Splitterseelen
das Ritual zu sorgen, das gleich unweigerlich kommen würde?
„Du!“, fauchte Jason und seine Augen blitzten furchterregend. Unwillkürlich wich Andina einen Schritt vor ihm zurück. Calaels Seelenzwilling sah aus, als wollte er sie in Stücke zerreißen. Hatte sich der Alte Mann so ihr Kennenlernen vorgestellt? Und was wollte dieser verrückte Mensch von ihr? Jason trat noch einen Schritt auf sie zu, die Fäuste geballt, das Gesicht blutleer.
„Du“, zischte er drohend. Hilfesuchend warf sie Mijo einen Blick zu. Er war die letzten Tage mit Jason zusammen gewesen. Sollte er den Menschen bändigen.
„Jason, was ist los?“, erkundigte sich der Alte Mann und das Grollen seiner Stimme brachte den Boden zum Beben. Schnell stützte sie sich an der Wand ab, obwohl das gar nicht nötig war. Doch der Dämon nötigte ihr unwahrscheinlichen Respekt ab.
„Jason?“ Auch Calael schien über den Ausbruch verblüfft zu sein.
„Du hast meine Eltern ermorden lassen“, klagte Jason sie wütend an.
„Was?“ Andina versuchte noch weiter Abstand zu gewinnen, leider stand sie bereits in einer Ecke und Jason hatte sich zornig vor ihr aufgebaut. „Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.“
„Oh! Das habe ich ihm erzählt.“
Sie starrte Mijo über Jasons Schulter hinweg an. „Wieso erzählst du so einen Mist? Das stimmt nicht.“
„Lüg mich nicht an!“, brüllte Jason.
„Warte! Andina hat recht. Sie hat mit dem Tod deiner Eltern nichts zu tun.“ Calael trat rasch zwischen sie und seinem Seelenzwilling und versuchte ihn von Andina fortzuziehen. Zu ihrer Erleichterung ließ sich Jason nach einem energischen Zerren an seinem Arm ein Stückchen beiseite führen. „Andina kann das nicht gewesen sein. Ich hatte sie damals unter strikter Bewachung, eben weil ich um dich gefürchtet habe.“
„Stimmt“, sagte sie trocken. „Ich war damit beschäftigt Calael abzuhängen.“ Interessiert registrierte sie, wie Calael seinen Seelenzwilling sanft an sich zog und wie Mijo auf diese Geste reagierte. Niemals zuvor hatte sie eine finsterere Miene gesehen. Kiefermuskeln spannten sich deutlich in dem schönen Gesicht an.
„Ich habe deine Eltern nicht getötet“, bestätigte sie dem zweifelnd dreinblickenden Menschen.
„Sie sagt die Wahrheit“, wurde Andina unverhofft von Sharnak unterstützt. „Ich kann es spüren, wenn jemand lügt.“
Daraufhin wandte sich Jason anklagend Mijo zu. „Du hast mir gesagt …“
Mijo hob die Hände und bremste ihn damit aus. „Mach mal langsam.“
„Oh nein. Ich hätte auch gerne gewusst, wieso du eine solche Behauptung aufstellst“, zischte Andina verärgert. Was hatte Mijo davon, Jason gegen sie aufzuhetzen?
„Du warst es wirklich nicht?“, fragte Mijo misstrauisch. „Auch die Sache mit den Bremsschläuchen an seinem Auto? Oder der bissige Hund?“
„Nein! Wie kommst du darauf?“
„Boldt hat es mir erzählt“, murmelte Mijo. Ein weiteres Puzzlestück klickte in dem großen Gesamtbild, als es seinen Platz fand.
„Genau, wie es mir Nirta berichtet hat“, murmelte Andina.
„Nirta? Was hat Nirta damit zu tun?“
Andina musste sich ein Grinsen verkneifen, denn Calael nutzte die Chance, dass Jason förmlich an ihren Lippen hing, um sich an ihn zu schmiegen. Das arme Menschlein. Gleich zwei hübsche Jungs waren auf der Jagd nach ihm.
„Deine Schwester hat herausgefunden, dass auch Boldt und sein dämlicher Bruder Wymer hinter dem Titel eines Patriarchen her sind. Und dein ach so geschätzter Vater scheint Boldt zu unterstützen“, klärte sie Calael auf. Dem klappte die Kinnlade herunter.
„Was?“
Mijo begann leise zu lachen. „Wunderbar. Da hat mich dieser Volltrottel unwissentlich dazu benutzt, um den Krieg zwischen euch einzuheizen.“
„Bedeutet das, dass du ein noch größerer Trottel bist?“, fragte Andina süß.
„Keinen Streit“, brummte der Alte Mann. „Bei dem was ihr gemeinsam vollbringen müsst, sollte es keinen Streit zwischen euch geben.“
„Wieder Unwahrheiten“, murmelte Jason und lehnte sich Halt suchend an Calael.
„Jason, ich habe nicht gewusst, dass Boldt mich belogen hat. Ich war fest davon überzeugt, dass Andina dich umbringen wollte. Immerhin hatte sie ein gutes Motiv.“
Das war ja schon fast eine Beleidigung. „Wenn ich Jason hätte umbringen wollen, wäre mir das garantiert gelungen.“
„Oh nein, nein.“ Calael schüttelte entschieden den Kopf.
„Natürlich“, beharrte Andina, die sich in ihrer Ehre
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