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Spielzeugsoldaten

Spielzeugsoldaten

Titel: Spielzeugsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filipa Leemann
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auch der Gedanke an Juli. Es war als wä ren sie untrennbar verbunden und das beunruhigte Raku noch mehr. Das durfte nicht sein. Es konnte nicht sein.
    „Du musst schlafen.“ 
    Julis Stimme war noch rau. Sie war gerade erst aufgewacht, doch als sie Raku wach neben sich sitzen sah, wusste sie sofort, dass Raku noch kein Auge zugetan hatte.
    Noch irritiert von ihren eigenen Gedanken, erwiderte Raku nur: „Nein.“
    Juli streckte sich und richtete sich auf, um auf Augenhöhe mit Raku zu sein, die sie a llerdings nicht anzusehen wagte und ihren Blick starr in den dunklen Wald, der sie umgab, gerichtet hielt.
    „Wie? Nein? Natürlich musst du schlafen.“
    „Ich komme eine Weile ohne Schlaf a us. Jetzt leg dich wieder hin! D er Tag morgen wird anstrengend.“
    „Nein.“
    „Wie? Nein?“ 
    Erst jetzt blickte Raku neben sich und ihr Magen drehte sich, als sie sich mit Julis durchdringendem Blick konfrontiert s ah. Ihr e grünen Augen funkelten im Schw arz der Nacht.
    „Ich werde wach bleiben, damit du schlafen kannst.“
    „Ich sagte doch schon, dass ich nicht schlafen muss. Ich bin ausgebildet für solche Situation en .“
    „Bis t du immer so stur?“
    Beinahe hätte Juli die Frage gar nicht gestellt und beinahe hätte Raku geantwortet, dass Juli das doch wisse. Sie sahen sich an, vergaßen die Z eit, vergaßen die Welt um sie herum , sahen sich nur an und schwiegen. Raku erwiderte nichts. Juli wusste nicht , ob sie ihre Gefühle faszinieren oder ängstigen sollten. Sie hatte ein solch blindes Vertrauen in Raku, als würde sie sie bereits ihr Leben lang kennen. Es war nicht so, dass J uli nie verliebt gewesen war - sie kannte ihre Reaktion auf solche Gefühle, sie sah sie kommen - aber dies hier war mit nichts zu vergleichen. Es war anders.
    „Magst du Nüsse?“
    Raku blinzelte.
    „Wie bitte?!“
    Juli lächelte. Sie wusste nicht so genau wo diese Frage herkam, aber nun war sie einmal gestellt.
    „Ich fragte, ob du Nüsse magst. Ich versuche mich mit dir zu unterhalten.“
    „ Wie kommst du jetzt auf so etwas? Schlaf lieber!“
    Sie bereute ihre Antwort augenblicklich, als sie den enttäuschten Blick in Julis Augen sah. Sie konnte Juli kaum zum Schlafen zwingen, aber sie war es nicht mehr gewöhnt lange Unterhaltungen zu führen. Sie hatte sich zu sehr an den kurzen, knappen, klaren Befehlston des Militärs gewöhnt. Nun ja, aber für Juli würde sie vielleicht ein wenig Small Talk aushalten. Sie hatte den dumpfen Verdacht, dass Juli sowieso keine Ruhe geben würde.
    „Ja, ich liebe Nüsse, aber ich reagiere allergisch auf sie “ ,   fügte sie dann doch hinzu.
    „Also, keine Nüsse ?“
    Raku schüttelte den Kopf und lächelte.
    „Nein, außer du möchtest meinen Kopf anschwellen sehen. Mein Bruder hat früher immer gesagt, dass ich wahrscheinlich in einem anderen Leben zu viel davon gegessen habe und meine Seele mal ein Leben lang Ruhe habe n will.“
    „Sehr schade, meine Mutter macht das beste Nussbrot in ganz Patrona.“
    Raku blickte zu Boden.
    „Ich glaube kaum, dass deine Mutter mich je kennen lernen wird.“
    „Ich bin sicher, dass meine Mutter den Menschen kennen lernen möchte, der ihrer Tochter das Leben gerettet hat.“
    „Ich weiß “, Raku zögerte, „ich weiß gar nicht, ob ich jemals wieder nach Patrona zurück kann, wenn ich es einmal verlassen habe. Ich desertiere gerade, ich glaube kaum, dass ich dafür noch eine Auszeichnung kriege.“
    Juli schluckte schwer, als ihr der Gedanke kam, dass ihr und Rakus Weg sich vielleicht schon bald wieder trennen würden, dass Raku dafür sorgen würde, dass Juli zurück nach Hause konnte und selbst zurück bleiben würde, wo auch immer sie dann waren. Und dann geschah etwas, was von diesem Augenblick an öfter geschehen sollte. Sie dachte einen Gedanken, der nicht ihrer war. Ein Gedanke, der nicht zu dem passte, was sie gerade lebte. Sie dachte einen fremden Gedanken, der dennoch vertraut erschien. So vertraut, wie es nur ihre eigenen Gedanken sein konnten.
    ‚Du kannst mich nicht wieder verlassen!’ schrie es in ihrem Kopf und Juli erstarrte.
    Geistesgegenwärtig verdrängte sie jegliche Überlegung, die den Gedanken betraf. Das ging zu weit! Damit konnte sie sich jetzt nicht befassen. Vi elleicht wurde sie wahnsinnig. V ielleich t begann sie Stimmen zu hören. V ielle icht war sie doch bereits tot. V ielleicht hatte die Kugel nicht ihren Arm getroffen, sondern ihr Herz. Es hatte sich angefühlt wie eine Erinnerung, als wäre es ihre

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