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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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auf seinem Bezug, der dreizehnte November.
    Heute, zehn Tage vor dem Tag, den der Frauenarzt als frühesten Geburtstermin errechnet hat.
    »Mach dir keine Sorgen, Schatz, bitte. Es wird sich alles aufklären!«
    Sorgen? Ich verliere gerade den Verstand.
    »Und noch etwas: Wenn du jetzt immer noch im Keller bist, dann verschwinde. Hau sofort ab.«
    Er spürte einen kalten Luftzug, so stark, dass die Kerze auszugehen drohte. Erst im letzten Moment glomm der Docht wieder auf.
    »Denn du hast etwas vergessen.«
    »Was ?«, fragte er wieder die Maschine. »Robert von Anselm.«
    Hinter ihm bewegte sich ein dunkler Schatten. »Du hast seine Fesseln nicht kontrolliert.«
    Marc schnellte herum, ließ den Hörer fallen und hob abwehrend die Hände vor das Gesicht, doch es war bereits zu spät. Nach einem grellen Schmerz fiel sein ersticktes Bewusstsein in ein schwarzes Nichts. Die Kerze erlosch, noch bevor er auf dem Boden aufgeschlagen war.
    51.Kapitel Bei ihrer ersten Fahrt hatte er nicht geglaubt, dass der Weg für den Fahrzeugverkehr überhaupt zugelassen war. Die Fahrbahn, die zwischen Potsdam und Berlin über Sakrow durch den Wald führte, war kaum breiter als ein Bürgersteig. Wollte man dem entgegenkommenden Verkehr ausweichen, lief man Gefahr, sich von den Tannen am Wegrand den Lack zerkratzen zu lassen.
    Im Augenblick allerdings gehörte die Straße Richtung Spandau ihnen allein, und Marc konnte das Gaspedal durchtreten.
    »Ich wünschte, du hättest es nicht erfahren.« Sandra starrte aus dem Seitenfenster. »Zumindest nicht so früh.«
    Sie stritten sich häufig im Auto, und wie üblich vermied sie es, ihm dabei in die Augen zu sehen. »Dann hättest du mich nicht mitnehmen dürfen.« Sie nickte. Kurz darauf griff sie nach seiner Hand, während sie weiter die vorbeifliegenden Bäume beobachtete. »Aber dir ist doch klar, dass wir keine andere Wahl haben, oder?« Er lachte ein wenig gezwungen. Dann, als sie seine Hand schmerzhaft drückte, fragte er nach. »Du meinst das doch nicht ernst?«
    Einen Augenblick überlegte er, den Wagen anzuhalten, auszusteigen und sie wachzurütteln. Offenbar hatte seine Frau den Verstand verloren. »Hast du nicht selbst immer gesagt, der Zweck heiligt die Mittel?«
    Er gab noch mehr Gas. Ein gelbes Sternchen leuchtete auf, womit das Armaturenbrett signalisierte, dass die Temperaturen hier draußen unter vier Grad gefallen waren.
    »Ist das nicht dein Lebensmotto?«
    »Du bist wahnsinnig, Sandra. Der Zweck heiligt doch niemals den Tod.«
    »Aber den kannst du doch sowieso nicht verhindern.« Sie schluchzte. Normalerweise lenkte Marc ein, wenn sie zu weinen begann. Doch heute verstärkte es seine Wut.
    »0 doch, das werde ich, glaube mir.«
    Die Tachonadel kletterte auf über siebzig Stundenkilometer, und die Tannen am Wegrand verschmolzen zu einer graugrünen Einheit.
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Das Licht der Armaturen ließ ihre Tränen auf der Wange wie Blut aussehen, das aus einer Wunde tropft.
    »Das darfst du nicht«, protestierte sie. »Das lasse ich nicht zu.«
    »Ach ja? Ich habe es schon einmal getan, wie willst du mich ein zweites Mal davon abhalten?«
    Jetzt war er es, der stur nach vorne starrte. Eine Weile schwiegen sie, bis der Weg eine Biegung nahm und die Strecke hügeliger wurde. Constantins Villa war schon längst im Rückspiegel verschwunden.
    Sie weinte noch lauter, und jetzt wollte er doch die Hand nach ihr ausstrecken, sie beruhigen, den schwangeren Bauch streicheln, der sich wie ein Medizinball unter dem Gurt blähte. Aber dann tat sie etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Sie schnallte sich ab und drehte sich nach hinten. Plötzlich hatte er das Gefühl, als sitze jemand auf der Rückbank, ein Fremder, der ihrem Streitgespräch gelauscht hatte. Doch dann tauchte sie nur mit einem Foto in der Hand wieder auf Grobkörnig, grauschwarz - wie ein Ultraschallbild.
    »Sieh es dir an!«, brüllte sie.
    Doch bevor er wieder auf die Fahrbahn sehen konnte, gab es einen ohrenbetäubenden Knall. Das Lenkrad unter seinen Händen schlug aus, und obwohl er mit aller Kraft gegensteuerte, bekam er es nicht mehr in Position.
    Das Letzte, was er sah, waren Sandras Hände, die das Foto fallen ließen und verzweifelt nach ihrem Gurt griffen, kurz bevor der Blitz einschlug und alles grellweiß wurde. Als Nächstes tauchte das Gesicht eines älteren Mannes über ihm auf, der sich mit sorgenzerfurchter Stirn über ihn beugte und ihm die Wange tätschelte.
    »Er wacht auf«,

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