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Spitfire: Kühler Tod

Spitfire: Kühler Tod

Titel: Spitfire: Kühler Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Sandoval
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oder es ist ihm einfach egal, denn kurz darauf werden wir zu unserem Tisch am Bühnenrand geführt. Das Jazzquartett spielt gerade
So What?
von Miles Davis. Scott schlägt die Speisekarte gar nicht erst auf. Ich werde beinahe ohnmächtig, als er den Keller herwinkt und verkündet: »Wir nehmen zwei Mal das Degustationsmenü und dazu die Weinempfehlungen des Sommeliers.«
    Ich überschlage das schnell im Kopf: Mit den »5 Prozent Aufpreis, mit deren Hilfe all unseren Angestellten eine Krankenversicherung garantiert wird«, wie es unten auf der Speisekarte steht, sind das über zweihundert Dollar – pro Person!

    Es wird ein kulinarisches Erlebnis der Spitzenklasse mit überraschend angenehmer Gesellschaft, nachdem Scott seinen bösen Zwilling erst einmal davongejagt hat. Ich aale mich noch in einem gastronomischen Nachglanz, als wir das Restaurant wieder verlassen.
    Scott erzählt mir eine lustige Geschichte von seinem Sohn: »Also frage ich Caleb: ›Was wünschst du dir zu Weihnachten?‹, und er sagt, er hätte gerne ein neues Fahrrad. Dann denke ich, dass er mir vielleicht auch mit Zoes Geschenk helfen kann, und frage: ›Und was wünschst sich deine Schwester zu Weihnachten?‹, und er schießt sofort zurück: ›Dass ich ihr Geschenk bekomme.‹«
    Wir lachen. »Wie alt war Caleb denn da?«
    »Fünf. Der Junge ist ganz der Vater.« Dann schlägt er einen Plauderton an. »Und mögen Sie Kinder?«
    »Nicht so besonders«, sage ich wahrheitsgemäß. »Sogar als ich selbst noch ein Kind war, mochte ich Hundewelpen immer lieber.« Wir nähern uns einer Reihe Taxis und ich biete an, eines davon zu nehmen, aber Scott will nichts davon wissen.
    Während er mich nach Hause kutschiert, beobachte ich die Straßenlaternen, an denen wir vorüberfahren. »Gibt es schon etwas Neues in der Mordermittlung?«, fragt er.
    Die Frage trifft mich wie ein Faustschlag in meinen vollen Magen. »Nein.« Nach einer langen Stille sage ich: »Ich hoffe, Vilma geht es gut«, nur um das Thema zu wechseln.
    »Sie schläft. Sie hat ein paar Tabletten genommen, und das Zeug haut sie immer total um.« Scott setzt ein teuflisches Grinsen auf. »In den nächsten Stunden wird sie mich nicht vermissen.«
    Oh, oh, denke ich. Irgendwie muss ich jeden möglichen Anflug von Lüsternheit aus seinem Kopf vertreiben, bevor wir bei mir sind. »Und … wie haben Sie Ihre Liebste kennengelernt?«
    Er lächelt. »Wir haben uns bei der Arbeit getroffen. Sie war in New York meine Assistentin.«
    »Ach, wirklich?«, frage ich und höre selbst den skeptischen Klang meiner Stimme. »Wie lange ist das denn her?«
    »Ungefähr zehn Jahre.«
    Mir geht durch den Kopf, dass seine Kinder elf und zwölf Jahre alt sind, und Scott bemerkt meine Verwirrung. »Meine erste Frau ist unerwartet verstorben. Vilma war damals einfach für mich da, verstehen Sie? Ich habe sie kurz darauf geheiratet.«
    »Das tut mir schrecklich leid«, sage ich, und das tut es wirklich.
    »Sie ist in meinen Armen gestorben«, erzählt er und seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
    Ich lasse ihn mit seinen Erinnerungen in Frieden und den Rest der Fahrt verbringen wir schweigend. Wir brauchen nicht sehr lange, immerhin ist kaum noch Verkehr und alle Ampeln blinken gelb.
    Schließlich halten wir vor meinem Mietshaus. Seine letzten Worte waren so verstörend, dass ich einfach nachfragen muss: »Wie ist es passiert?«
    Er schüttelt den Kopf. »Es war so sinnlos. Es hat geregnet und Bethany entdeckte, dass es durch das Dach in die Wäschekammer tropfte. Wir fanden niemanden, der das Leck auf die Schnelle reparieren wollte, also bin ich selbst aufs Dach geklettert und habe versucht, es mit einer Plane abzudichten. Ich habe die Plane mit Betonziegel beschwert und einer davon ist einfach abgerutscht … und hat sie am Kopf getroffen.«
    Was für eine schreckliche Art abzutreten! Ich bin entsetzt und weiß nicht, was ich sagen soll. Unbeholfen drücke ich seine Hand. Er erwidert den Druck.
    »Danke fürs Zuhören. Manchmal muss ich einfach darüber sprechen … Verstehen Sie das?«
    »Natürlich«, versichere ich.
    »Ich bin froh, dass ich es mit Ihnen kann, sprechen, meine ich. Gute Nacht, Tomasita.«
    »Gute Nacht, Dempster, und vielen Dank.« Mit einem letzten warmen Lächeln steige ich aus dem Auto.

KAPITEL 21
    Dienstag, 9. August
    Ich betrete die Lobby von Royce Durand & Associates und bei meinem Anblick hellt sich Boots Miene auf, als hätte sie schon auf mich gewartet. Vor ihr auf dem

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