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Splitterfasernackt

Splitterfasernackt

Titel: Splitterfasernackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Lindner
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dann habe ich zu Chase gesagt, er solle sich beim nächsten Mal gefälligst eine andere Freundin mitnehmen, eine, mit der er Zwischenräume füllen könne oder Kondome.
    »Mein Zuckerhase«, hat Chase da grinsend gesagt, »wir spielen alle nur eine Rolle. Gerade du müsstest das doch wissen. Und an diesem Abend, wie an jedem anderen Abend auch, bist du die einzige Frau, die mir sogar nach der Aufführung noch am Herzen liegt.«
    Da habe ich mir wortlos den Lippenstift von meinem Mund gewischt und mich in dem fliederfarbenen Cocktailkleid neben Chase aufs Bett gelegt. Die Haarnadeln meiner entzückenden Hochsteckfrisur haben angefangen mir in die Kopfhaut zu piken, aber ich war zu müde, um sie herauszulösen.
    »Chase«, habe ich irgendwann geflüstert, »schläfst du schon?«
    Er hat nicht geantwortet. Also habe ich ihm ein paar meiner Geheimnisse erzählt.
    Irgendwann hat er angefangen, leise zu schnarchen, da habe ich mich zu ihm hingedreht, ganz sanft mit meinen Fingerspitzen über sein Gesicht gestrichen und geflüstert: »Zwischen den Zeilen liest man nur, wenn man weiß, wie es ist, umgeben von Worten und Worten die eigenen zu finden.«
    Anschließend bin ich in einen luftleeren Traum gefallen.
    Das sind die Träume, aus denen man nicht aufschrecken kann, weil man ansonsten vor Entsetzen über die Abgründe seiner Gedanken den Faden zu sich selbst verlieren würde. Und dann müsste man ziellos durch die Gegend wandern und dabei belangloses Zeug vor sich her brabbeln, bis man schließlich umkippt, einschläft, und eine neue Chance bekommt.
    Bis zum Dämmern der Morgenröte.
    Bis zum Erwachen.
     
    »Zwischenräume öffnen ist wie Geschenke auspacken. Sobald du das Papier abgefetzt hast, ist der größte Nervenkitzel vorbei, und sobald du dich ein paarmal damit beschäftigt hast, geht dein Interesse verloren. Deshalb musst du die Kunst beherrschen, Platz für unangetastete Zwischenräume zu lassen. Es ist nicht sinnvoll, sofort mit allen Frauen zu schlafen!«, erklärt Chase und ist dabei mindestens genauso euphorisch wie ich, wenn ich mir ein hübsches Diagramm zeichne, auf dem ich veranschauliche, in was für einem kurzen Zeitraum ich mich zu Tode hungern kann, wenn ich es nur dringend genug will.
    Ich nicke, als wären wir satzkompatibel.
    »Zwischenräume sind feuchte Gedankenpornos«, fährt Chase daraufhin fort. »Und während du ab und zu die Augen nicht von dem knackigen Hintern deiner Traumfrau wenden kannst, ihrem Arsch, der in den knallengen Jeans so sexy aussieht wie nur irgendetwas, währenddessen wandern ihre Blicke bewundernd über deine männlichen Arme, und hin und wieder kann sie es einfach nicht lassen, ihre weichen Hände mit deiner Haut in Berührung zu bringen. Oder sieh dir an, wie sie sich ihre bezaubernden Haare aus dem Gesicht streicht und mit einer so selbstverständlichen Bewegung zu einem Zopf aufsteckt! Und das alles nur, um dir ihren reizenden Nacken darzubieten, bis du hineinbeißen willst. Ich sag dir, Lilly, dieses geile Knistern und der Druck in deiner Hose, das ist das pure Leben! Klar, Sex muss auch sein. Aber nicht mit einer Frau, die Zwischenraumpotenzial hat, das wäre doch Verschwendung! Vielleicht kurz bevor du stirbst, oder bevor sie stirbt – aber so weit wollen wir ja nicht denken.«
    Während Chase von seinen Zwischenräumen erzählt, betrachte ich einige blaue Flecke auf meinem Bein. Ich bin sehr gut darin, gegen Bäume zu laufen und gegen Tischkanten. Ich bin noch besser darin, Männer mit Bäumen und Tischkanten zu verwechseln. Vielleicht liegt es daran, dass mein Körper nicht mehr mir gehört. Aber Chase würde so eine Aussage nicht dulden. Chase findet, das jeder Körper dem gehört, der ihn trägt. Und im Zweifel muss man dafür kämpfen.
    »Weißt du, Lilly, es ist absolut wahr, dass wir Menschen immer nur das wollen, was wir gerade nicht haben können«, quatscht er munter weiter. »In diesem Punkt sind Frauen genau das Gleiche wie ein 60 -Zoll-Flachbildfernseher, nur hoffentlich nicht ganz so flach. Entschuldigung«, Chase macht eine Geste in Richtung meiner verschwundenen Brüste, »ist nicht böse gemeint, aber meine Mutter hat mich nur in eine Richtung erzogen: Größenwahn. Ich brauche also ordentliche Dinger. Wo war ich? Titten bringen mich immer aus dem Konzept. Ach ja, Flachbildfernseher und Frauen. Also: Wenn man dann sein Heimkino, mit Dolby Surround System und all dem Kram, zu Hause hat, stellt man ziemlich schnell fest, dass man es gar nicht

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