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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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rechte Hand." Der Ober bringt das Steak. »Guten Appetit«, sagt er und stel t es hin. »Danke«, erwidere ich. Es gibt mir einen Schlag. Sekunden bin ich wie gelähmt.
    Am Nebentisch, genau mir gegenüber, sitzt Henry Louten. Der Hol änder. Der Agent. Der Doppelagent. Ausgebildet wie ich in Berlin und Hamburg. Über Spanien nach Amerika geschmuggelt. Übergelaufen zu den Yankees. Arbeitet für Amerika. Gibt Scheinmeldungen nach Deutschland durch. Wir merken die Sache, aber wir spielen mit ihm weiter. Henry Louten ist Agent der FBI. Und ich sitze ihm gegenüber. Im >Hickory< in der 51. Straße. Und er kennt mich. Ich kenne ihn, und wenn man mich faßt, kostet es meinen Kopf . . .
    Ich nehme das Messer in die Hand, wie gelernt. Die Hand zur Faust geballt. Gibt mehr Druck. Ich schneide das Fleisch in kleine Stücke. Der Hol änder beobachtet mich dabei und tut, als ob er mich nicht sähe. Aber er hat mich erkannt. Ich sitze am dritten Tisch vor dem Ausgang. Wenn er aufsteht und schreit, habe ich keine Chance. Ich habe keine Waffe bei mir. Ich bin geliefert.
    So oder so. Durch einen lächerlichen Zufall. Durch den
    lächerlichsten Zufall, den es gibt. Durch eine Begegnung in der größten Stadt der Welt. Die Chance, die der Zufal hatte, war eins zu zehn Millionen. Er hat sie wahrgenommen.
    Ich würge mein Steak hinunter. Langsam. Nicht hastig. Wie gelernt. Wie schüttelt man einen Verfolger ab? Wie gelernt. Die Musik macht Pause. Ein paar Leutchen klatschen. Die Kapel e setzt gleich wieder ein. Sie spielt die Moonlight-Serenade. Mein Lieblingsstück. Ich habe eine Schwäche für
    romantische Musik. Aber in meiner Begegnung mit dem Holländer ist keine Romantik. Er zahlt. Beim selben Kel ner wie ich. Auch ich rufe ihn an den Tisch.
    Warum gibt der Holländer nicht Alarm? Was für eine Story für die Zeitungen!
    »Deutscher Agent beim Steakessen gefaßt!«
    »Spion im Herzen von New York!«
    »Nazi wol te Beefsteak essen!«
    »Spion mit Musik!«
    »Der Hunger war sein Henker!«
    »Iß nicht soviel und du lebst länger!«
    Der Holländer steht ganz langsam auf. Zwei Schritte entfernt geht er an mir vorbei. Er wirft mir keinen Blick zu, auch keinen schrägen. Schließlich haben wir unsere Sache beide an derselben Agentenschule gelernt. Er ist groß und breitschultrig, hat eine fahle Gesichtsfarbe und helle, fast farblose Augen. Seine Haare sind dünner geworden. Er ist Henry Louten, jeder Zweifel ausgeschlossen!
    Ich habe ruhig zu sein. Ich habe mir nichts anmerken zu lassen. Ich habe nicht zu schwitzen. Ich habe denselben Puls zu haben wie sonst. Aber das Herz ist nicht in die Agentenschule gegangen . . .
    Louten steht beim Portier. Er spricht mit ihm. Etwas Belangloses. Links ist die Telefonkabine. Er geht auf sie zu, geht — an ihr vorbei. Ich bin zwei Meter hinter ihm. Auf der Straße passiert uns ein Streifenwagen der New York City Police. Ganz langsam. Der Hol änder braucht nur den Arm zu heben, und ich bin gefaßt. Der Wagen rollt langsam weiter. Ganz langsam. Wir stehen unter der Tür. Er zwei Meter vor mir. Wir kennen uns nicht. Wie gelernt. Er geht nach links. Ich gehe nach rechts.
    Aus! — Nichts passiert!
    Gar nichts. Er hat mich erkannt und übersehen. Absichtlich. Warum, weiß ich heute noch nicht. Vielleicht wollte er sich eine Chance nach dem Krieg offenlassen, falls ihn Deutschland gewinnt. Oder er hatte ein Rendezvous und wol te nicht zu spät kommen. Oder er wollte keine Scherereien mit der FBI, weil er sie belogen hatte. Er ließ mich laufen. Ich hatte meine Freiheit in der Tasche.
    Für siebzehn weitere Tage . . .
    Drei Wochen lang morste ich in Hamburg unter Anleitung von Heinz di-da-di di-da-di. Ich war zu langsam. Ich mußte schnel er werden. Viel schneller. Ich bin bei der seltsamen Importfirma in der Mönckebergstraße fast niemandem begegnet. Sie hatte ganz normale Aufträge zu erledigen; ich war sozusagen nur die geheime Unterabteilung, der Privatschüler Springer.
    Kurz vor Abschluß meiner Funkausbildung mußte ich dreimal hintereinander einen langen Text durchgeben, der mir unverständlich blieb.
    »Jetzt haben wir deine Handschrift«, sagte Heinz. »Wieso?«
    »Jeder Funker hat eine ganz bestimmte Art zu morsen«, erläuterte mein Lehrer.
    »Bei dem einen sind die Zwischenräume größer, der andere gibt die Punkte etwas zu kurz oder die Striche eine Winzigkeit zu lang. Jede >Handschrift< wird auf Wachsplatten aufgenommen. Wir haben Spezialisten, die bei einem
    Vergleich sofort sagen

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