man konnte ihn immer anrufen, er war stets hilfsbereit. Außerdem schuldete ihm der Franz noch einen Gefallen. Als Beckenbauer in den Achtzigern die Nationalelf trainiert hatte, war Dieter Eckstein mit einer Muskelverletzung vom DFB-Lehrgang nach Nürnberg zurückgekehrt und konnte samstags in der Bundesliga nicht spielen. Da hatte Heinz Höher den Franz aber zur Schnecke gemacht.
Beckenbauer schien keineswegs überrascht von Heinz Höhers Anliegen. Er überlegte laut am Telefon, was er da für den Heinz tun könne. Ein Buch. Natürlich! Den Middelhoff würde
Weitere Kostenlose Bücher