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Spittelmarkt

Spittelmarkt

Titel: Spittelmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernwald Schneider
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den ›Brüdern und Schwestern vom Licht‹ Kontakt zu mir aufnahm. Auch mein Seniorpartner Haller übte sich in Zurückhaltung. Allmählich entwickelte sich bei mir die Vorstellung, dass die ›Brüder und Schwestern‹ mich wieder zu vergessen begannen oder ihr Interesse an mir gar verloren hatten.
    Es war der letzte Montag im Januar, und der Nachmittag begann bereits in Zwielicht zu verdämmern. Frau Schmitz, unsere Kanzleisekretärin, trat in mein Zimmer und meldete mir eine junge Dame, die keinen Termin hatte, unangemeldet erschienen war, die mich aber unbedingt zu sprechen wünschte.
    »Soll ich sie fortschicken?«, fragte Frau Schmitz und sah mich dabei mit hochgezogen Brauen an, sodass ihre Augen beinahe den Rand ihrer Hornbrille sprengten, was mich sofort neugierig machte.
    »Warum? Ist irgendetwas mit ihr?«
    »Sie ist sehr hübsch«, antwortete Frau Schmidt in einem Tonfall, als wäre das ein Grund, die unangemeldete Besucherin nicht vorzulassen.
    »Umso besser!«, sagte ich schmunzelnd. »Herein mit ihr!«
    Kurz darauf betrat eine in einen Nerzmantel gehüllte junge Frau mein Büro. Ich erblickte Veronika, Arnheims liebreizende Hausangestellte, die mit der linken Hand den Mantelkragen an den langen Hals gedrückt hielt, als müsse sie sich auch drinnen vor einem kalten Lüftchen schützen.
    »Ich hoffe, ich störe nicht, Herr Goltz?«, raunte sie mir spitzbübisch lächelnd entgegen und tat dabei so, als ob wir uns schon lange kannten.
    »Eine schöne Frau ist mir immer willkommen! Nehmen Sie Platz! Was kann ich für Sie tun?«
    Ihr anmutiger, entblößter Unterarm sprang aus dem pelzbesetzten Ärmel hervor. Die Erotik, die sie ausstrahlte, war durch ihren Mantel hindurch zu spüren, sodass ich dank ihres Erscheinens in mehrfacher Hinsicht um die träge Behaglichkeit meines nahenden Feierabends gebracht wurde.
    Sie ließ den Mantelkragen los und glitt auf einen der Stühle, die auf der anderen Seite meines Schreibtisches standen. »Danke für das Kompliment«, erwiderte sie und betrachtete mich mit einem Lächeln, als sei dies genug, ihre Anwesenheit zu erklären. »Sie sehen so müde aus«, sagte sie. »Sie sollten etwas für sich tun. Eigentlich sind Sie doch ein gut aussehender Mann!«
    Ich richtete mich in meinem Sessel ein Stück auf. »Solche Komplimente höre ich leider viel zu selten.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Etwas über 40.«
    Sie lächelte verführerisch. »Ein Mann in den besten Jahren! Oder fühlen Sie sich mit 40 etwa schon alt?«
    »Nein, warum? Viele Anwälte sind weit ältere Herren. Und einen Anwalt benötigen Sie doch, nicht wahr?«
    »Ganz recht«, nickte sie munter. »Ich möchte mich nämlich scheiden lassen.«
    »Sie sind verheiratet? Ich bin überrascht!«
    »Im März werden es zwei Jahre. Wir haben an meinem 19. Geburtstag geheiratet – mein damaliger Freund und ich – mit staatlicher Erlaubnis. Meine Ehe war eine Jugendtorheit. Ich möchte einen Schlussstrich ziehen.«
    »Ganz so einfach ist das nicht – wir brauchen einen Scheidungsgrund.«
    »Denken Sie sich einfach einen aus, Herr Goltz. Zum Beispiel eine unüberwindbare gegenseitige Abneigung – so nennt man das, nicht wahr? Oder – warum nicht bei der Wahrheit bleiben? Sagen Sie einfach, ich würde meinen Ehemann fortlaufend betrügen! Ganz egal –, ich nehme die Schuld auf mich. Mein Ehemann wird sich der Scheidung nicht widersetzen.«
    »Ein Mädchen wie Sie verliert man nicht so gern.«
    Sie lachte. »Es tut ihm weh, dass ich ihn verlassen habe; jedoch ich kann keine Rücksicht darauf nehmen. Er kann dankbar sein, dass er mich zwei Jahre hatte.« Ihr Gesicht wurde wieder ernst. »Er wird keine Schwierigkeiten machen, er hat gar keine andere Wahl. Er ist zwar nicht der Hellste, besitzt allerdings genügend Verstand, um zu erkennen, dass er sonst mächtig Ärger bekommen würde.«
    Sie ließ die Hand in eine Innentasche des Mantels gleiten und legte mir dann ein Schriftstück auf den Schreibtisch. »Die Heiratsurkunde habe ich Ihnen mitgebracht. Herr Hartmann sagte mir, dass Sie die brauchen.«
    »Herr Hartmann – was hat der damit zu tun?« Während ich das fragte, blickte ich auf die Heiratsurkunde herab, die meine letzten Zweifel an der Verehelichung meiner neuen Mandantin beseitigte.
    »Ich habe mit ihm über die Scheidung gesprochen«, teilte sie mir mit. »Aber er macht keine Scheidungen und hat mich an Sie verwiesen. Das war mir auch ganz recht so, denn er ist mir nicht sonderlich sympathisch.« Mit einem

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