Spion Für Deutschland
wichtig zu machen?
Möglich war al es. Darüber war ich mir damals schon im klaren. Nach dem Krieg freilich sollte es mir noch viel klarer werden . . .
Teil zwei meines Auftrags hieß: Sabotage. Ich sollte eine Gruppe
zusammenstellen, die Sprengstoffanschläge auf das Hauptwerk der
amerikanischen Atomindustrie ausführte. Zu diesem Zweck waren Leute und Geld in Südamerika bereitgestel t. Es fragte sich nur, wieweit man sich darauf verlassen konnte — auf die Leute sowohl als auch auf das Geld.
Möglicherweise war beides falsch.
Wozu das eigentlich alles? fragte ich mich in diesen Tagen immer wieder.
Lohnte es sich denn noch? Gab es für mich noch so etwas wie eine Pflicht?
Warum ging ich nicht einfach auf und davon wie später meine Vorgesetzten und Kollegen? Warum setzte ich nicht einfach eine Zeitlang aus und wartete, bis man mich wieder brauchte? Wie später meine Kol egen und Vorgesetzten!
Es war vereinbart, daß ich über ein Inserat in einer südamerikanischen Zeitung mit Verbindungsleuten in Peru zusammentreffen sol te. Irgendein harmloser Text, den ich heute nicht mehr in Erinnerung habe, sol te ihnen sagen, daß sie auf dem schnellsten Weg nach New York zu kommen hätten.
Das Inserat erschien.
Die V-Leute sol ten nunmehr mit einem Inserat in derselben Zeitung bestätigen, daß alles wie besprochen abgelaufen war. Ich mußte also jeden Tag die Zeitung kaufen. Es gab sie nur an den größten Ständen in New York, und an ihnen lauerte, ohne daß ich es wußte, das Verhängnis auf mich . . .
Der letzte Tag des Jahres 1944 begann für mich wie jeder andere. Mein Zimmer war überheizt, die Tapeten waren unfreundlich. Ich rasierte mich, trank in einer Snack-Bar Kaffee. Ich war schlechter Laune. Aber das war ich immer, seit ich Joan verlassen hatte. Immer wieder wollte ich zu ihr zurückgehen. Was sie jetzt machte? Was sie von mir dachte? Ob sie die grausame Überraschung am
Morgen überstanden hatte?
Ich kannte das kleine Modegeschäft in New York, das sie führte. Ein paarmal war ich in die Nähe ihres Ladens gegangen. Ich wollte sie noch einmal sehen.
Ich hatte nicht einmal ein Bild von ihr, durfte auch keines besitzen. Ich sah ihr Gesicht, ihre Augen, ihre Hände immer wieder vor mir. Es war zum
Verrücktwerden. Und zwischendurch machte ich Botengänge für einen
irrsinnigen Krieg . . .
Um 13 Uhr aß ich Steaks. Zwei Stück. Ich hatte plötzlich großen Hunger. Auch die Pommes frites waren ausgezeichnet. Dann kaufte ich mir ein paar
Zeitungen. Die Kriegsmeldungen überging ich. Ich las eine Rede Roosevelts. Ich konnte ihn nicht leiden. Und war darin vielen Amerikanern nur ein paar Jahre voraus. Dann ging ich zu einem Kriminalfall über.
In der Nähe des Restaurants, in dem ich gegessen hatte, war ein Kino. Ich löste mir eine Karte. Ein Wildwestfilm, aber so langweilig gemacht, daß ich das Kino nach einer halben Stunde verließ.
Ich hatte mir wieder angewöhnt, auf meine Umgebung zu achten. Ich war sicher, daß mich niemand verfolgte. Das stimmte auch. New York setzte zur Silvesterfeier an. Silvester würde ich al ein feiern müssen. Aber noch hatte ich keine Ahnung, wo . . .
Ich ging auf den Times Square im Herzen von New York zu. Es war erst Nachmittag. Das Wetter war trüb. Hunderte von Menschen hielten sich am Times Square auf. Leute, die sich amüsieren wol ten, die sich langweilten oder die ihren Geschäften nachgingen. Auf der rechten Seite war ein Zeitungsstand.
Er führte das Blatt, das ich von Berufs wegen täglich zu lesen hatte.
Ich ging zuerst am Stand vorbei. Ich machte es immer so, wenn ich Zeitungen kaufte. Es herrschte ziemlicher Andrang. Immer waren drei, vier Käufer da, legten ihre Cents in eine Schale, nahmen das gewünschte Exemplar weg. Ein paar Leute standen in der Nähe. Aber immer stehen Leute in der Nähe eines Zeitungsstandes. Es gibt eine Unzahl Menschen, die ihre Neugierde nicht bezähmen können und am unrechten Ort in die Zeitung sehen.
Ich passierte den Stand noch einmal. Hinter mir kamen zwei Teenagers. Sie erzählten sich eine Tanzstundengeschichte und kicherten. Vor mir ging auf Krücken ein Invalide in Uniform. Die Menschen, die ihm begegneten, machten betroffene Gesichter. Pausenlos fuhren Autos über den Platz. Eine Frau verlor ein Paket. Ich hob es auf. Sie dankte lächelnd.
Ich ging auf den Stand zu. Ein Blick links, ein Blick rechts. Die Luft mußte rein sein. Nirgends standen in der Nähe zwei Männer zusammen. Ich hatte auf zwei Personen
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