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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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verborgen.
    Ich setzte mich an den Tisch und griff mir eins der Brötchen, die Daniel geholt hatte - seine gute Pfadfindertat an jedem Tag.
    Mama ließ sich auf ihren Platz fallen und goss sich Tee ein. Dann nahm ich die Kanne und sah voller Vorfreude die goldbraune Flüssigkeit in meine Tasse strömen, als Daniel plötzlich rief: »Nee, nicht schon wieder!«
    Ich machte erschrocken einen kleinen Schlenker mit der Kanne und kleckerte etwas Tee auf den Tisch.
    »Pass doch auf, was du sagst!«, schimpfte ich. »Einen so zu erschrecken!«
    »Aber das ist doch echt das Letzte! Schon wieder eine Messerstecherei im Bahnhofsviertel«, tönte Daniel hinter seiner Zeitung hervor. »Diesmal sogar mit einem Toten! Und einer liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Die Polizei
fahndet nach einer Zeugin, die man am Tatort gesehen hat. Wow! Ach, da schau her! Der eine, der verletzt ist, heißt übrigens so wie Ljubas Freund - Grigorij.«
    Klirr! Ljuba hatte ihre Tasse hastig auf die Arbeitsfläche gestellt.
    »Das ist bestimmt nicht mein Schulkollege«, sagte sie, aber ihre Hand zitterte, das sah ich deutlich. »Gibt viele Grigorijs.«
    »In Bremen? Eher nicht«, sagte meine Mutter nachdenklich. »Vielleicht erkundigst du dich mal, ob er es ist, Ljuba«, fuhr sie fort. »Das ist ein gefährliches Pflaster. Dort halten sich viele Drogenhändler und Zuhälter auf.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Der Grigorij, den ich kenne, ist kein Verbrecher!«, sagte Ljuba mit tonloser Stimme. Sie sah aus, als würde sie gleich losheulen. »Er ist ein guter Mann!«
    »Meinst du mich?«, fragte Papa, der beim Hereinkommen ihre letzten Worte mitgekriegt hatte, und warf sich in die Brust. »Ich bin ein toller Mann, das kann ich euch sagen …« Er brach ab, weil Ljuba an ihm vorbei aus dem Esszimmer stürzte und die Treppe runterrannte.
    Wir hörten eine Tür zuschlagen und sahen uns verdutzt an.
    »Vielleicht ist das ja doch ihr Grigorij«, sagte Kris. »Und jetzt ist sie traurig.«
    »Hm«, machte Mama. »Seltsam. Aber jetzt esst mal schneller, ihr müsst gleich los!«
    Ich patschte dann durch den Regen zur Haltestelle und dachte über Ljubas merkwürdige Reaktion nach. Klar hatte sie Angst, dass der Verletzte von der Messerstecherei ihr Grigorij war, das war deutlich zu erkennen gewesen.
    Was hatte dieser Typ auf dem Kerbholz? Wie war er in eine Messerstecherei geraten?

    Und wer war diese Zeugin, die die Polizei sprechen wollte?
    Ljuba?
    Wo war sie gestern Abend gewesen?
    Wann war sie nach Hause gekommen?
    Hatte sie was mit Drogenhändlern zu schaffen?

    Eigentlich konnte man den Unterricht vergessen, am Donnerstag gab es Ferien, alle Tests waren geschrieben, alle Zensuren bekannt und wir trafen uns mit den Lehrern eigentlich bloß noch zum Quatschen.
    Von einem Lehrplan war nichts mehr zu merken.
    Weil es immer noch regnete, blieben wir in der Pause drinnen und blödelten rum. Marlon saß auf dem Platz neben mir und klaute sich was von meinen Paprikastreifen.
    »Mmmhm, lecker.« Er schmatzte theatralisch.
    Laura setzte sich auf meinen Tisch. »Sagt mal, in unserer braven Stadt geschehen ja neuerdings kriminelle Sachen! Hast du das mit der Messerstecherei und diesem Grigorij gelesen?«
    »Nö«, sagte ich. »Aber Daniel. Er schnappt sich morgens immer die Zeitung und rückt sie erst raus, wenn er damit durch ist.«
    »Dann weißt du, dass es Russen waren?«, fragte sie weiter. »Meinst du, dass Ljuba den kennt? Das wäre doch der Hammer!«
    »Nein, Ljuba hat gesagt, sie kennt niemanden, der so heißt.«
    Sie schaute mich forschend an. »Du sagst das mit so einem komischen Unterton.«
    Ich spreizte die Finger. »Tja, weil Marlon und ich sie neulich mit einem gewissen Grigorij gesehen haben. Das haben wir von den Minis erfahren, die kannten ihn nämlich.«

    Laura drehte sich zu Marlon um. »Ist das wahr?«
    Er grinste sie kauend an. »Alex lügt doch nicht.«
    Laura verdrehte die Augen. »Nein, natürlich nicht. So hab ich das doch auch gar nicht gemeint.« Sie beugte sich vor und klaute das letzte Paprikastück. »Außerdem ist dieser Grigorij aus der Zeitung ja ein armes Opfer und vielleicht ist er ganz zufällig in diese Messerstecherei geraten.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, widersprach ich heftig. »Wer sich um diese Zeit dort auf der Meile rumtreibt, ist bestimmt kein unschuldiges Gänseblümchen.«
    Laura zuckte die Achseln. »Na, vielleicht war das ja überhaupt nicht Ljubas Freund.«
    »Vielleicht aber doch«, sagte Marlon ruhig

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