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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Emma schüttelte heftig den Kopf und hielt ihn zurück. Dazu zog sie ihn so dicht zu sich heran, dass ihre Nasenspitze sein linkes Ohr berührte.
    »Merken Sie nicht, was hier vor sich geht?«
    »Nein.« Er versuchte sich von ihr zu lösen.
    »Sie suchen uns.«
    »Wer? Bleibtreu?«
    Ihre Haare kitzelten ihn an der Wange, als sie wieder den Kopf schüttelte. »Der macht sich nicht die Hände dreckig. Dafür hat er seine Leute.«
    Ihre Augenlider begannen heftig zu zittern, auch ihr gewaltiger Busen bebte mit jedem Zug. »Und deshalb brauche ich Sie«, flüsterte sie mit brüchiger Stimme. »Ich brauche einen Zeugen, der beweist, was die uns antun … »
    Sie legte ihm ihren Finger auf den Mund, dessen Spitze Marc aus Versehen mit der Zunge berührte. Sie schien die ungewollte Intimität jedoch nicht zu bemerken.
    »Das ist mir jetzt zu blöd … », raunte er.
    « … einen Zeugen, der die Folgen des Experiments dokumentiert. Mir all eine glaubt niemand.«
    Marc schüttelte energisch den Kopf und löste sich aus ihrer Umklammerung. Bevor sie protestieren konnte, ging er mit schnellen Schritten zur Tür, löste die Kette und zog sie auf.
    Zu spät.
25. Kapitel
    Der überraschend hell erleuchtete Gang war menschenleer. Bis auf einen überladenen Schmutzwäschewagen und einen Getränkeautomaten am Ende des schmalen Flures gab es nichts zu sehen. Einen kurzen Moment befürchtete Marc, auch Emma wäre verschwunden, sobald er wieder ins Zimmer zurückkam. Doch dann hörte er ihre Stimme.
    »Wir müssen hier weg.«
    Sie ruckelte einen Koffer unter dem Bett hervor, der viel zu klein schien, um alle im Zimmer verstreuten Unterlagen fassen zu können.
    »Jetzt beruhigen Sie sich doch erst einmal.«
    »Nein, das tu ich nicht.« Sie schrie fast. »Sie begreifen nicht, wo wir hier drinstecken.«
    »Stimmt, ich verstehe gar nichts. Aber Sie versuchen ja gar nicht erst, mich aufzuklären.«
    Emma schmiss den Trolley auf die leere Betthälfte und wischte sich mit dem Oberarm einen dünnen Schweißfilm von der Stirn. Dann sah sie auf die Uhr. »Okay, hier ist die Kurzversion: Sie stecken in dem Amnesieprogramm, weil Sie etwas vergessen müssen.«
    »Ja, ich weiß.«
    Marc wollte ihr von dem Unfall erzählen, der ihm nicht nur seine Frau, sondern auch sein ungeborenes Kind geraubt hatte, doch Emma unterbrach ihn schon nach wenigen Sätzen.
    »Nein, das kann es nicht sein.«
    »Wieso nicht?«
    »Die würden nicht diesen Aufwand betreiben, wenn es nur um Liebeskummer ginge.«
    Liebeskummer?
    »Hey, hier handelt es sich nicht um ein geplatztes Date. Meine schwangere Frau ist mit unserem ungeborenen Kind gestorben, und ich bin daran schuld.«
    »Das tut mir leid. Ich wollte Ihre Gefühle nicht verletzen. Aber hier geht es auf gar keinen Fall um eine private Tragödie.«
    »Wieso nicht?«
    Sie versuchte den klemmenden Reißverschluss des Koffers aufzuziehen. Marc kam ihr zu Hilfe.
    »Haben Sie eine Vorstellung davon, was die Versuchsreihe kostet? Die Durchführung, die Betreuung, die Nachbereitung? Inklusive einer neuen Identität geht das an die Millionengrenze. Nein, das ist völlig ausgeschlossen.«
    »Aber wieso suchen die dann öffentlich in Zeitschriften nach Probanden, wenn es so verdammt teuer ist?«
    »Das tun sie doch gar nicht.«
    Emma ging zum Schreibtisch und zog eine Schublade auf. Sie war bis zum Rand mit alten Illustrierten gefüllt. »Wann haben Sie die E-Mail geschrieben?«
    »Vor zwei Wochen.«
    Nach und nach riss sie verschiedene Zeitschriften hervor und schmiss sie achtlos auf den Boden, bis sie gefunden hatte, was sie suchte.
    « Hier.«
    Sie reichte ihm ein Nachrichtenmagazin. Exakt die Ausgabe, in der er auf Seite 211 auf die Anzeige der BleibtreuKlinik gestoßen war. Die Seitenzahl war ihm nur deshalb so gut im Gedächtnis geblieben, weil der Paragraph 211 im Strafrecht für Mord steht. Die Angewohnheit, sich Telefon-und Zimmernummern anhand von Normen zu merken, war eine Juristenkrankheit, die man offensichtlich ein Leben lang nicht ablegen konnte, selbst wenn man nicht als Anwalt oder Richter arbeitete.
    »Schauen Sie ruhig nach«, ermunterte ihn Emma. »Blättern Sie alles durch. Sie werden keine Anzeige finden.« Tatsächlich las Marc auf Seite 211 die Annonce einer Internetbank und nicht den Slogan der psychiatrischen Privatklinik.
    Lernen zu vergessen.
    Der Artikel oben auf der Seite, ein Beitrag über die unsäglichen Quälereien bei Tiertransporten, war geblieben. Entweder gab es zwei Druckversionen, oder

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