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Spielzeugsoldaten

Spielzeugsoldaten

Titel: Spielzeugsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filipa Leemann
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gar nicht wissen. Der stechende Schmerz in ihrem Oberarm ließ ihre innere Stimme matt, wie durch einen Nebel gesprochen, klingen. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie solche Schmerzen gehabt, niemals. Sie spürte wie das Blut träge an ihrem Arm hinunterlief. Sehen konnte sie es nicht . Sie hatte keine Zeit. S ie rannte um ihr Leben. Den Blick auf den Boden gerichtet, um nicht zu fallen. Den Blick auf Raku gerichtet, um sie nicht zu verlieren. Schüsse! Wieder Schüsse! Juli erinnerte sich mit Schauer daran, was mit diesen Schüssen verbunden war. N och mehr Tod, noch mehr Verzweiflung.
    Rakus Überblick hatte es geschafft, sie aus dem Tempelkomplex zu führen. Sie hetzten in den schützenden Wald hinein, durchs Unterholz, ins Dickicht. Raku spürte die Zweige und Dornen nicht, die ihre Unterschenkel durch die feste Uniform hindurch zerkratzten. Immer wieder griff sie nach Juli, riss sie weiter, versicher te sich, dass sie noch da war, blutend, aber lebend.
    Sie erreichten das Lager. Es war verlassen. Juli war mit Raku stehen geblieben und rang verzweifelt nach Atem.
    „Nimm was du tragen kannst “,   Rakus Blick glitt hinüber zur Tempelanlage, „deine Ausrüstung, Munition. Da vorn!“ 
    Raku selbst sah sich kurz um, griff zielstrebig einen Rucksack und Munition. Als sie sah, wie hilflos Juli einfach da stand, die Uniform am rechten Oberarm zerfetzt und blutgetränkt, fiel es ihr schwer an sich zu halte n. Es war einfach keine Zeit, keine Zeit für Gefühl, für Mitleid, für Angst. Sie packte Juli energisch und zog sie mit sich. Juli war starr vor Entsetzen, so wie sie es in den letzten Tagen schon so oft gewesen war. Wann fange ich endlich an zu kämpfen? Wann? Wenn es zu spät ist? Für einen Augenblick sah sie Raku an, suchte nach ihren Augen und etwas Halt, doch sie musste einsehen, dass sie den jetzt nicht bekommen konnte. Sie verstand es nicht, sie verstand es einfach nicht.
    „Lauf!“ war alles was Raku sagte und Juli tat es: Sie lief.
    Minute um Minute verging. Vielleicht waren es auch Stunden, Juli war sich nicht sicher. Sie spürte ihren Körper kaum noch. Die Anstrengung war so groß, dass sie sich nur noch bewegte, weil ihre Angst noch größer war als der Schmerz . Ihr Arm blutete weniger, nässte nur noch etwas und das Blut an ihrer Uniform trocknete und verkrustete.
    Raku zeigte keine Müdigkeit. Immer wieder zog sie Juli weiter, immer wieder stieß sie Juli, wenn sie stehen blieb. Versuchte mit ihr zu sprechen, doch wusste nicht was sie erklären sollte in kurzer Zeit. Juli atmete schwer und blieb erneut stehen. Sie hatte Tränen in den Augen vor Schmerz. Ihre Muskeln brannten, ihre Lungen schienen nicht schnell genug zu sein. Alles tat weh.
    „Raku... bitte... einen Moment...“ ,    bettelte sie erschöpft und Raku blieb schlagartig stehen.
    Sie trat an Juli heran, griff ihren Kopf, damit sie ihr in die Augen blicken konnte.
    „Wir si nd noch nicht weit genug weg. Wir müssen hier weg.“ 
    Wie sollte sie es erklären? Juli starrte in Rak us blaue Augen und plötzlich, als sie di e Angst darin sah, da verstand sie. Sie versuchte sich an die Richtung zu erinne rn, in die sie gerannt waren. In Richtung Lyddit? Der Einheit entgegen, die sich um 46-F G kümmern sollte? Nein! Nein! Juli suchte nach Antworten, dann stammelte sie:
    „D-d-du desertierst.“
    Sie sah wie Raku für einen Moment ihre Augen schloss und ihre Atmung beruhigte.
    „Ja“ , sagte sie schlicht. Was gab es dazu groß zu sagen?
    „Warum?“ 
    „Juli, es ist gerade keine Zeit das zu diskutieren. Können w ir das später klären und jetzt weiterlaufen? “
    Juli wusste was kommen würde. Sie würden weiter laufen müssen.
    „Mein Arm“ , stellte sie bemüht nüchtern fest und hoffte, dass ihr das, egal welcher Gefahr sie sich auch aussetzen würden, ein wenig Rast verschaffen würde. Sie würde ohnehin nicht überleben, wenn sie weiter so laufen musste. Sie war am Ende ihrer Kräfte.
    Raku griff nach Julis Arm. Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt zu sehen, wie schlimm die Verletzung war. Juli war entsetzt, als sie Tränen in Rakus Aug en sah. Raku hatte den Schuss gesehen, hatte das Blut gesehen, doch der tatsächliche Schmerz, den Juli erlitt, traf sie erst jetzt, als sie die Wunde unter der zerfetzten Uniform sah. Ohne weitere Worte drückte sie Juli zu Boden, kniete sich neben sie und begann den Rucksack, den sie getragen hatte, zu durchsuchen. Es dauerte nur weni ge Sekunden bis sie das kleine

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