Spinnenfalle
toll es gewesen wäre, und jede versuchte die andere bei der Schilderung der Planschereien und Wasserkämpfe zu übertönen.
Daniel grinste müde auf sie runter und sagte: »Es war echt witzig mit den beiden. Aber das nächste Mal bist du dran, klar?«
Ich zuckte nur die Schultern und holte meine Frikadellen aus dem Korb.
»Seht mal, was ich uns für ein tolles Abendessen gemacht habe«, sagte ich.
Das stimmte zwar nicht so ganz, aber es war auch eins von ihren Lieblingsessen.
»Lecker«, sagte Kris gleichgültig und ging aus dem Zimmer.
»Keinen Hunger«, sagte Kathi uninteressiert und folgte ihr.
Ich stand da wie ein belämmerter Hund im Regen und sah Daniel an.
Der verzog den Mund. »Wir haben eben noch im Eiscafé eine Riesenportion Eis geschlemmt. Wir sind echt pappsatt. Mama hatte mir Geld gegeben. Schade!« Er warf einen bedauernden Blick auf die Fleischklößchen und verschwand ebenfalls.
Zum zweiten Mal an diesem Tag hätte ich heulen können.
Wieder war ich ganz allein.
Jedenfalls hatte ich noch Marlon.
Aber wenn der kickte, hatte er kein Handy im Strumpf dabei - den konnte ich also auch nicht erreichen.
Ich legte mich auf mein Bett und betrachtete die Zimmerdecke. Sonst fantasiere ich mir da oben immer Bilder oder ganze Geschichten zusammen, aber heute war ich zu müde und zu enttäuscht dafür.
Albern. Als wäre ich ein kleines Kind, das jammert: »Keiner hat mich lieb!«, bloß weil eine Verabredung in die Binsen gegangen ist und weil meine Geschwister ohne mich Eis essen waren.
Davon geht die Welt doch nicht unter.
Schließlich holte ich mir meinen Laptop und schob Das doppelte Lottchen rein. Jetzt mussten mich eben Lotte und Luise Palfy trösten.
Das schaffen sie immer.
Als ich Ljuba am nächsten Tag beim Frühstück fragte, warum sie meine Freundinnen an die Hamme geschickt hätte, reagierte sie genau so, wie ich erwartet hatte.
Sie sah mich aus weit aufgerissenen Augen an. »Habe ich nicht geschickt. Habe ich gesagt: Viel Spaß an der Hamme.«
»Wir wollten aber an der Wümme picknicken.«
»Wümme? Gibt es auch Wümme?«
Sie stellte sich dumm, aber sie tat es ziemlich überzeugend. Fast war ich schon bereit, zuzugeben, dass ich mich geirrt hatte, aber glücklicherweise gab es ja noch Martha und Laura, die ich fragen konnte.
»Ach Alex, was für eine Pleite, dass du gestern nicht dabei warst! Wir haben dann noch eine unheimlich nette Truppe getroffen und sind mit denen später in eine Kneipe gegangen. Das war ein Tischtennisclub und die haben irgendeinen Sieg gefeiert und Cola floss in Strömen … und gelacht haben wir - es war echt megatoll!«
»Wie schön für euch. Aber jetzt mal ehrlich: Waren wir an der Wümme oder an der Hamme verabredet?«
Die beiden sahen erst sich und dann mich an.
Dann zuckte Martha die Schulter. »Ehrlich gesagt, ich weiß es selber nicht mehr ganz genau. Ist ja auch egal - war jedenfalls ein toller Tag!«
»Ja, für euch vielleicht«, sagte ich finster, aber da ging Laura auf mich los.
»Ach ja? Aber du hast doch einen Kerl und hängst dauernd mit dem ab, und wenn wir mal mit netten Leuten Spaß haben, dann nimmst du uns das übel! Komm, Alex, jetzt gönn uns auch mal was! Sei nicht so egoistisch!«
Ich sah sie fassungslos an. Ich - egoistisch? Wieso das denn?
»Da hatte euer Au-pair echt nicht ganz unrecht«, sagte Martha. »Du denkst wirklich, alles muss sich immer nur um dich drehen.«
»Das hat sie gesagt?« Ich fasste es nicht.
»Na ja, nicht mit diesen Worten, sondern sehr nett -
eben dass du so ein bisschen eine Prinzessin wärst oder so - nein, Prinzessin hat sie nicht gesagt, aber das konnte man sich daraus zusammenreimen.«
Aha. Ich warf den beiden einen hoffentlich vernichtenden Blick zu, drehte mich auf dem Absatz um und ging.
Was zum Teufel war hier los?
Was hatte Ljuba meinen Freundinnen eingeredet?
Und wieso glaubten die ihr das?
Hatte Ljuba am Ende recht? War ich zu häufig mit Marlon zusammen gewesen und hatte die Primadonna rausgekehrt?
Das stimmte doch gar nicht! Die Idee zu dem Picknick war von mir gekommen!
Ich setzte mich auf ein Mäuerchen in der Nähe der Turnhalle, starrte auf die Erde und fühlte mich hilflos.
War ich wirklich eine miese Freundin?
Als Marlon mich dort aufstöberte, war ich kurz vor dem Losheulen. Er erkannte gleich, dass ich mich beschissen fühlte, und legte schweigend den Arm um meine Schultern.
»Ich kapier es einfach nicht«, sagte ich leise. »Ich hatte mich mit Laura und Martha
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