Spitze Buben
Mann immer. Ich kann mir nicht vorstellen, wie.
Ich schlich mich hinten raus.
55. Kapitel
»Was soll'n der Scheiß?« knurrte Beißer griesgrämig. »Muß ich dich jetzt dreimal am Tach ertragen?«
»Sonn dich im Spiegel, Mann. Morpheus ist im Moment mein absoluter Liebling. Ist er da oben und zeigt irgendeiner verheirateten Dame die Tücken und Finessen des Kreuzstichs? Ich hätte vielleicht was für ihn, was ihn interessieren könnte.«
»Ah ja? Und was?« Beißer konnte ich nichts vormachen.
»Wo er vielleicht einen vergrabenen Schatz finden kann.«
Beißer bewegte behende den Hintern.
Wir gingen uns alle schon so lange auf den Nerv, daß wir wußten, wann das Gekeife etwas zu bedeuten hatte und wann es nur Machogehabe war. Beißer dachte sich, daß ich etwas hatte, und preßte das Sprechrohr an seinen Mund. Ich hörte nicht, was er sagte, aber nach kaum drei Minuten kam Morpheus die Treppe herunter. Eine Frau von erstaunlicher Schönheit spähte kurz herab, als müßte sie unbedingt sehen, welch unwahrscheinliches Ereignis Morpheus Ahrm von ihr ablenken konnte. Nach allem, was ich von ihr sah, war das eine wirklich bedenkenswerte Frage.
»Tut mir leid.« Die Frau zog sich zurück, aber meine Vorstellungskraft ging mit ihr. Ich haßte Morpheus dafür, daß er zuerst auf sie gestoßen war. Wie machte er das bloß? »Wer war das?«
Er schnaubte verächtlich. »Wisch dir den Geifer vom Kinn. Sonst könnte dich noch jemand mit einem wildgewordenen Werwolf verwechseln.«
»Wer ist sie?«
»O nein. Ich habe mich bei Schatz wie ein Gentleman benommen. Ich habe schweigend gelitten, während du Tinnie verschlissen hast. Ich habe mich nicht mal auf sie gestürzt, nachdem das in die Hose gegangen ist, weil ihr euch ja vielleicht wieder vertragt. Also vergiß meine kleine Julie, ja?«
»Ich geb' dir eine halbe Minute.«
»Sehr großzügig, Garrett. Wieso kommst du eigentlich her und vermiest mir mein Leben?« Eigenartigerweise wirkte er besorgt. Er wirkte, als wollte er jemanden verprügeln, weil er diese Schönheit dem Mob ausgeliefert hatte. Dann musterte er mich, als erwartete er wirklich, etwas von dem verbuddelten Schatz zu hören.
»Vor einer Weile hatte ich den Eindruck, daß du gern mal direkt mit dem Regenmacher reden wolltest.«
Er sah zur Treppe. Die großartige, entzückende Julie bekam jedes Wort mit, obwohl sie nicht zu sehen war. »Erzähl.«
Ich kannte Morpheus' Prioritäten. Er fand eine Julie selten interessanter als eine Möglichkeit, Rache zu nehmen. »Ich glaube, ich weiß, wo wir ihn finden können.«
Morpheus warf einen letzten, sehnsüchtigen Blick zur Treppe. »Wie hast du das geschafft? Bist du verrückt geworden? Oder übergeschnappt? Oder ist der Tote Mann aufgewacht?«
»Durch die Kraft meines Verstandes, mein Lieber. Reine Ratio.«
Morpheus spendierte mir einen seiner ganz besonderen Blicke, nur um mir zu zeigen, daß ich nicht mal einem Stein vormachen könnte, ich wäre lernfähig. »Ich beiße an, Garrett. Wo?«
»In der Oberstadt. In Maggie Jenns Palast.«
Er tat, als müßte er lange nachdenken, bevor sich sein Elfenmund zu einem unangenehmen Lächeln verzog. »Ich will verdammt sein, wenn du da nicht zufällig drauf gekommen bist. Ich hätte selbst darauf kommen müssen. Los geht's.«
»Was? Ich? Nein. Ich habe meinen Teil erfüllt. Nimm deine Leute mit. Beißer und Paddel brauchen ein bißchen Bewegung. Ich bleib' hier und halte die Festung.«
»Ha. Wie aus Ha-Ha, Garrett. Sehr, sehr komisch.«
»Einige Leute haben einen merkwürdigen Humor.«
»Redest du von mir? Ich hab' dir immerhin den Papagei geschenkt, oder nicht?«
»Genau das meine ich.«
»Was soll ich machen? Die Leute zeigen heute einfach keine Dankbarkeit mehr. Also gut. Statten wir dem Burschen einen Besuch ab.«
Ich schnitt eine Grimasse. Hinter Morpheus' Rücken natürlich. Es hatte keinen Sinn, ihm zu verraten, wer wen manipulierte. Noch nicht.
56. Kapitel
Ich fragte mich, ob da nicht ein Alarm ausgegeben worden war mit meinem Namen drauf. Wir hatten dreimal versucht, unbemerkt in die Oberstadt zu gelangen, und dreimal stießen wir auf Patrouillen. Das war unfaßbares Pech.
»Sei nicht so fröhlich!« fuhr Morpheus mich an.
Ich wollte etwas erwidern.
»Und verschon mich mit dem Gekläffe, daß du niemals enttäuscht werden kannst, wenn du nur mit dem Schlimmsten rechnest.«
»Du hast wirklich großartige Laune, ja?« Ich dachte einen Moment nach. »Wir kennen uns einfach zu
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