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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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kennen die nichts. Da wird nicht gespart.«
    Er lachte. Er konnte den Mund nicht halten. Er schob mir ständig Zigaretten durch die Maschen und plapperte vor sich hin, was er dachte. Er war dumm, dumm, aber ehrlich.
    »Jonny«, fragte ich, »wie lange habe ich noch zu leben?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er, »genau weiß man das immer erst eine Nacht vorher. Aber ich glaube, daß sie dich am 15. April holen. Ich habe so etwas läuten hören . . .«
    Um elf Uhr rief man mich zum Kommandanten. Man nahm mir einen
    Augenblick die Handschel en ab.
    »Mr. Gimpel«, sagte der Offizier, »ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen.
    Der amerikanische Präsident Roosevelt hat Ihr Gesuch um Begnadigung
    abgelehnt. Damit kann das Todesurteil vollstreckt werden. Sie erfahren zwölf Stunden vor der Hinrichtung, wann es soweit ist.«
    Er hatte einen kleinen Mund, eine gerade Nase und einen runden Kopf. Ich sagte das ständig vor mich hin, um die Haltung nicht zu verlieren.
    »Sie haben sich bisher benommen wie ein Mann. Benehmen Sie sich weiter so.
    Guten Morgen.«
    Wieder in der Zel e. Wieder al ein. Wieder der Zeit und dem Geschwätz ausgesetzt.
    Ob das Leben schön ist? Ob es nicht besser ist, wenn es zu Ende geht? Es gibt so viele Gemeinplätze und man sagt sie so oft und denkt sich nichts dabei. Und einen von ihnen sagte ich immer wieder laut vor mich hin:
    »Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.«
    Bald war es wohl vorbei. In einem einfachen Holzsarg würde man mich

    davontragen. Zur Anatomie natürlich.
    »Hier sehen Sie die Leber, die Milz, die Gal e«, würde ein Professor dozieren.
    »Das Herz ist kerngesund. Woran erkennen Sie das, Mr. Shuster?«
    Nie mehr würde ich erleben, wie die Kirschbäume blühen, nie mehr würde ich eine Frau umarmen, nie mehr würde ich am Steuer eines Autos sitzen, nie mehr würde ich die Trompete Louis Armstrongs oder die Posaune von Tommy Dorsey hören. Nie mehr . . . Nie mehr . . . Nie mehr . . .
    Die Frauen meines Lebens zogen an mir vorbei. Ich stand an der Reling der
    >Drottningholm< — 1942 war es —, und neben mir lehnte im hauchdünnen Sommerkleid die blonde Schwedin Karen S. Der Wind spielte mit ihren Haaren.
    »Komm mit! Mein Vater hat dich bestimmt gern. Er mag Leute deines Schlages.
    Wir können heiraten. Ich bin nicht arm. Und der Krieg ist dann für dich vorüber.
    Wenn du mich liebst, kommst du mit.«
    »Ich liebe dich«, erwiderte ich. »Du liebst mich nicht.« Ich küßte sie.
    »Später«, entgegnete ich, »nach dem Krieg.« Nach dem Krieg! Unsinn . . .
    Und dann stand Margarete vor mir, die kleine, kesse Berlinerin.
    »Sei nicht verrückt«, sagte sie, »bleib hier. Fahr nicht nach Amerika, alle sagen, daß du nicht zurückkommen wirst. Du bist irrsinnig, wenn du gehst. Schau dir diesen Billy an, seine Affenarme, seine falschen Augen. Der wird dich verraten, verlaß dich darauf. Eine Frau fühlt so etwas. Bleib hier in Deutschland — bei mir.«
    Wie viele Warnzeichen des Schicksals hatte ich überfahren? Und jetzt stand Joan vor mir. Schlank, grazil, groß. »Seltsam«, sagte sie, »ich habe das Gefühl, als ob wir uns schon lange kennen würden . . . Bei dir weiß ich immer im voraus, was du sagst, was du denkst. Ich glaube, Männer wie du sagen immer, was sie denken. Und sie denken richtig.«
    Sie legte den Arm um mich. Ich sah ihr in die Augen. Der Krieg stand stil .
    Durfte ich sie küssen? Durfte ich sie lieben? Durfte ich ihr Leben mit dem Fluch verbinden, der an meiner Tätigkeit als Spion haftete? Gehaftet hatte. Haften würde?
    Das Herz dachte anders als der Kopf. Wir lachten, flüsterten, küßten. Für ein paar Stunden, bis ich gehen mußte . . .
    Waren damals die Stunden genauso lang wie jetzt in der Zel e, wie jetzt, da ich auf den Sergeanten mit dem Spitzmauskopf wartete, der mir sachgerecht die dreizehn Knoten um den Hals legen würde? Ich warf mich auf die Pritsche, stand im gleichen Augenblick wieder auf.
    Der Schweiß war wieder da, die Trockenheit, das lederne Gefühl im Mund. Nur nicht daran denken, lenkte ich mich ab, redete ich mir ein. Denk an etwas anderes! Denk an das, was in deinem Leben schön war! Denk nicht an den verfluchten Krieg, an das verdammte Ende. Am besten: denk überhaupt nichts!
    Und dann stand der Wahlspruch des Reichssicherheitshauptamtes vor mir, und ich hörte einen meiner Chefs sagen:
    »Überlassen Sie das Denken den Pferden, die haben einen größeren Kopf.«
    Es war jetzt zehn Uhr. Jonny wurde

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