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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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lesen.«
    »Ich danke Ihnen«, erwiderte Kate und meinte es auch so.
    Im Auto öffnete sie den Band in der Hoffnung, er habe ihn wenigstens signiert. Er hatte mehr getan: Für Kate, hatte er geschrieben, der an Nellie lag und die nicht zu viele Fragen stellt.
    Mit einem Aufruhr von Gefühlen, der sie selbst überraschte, klappte Kate den Band zu. Sie mußte warten, bis die Tränen zurück-traten, ehe sie losfahren konnte.
    Erst spät war Kate wieder zu Hause, müde von der Fahrt nach Boston, dem Flug, der Fahrt vom New Yorker Flughafen in die Innenstadt und ihren widersprüchlichen Gefühlen: einerseits war sie froh, Rosie begegnet zu sein, der so tapfer in seinem Kummer war, andererseits kam sie sich albern vor, weil sie aus einem schrecklichen Unfall einen Mord hatte machen wollen, nur weil sie gewissen Männern Mord zutraute. Sie und Reed saßen bei ihren Drinks. Kate genoß es, still neben ihm zu sitzen. Sie würde ihm von dem Besuch bei Rosie erzählen, aber jetzt noch nicht. Ihre Eindrücke mußten sich erst setzen – im Gegensatz zu ihren Erfahrungen an der Schuyler: deren Trostlosigkeit lag ihr seit Tagen wie Blei im Magen.
    »Ich bin mir sicher, daß du gute Arbeit leisten wirst mit deinem Projekt, und vielleicht wird ja auch mein Bemühen, Literatur und Recht zu kontrapunktieren, für irgend jemanden Sinn ergeben, aber ich kann einfach nicht anders, als mich immer mehr zu fragen, warum wir uns dafür eine so lausige Universität ausgesucht haben.
    Warum mußten wir in einem so deprimierenden Laden landen? An den meisten anderen juristischen Fakultäten geht es doch bestimmt anders zu. Bitte sag, daß es so ist.«
    »Du wirst es nicht glauben, Kate«, meinte Reed, »aber die Schuyler brachte mich dazu, meine eigene Fakultät mit neuen Augen zu sehen. Und auch Harvard. Dort begründet man die Tatsache, daß sie keine schwarze Frau mit Lehrstuhl haben, damit, es gäbe einfach keine, die gut genug für Harvard sei. Was, frei übersetzt, nichts anderes bedeutet, als daß die in Frage kommenden vielleicht andere Vorstellungen davon haben, wie Recht gelehrt werden müßte. Apropos Harvard, ich habe dir ein Buch mitgebracht, das du lesen soll-91

    test.«
    »Aha! Des Intellektuellen Lösung für alles. Wessen Ergüsse sind es?«
    »Kate Fansler rümpft die Nase über Bücher! Das kann nur Mü-
    digkeit sein. Du weißt so gut wie ich, daß Bücher die Welt verändert haben. Verlangst du noch mehr?«
    »Entschuldige, Reed. Ich habe ein dummes Gefühl wegen meiner Reise, und wenn ich mir dumm vorkomme, werde ich streitsüchtig, dummerweise natürlich. Welches Buch hast du mir mitgebracht?«
    »Es befaßt sich mit Harvards juristischer Fakultät – nein, nicht das von Scott Turow. Der Titel ist ›Broken Contract‹ und der Autor heißt Kahlenberg. Wenn du es nicht lesen und dir weitere Desillusi-onierungen über juristische Fakultäten ersparen willst, erzähle ich dir, worum es im wesentlichen geht. Die meisten Jurastudenten in Harvard, wie auch an vergleichbaren Universitäten, beginnen ihr Studium mit dem Ziel, später in den Staatsdienst zu gehen. In den letzten Jahren ist allerdings die Tendenz zu beobachten, daß sich immer mehr Studenten nach einigen Semestern anders orientieren.
    Ein Grund ist das Geld. Im Wirtschaftsrecht werden im Vergleich zum Staatsdienst riesige Gehälter gezahlt, und viele Studenten haben große Darlehen zurückzuzahlen. Ein anderer Grund ist, daß Harvards Jura-Fakultät mit großen, auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Kanzleien zusammenarbeitet – die übrigens zu ihren reichsten Alumni und großzügigsten Spendern gehören – , und gemeinsam wirken sie dahin, die Studenten in diese Richtung zu lenken. Der Hauptgrund ist jedoch, daß die Studenten früh entdecken, daß im öffentlichen Dienst keine Macht zu haben ist, keine Jobs in der Politik winken und schon gar nicht das gute Leben, keine luxuriösen Arbeitsbedingungen und kein Platz in den Reihen der Einflußreichen. Die juristische Fakultät Harvards, wie die anderer Eliteanstalten, predigt Wasser, sorgt aber dafür, daß ihre Studenten sie nicht mißverstehen: daß es ums Wein-trinken geht. «
    »Der Autor scheint dich überzeugt zu haben. Vielleicht irrt er aber, kocht nur sein eigenes Süppchen oder haßt Harvard einfach, ein keineswegs seltenes Gefühl.«
    »Vielleicht. Aber er zitiert eine Rede des damaligen Harvardprä-
    sidenten Derek Bok. Zehn Jahre zuvor, in den ersten Reagan-Jahren, hatte Bok eine Rede gehalten, in

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