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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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auf. Ihre Augen leuchteten. »Ha! Wollen wir mal sehen, was aus Tarnacs großen Plänen wird. Ein Grab aus Schlamm ist gerade gut für ihn, was meinst du?«
    »Dass du besser die Rübe unten hältst«, riet er. »Da kommt der nächste Pfeilhagel!« Das Messer entglitt seinen Fingern. »Verflixt! Dieser Strick will nicht aufgehen!«
    Neben ihm stürzte ein gyranischer Krieger zu Boden, getroffen von einem Pfeil. Sein Schwert prallte gegen die Kufen des Schlittens.
    »Danke dafür«, jauchzte der Netzknüpfer. Er angelte nach dem Schwert und durchtrennte das Seil. Um ihn brandete der Lärm der aufeinander prallenden Heere.
    »Parzer! Schalim! Hierher, ihr Wasserratten!« Ungeld drückte sich seitlich an den Schlitten. »Oder wollt ihr mit Tarnac untergehen?«
    Schon waren seine Freunde bei ihm. Er befreite sie von den Fesseln. Flugs erklomm Mäulchen den Schlitten, trat eine Waffenkiste herab. Sie entleerte sich mit lautem Getöse im Schlamm.
    »Ach ne! Es regnet Dolche und Schwerter!« Parzer packte eine Waffe, einen schlanken Dolch. »Jetzt heißt es, den Lumpen Tarnac zu finden und sein Ärmchen vom Tand zu befreien. Wäre doch ein Jammer, wenn der Turmbinder im Dreck verloren ginge.« Er stürzte sich ins Getümmel.
     
    Die Gyraner stürmten den Wall. Es war ein bizarres Bild; behelmte Köpfe, gerüstete Leiber, die wieder und wieder über die Aufschüttung brandeten, eine Welle aus Körpern, aus stählernen Gliedern, aus Schwertern, aus Klingen, aufgepeitscht von den Klängen der Brashii, voran! voran!, keine Furcht, kein Mitleid, vernichtet den Feind, kämpft ohne Gnade, straft jene, die dem König nicht folgen wollen, die sich Tarnac von Gyr widersetzen, tötet sie, tretet sie in den Schlamm, stoßt eure Schwerter in ihre schwachen Leiber, denn die Schwachen müssen auf Gharax zurückbleiben, sie dürfen uns nicht folgen in die neue Welt, nicht in die Zukunft, die Menschheit muss eins sein, voran! voran!
    Der Regen war so stark geworden, dass die Kathyger keine Pfeile mehr abfeuern konnten. Sie ließen die Bogen fallen, zückten Dolche, warfen sich den anstürmenden Feinden entgegen, hieben und stachen auf sie ein, trafen hier eine Brust, dort ein Gesicht … ja, Kathyger, rammt eure Klingen in die fremden Gesichter, in die verzerrten Fratzen der Feinde, zerschneidet ihre Hasserfüllten Mienen, lasst die Haut in Fetzen herabhängen, denn die Gyraner sind Kriegstreiber, sind Feinde des Friedens … kämpft für König Eshandrom, der uns beschützt, uns gerettet, uns von der sterbenden Welt Gharax fortgebracht hat …
    Donnernd stürzte der Regen herab, seine Fäden ein dichtes Gewebe, das die Heere umspann und den Kampflärm dämpfte. Der Schlamm wurde zur zähen Brühe; manch ein Krieger steckte bis zu den Knien fest und konnte nur mit großer Kraft seine Stiefel hervorziehen. Niemand rannte mehr. Kein Ansturm löste die Schlachtreihen auf. Sie alle waren Gefangene des Ackers, und jene, die stürzten – manche tödlich verwundet, andere nur zu schwach, um sich zu erheben –, wurden von den fauligen Fluten herabgezogen. Der See Velubar kehrte noch einmal zurück, mit seinen modrigen Untiefen und gefährlichen Strudeln. Die Sphäre hatte nicht vergessen, dass einst das Herz einer Quelle an diesem Ort gepocht hatte. Sternengängers Welt war noch zu jung, um sich dem Zauber zu widersetzen.
    »Und doch wird sich die Sphäre bald meinem Willen fügen«, murmelte der Junge, der einst Laghanos gewesen war. Er wartete unweit der Schiffe. Die Sporne der Maske ordneten die Sphärenströme. »Niemand kann die Wandlung aufhalten. Der Schwarze Schlüssel hat die Tore weit geöffnet, und ich durchschreite sie mit stolz erhobenem Haupt.«
    Er hielt inne. Die Maske bäumte sich plötzlich auf. Sie zerrte so stark an seinem Gesicht, dass die Haut riss. Laghanos stieß einen verblüfften Schrei aus.
    »Die Sphäre … sie …«
    Er taumelte. Sogleich sanken die Beschlagenen herab und stützten seinen Körper. Laghanos achtete nicht auf sie. Er starrte in den Regen.
    Inmitten der Kämpfenden schritt ein Mann. Er hatte das Gesicht Laghanos zugewandt. Niemand schien ihn zu beachten. Ein goldener Stab glänzte in seiner Hand, und sein Körper war schwarz, wie verbrannt. Fetzen hingen an seinem Leib; die Haare waren versengt, die Augen lidlos und düster.
    Die Silberklauen lösten sich von Laghanos und griffen den Ankömmling an, schnappten nach seinen Gliedern. Er aber hob den Stab. Eine Klaue berührte die dunkle Spitze, und sie

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